Ra 2022/12/0078 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Die Entscheidung der zuständigen Dienstbehörde, einen Beamten von der ihm kraft Gesetzes obliegenden Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht zu entbinden, gehört als Akt der Dienstaufsicht nach ihrer Wirkungsweise dem internen Dienstbereich an (VwGH 11.7.1968, 1796/67; VfGH 18.6.1956, B 232/55). Deshalb haben die Parteien kein subjektives öffentliches Recht darauf, dass Beamte vom Amtsgeheimnis entbunden werden. Diese Auffassung steht im Einklang mit dem in § 3 DVG 1984 ausgesprochenen Grundsatz, dass im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten, also auch in Verfahren, betreffend die Frage der Entbindung von der Amtsverschwiegenheit, Parteien nur die Personen sind, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis oder deren Rechte oder Pflichten aus einem solchen Gegenstand des Verfahrens sind, im konkreten Fall also der Beamte, über dessen Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit entschieden werden soll. Dass eine negative Entscheidung unter Umständen Auswirkungen auf die Beweisführung in einem anhängigen Strafprozess oder Zivilprozess oder in einem Verwaltungsverfahren haben kann, steht außer Zweifel; dies stellt jedoch nur eine Reflexwirkung der dienstrechtlichen Entscheidung dar und ändert nichts daran, dass sie zufolge der bereits geschilderten rechtlichen Konstruktion nicht in subjektive Rechte anderer Personen einzugreifen vermag. Ist doch auch dem Gericht selbst ebenso wie dem Staatsanwalt bzw. den Parteien eines Zivilprozesses keine Möglichkeit eingeräumt, gegen die Entscheidung der Dienstbehörde, einen als Zeugen in Betracht kommenden Beamten von der Amtsverschwiegenheit nicht zu entbinden, anzukämpfen (VwGH 11.7.1968, 1796/67). Dieses Ergebnis entspricht auch der in § 46 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehenen Interessenabwägung. Bei dieser sind nämlich gemäß ihrem Wortlaut öffentliche Interessen und die Interessen jenes Beamten, über dessen Entbindung von der Amtsverschwiegenheit zu entscheiden ist, gegeneinander abzuwägen. Dass bei dieser Interessenabwägung auf die eine oder andere Art und Weise Interessen einer Partei des Gerichtsverfahrens, in dem der Beamte vernommen werden soll, berührt werden, vermag am Ergebnis nichts zu ändern, dass dieser Partei des Gerichtsverfahrens im Dienstrechtsverfahren über die Entbindung des Beamten von der Amtsverschwiegenheit mangels Vorliegen eines subjektiven Rechts auf Entbindung eines Beamten von der Amtsverschwiegenheit keine Parteistellung zukommt (VfGH 18.6.1956, B 232/55). Auch das Gericht ist an die diesbezügliche Entscheidung der Dienstbehörde gebunden (OGH 5.5.1972, 1 Ob 93/72).