Ra 2015/11/0036 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Eine Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten iSd. § 2 BEinstG verschafft dem begünstigten Behinderten eine besonders geschützte Position im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber, weil nach § 8 BEinstG eine Kündigung eines begünstigten Behinderten nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen, insbesondere der Zustimmung des Behindertenausschusses, erfolgen darf. Insofern steht es für den VwGH außer Zweifel, dass es bei der Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten um ein "civil right" iSd. Art. 6 MRK geht. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hätte daher nur abgesehen werden dürfen, wenn Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht. Nach Auffassung des VwGH geht es im Revisionsfall nicht bloß um eine Frage technischer Natur (vgl. das Urteil des EGMR vom 7. Dezember 2010, Andersson v. Schweden, Application no. 17202/04; vgl. auch das hg. E vom 27. April 2015, Ra 2015/11/0004 mwN.). Zwar bedarf die Einschätzung des Grades der Behinderung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, eine mündliche Verhandlung ermöglicht es dem Verwaltungsgericht aber, im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit eines Parteienvorbringens zum körperlichen Befinden, insbesondere zu Schmerzzuständen, ergänzende Fragen an den beigezogenen Sachverständigen selbst zu stellen oder stellen zu lassen.