Ro 2023/12/0051 7 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Es gilt sowohl für die das materielle Recht betreffenden Aspekte der jeweiligen Aufgaben als auch im Hinblick auf die anzuwendenden Verfahrensrechte, dass aus Unterschieden in der den betreffenden Berufsgruppen innerhalb des Rechtsstaates zugewiesenen konkreten Funktionen (z.B. als Richter oder Rechtsanwalt) nicht abzuleiten ist, dass die zu bewältigenden Aufgaben als einander nicht entsprechend anzusehen sind. Auch in dieser Hinsicht erfordert sowohl die Tätigkeit des Rechtsanwaltes als auch jene des Richters - auf Basis entsprechender Recherchetätigkeiten - umfassende Kenntnisse der maßgeblichen Rechtslage und sodann die Anwendung dieser Rechtskenntnis in der konkreten Situation. Dass sich der Zweck dieser Tätigkeiten insoweit in gewisser Hinsicht unterscheidet, als der Richter "objektiv richtig" zu handeln hat, während der Rechtsanwalt zu prüfen hat, ob das Vorgehen des Richters den Verfahrensvorschriften entspricht, und weiters darauf zu achten hat, dem von ihm vertretenen Rechtsstandpunkt mit prozessualen Mitteln möglichst effektiv zum Durchbruch zu verhelfen, vermag vor dem Hintergrund der inhaltlichen Gleichartigkeit der zugrunde liegenden Aufgaben jedoch nicht zu bewirken, dass die Anwendung des Prozessrechts in konkreten Situationen und auf konkrete Sachverhalte als solche einander nicht iSd § 12 Abs. 2 Z 1a lit. c GehG entsprächen. Jene Aufgaben, die der Rw als Rechtsanwaltsanwärter im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Führung von gerichtlichen Verfahren wahrgenommen hat, wie die Führung von Mandantengesprächen und die Aktenbearbeitung, die juristische Recherche, die Vorbereitung und Verrichtung von Verhandlungen sowie das Verfassen von Schriftsätzen, entsprechen den von ihm als Richteramtsanwärter wahrgenommenen Aufgaben der Erstellung von Entwürfen für Erledigungen und der Wahrnehmung von Sitzungsvertretungen, der Bearbeitung des Akteneinlaufs, der Aufarbeitung von Rechtsfragen, der Durchführung von Recherchetätigkeiten sowie der Erteilung von Rechtsauskünften und Protokollierung von Anträgen. Auch im Hinblick auf die vom Rw als Rechtsanwaltsanwärter wahrgenommenen "außergerichtlichen" Aufgaben des Ausverhandelns und Errichtens von Verträgen ist anzunehmen, dass diese den von ihm als Richteramtsanwärter im maßgeblichen Zeitraum wahrgenommenen Aufgaben entsprechen. Auch diese Aufgaben erfordern nämlich zunächst entsprechende Recherchetätigkeiten, eine darauf aufbauende Kenntnis der objektiven Rechtslage und deren Anwendung auf den zuvor umfassend erhobenen jeweiligen Sachverhalt. Dass fallbezogen die juristischen Überlegungen nicht in einem Schriftsatz, sondern in Gestalt eines Vertrages niedergeschrieben worden sind, ändert nichts daran, dass die zugrunde liegenden Aufgaben jenen entsprechen, die der Rw als Richteramtsanwärter im maßgeblichen Zeitraum zu erfüllen hatte.