JudikaturVwGH

Ra 2020/21/0297 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
29. September 2020

Für die Frage, ob ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, ist vom VwG auf den Zeitpunkt seiner Durchsetzbarkeit abzustellen (vgl. VwGH 22.5.2014, Ra 2014/21/0014; VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Gemäß § 70 Abs. 1 zweiter Satz FrPolG 2005 ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes aber für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Das gilt auch für die Dauer der gemäß § 21 Abs. 1 StGB verfügten Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2017/21/0254). Vor allem bei der Gefährdungsprognose ist daher vom VwG auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der (hypothetischen) Entlassung der Fremden aus der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher abzustellen. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass die Gefährdungsprognose jedenfalls zugunsten des Fremden auszufallen hat, weil eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug nur bei einem Wegfall der Gefährlichkeit in Betracht kommt. Der Prognose einer vom Fremden ausgehenden Gefahr iSd. § 67 FrPolG 2005 steht nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist. Vielmehr hat der Gesetzgeber (sogar) die Möglichkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch wegen Tathandlungen vorgesehen, die im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen wurden und zu einer Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geführt haben (vgl. VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0081). Eine Gefährdung iSd. § 67 FrPolG 2005 kann somit grundsätzlich auch bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung bejaht werden, wenn nicht etwa eine Behandlung und Medikation Gewähr dafür bieten, dass eine derartige Gefährdung künftig auszuschließen sein wird (vgl. VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0081; VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0112; VwGH 19.5.2011, 2008/21/0042; VwGH 20-12.2012, 2011/23/0674).

Rückverweise