Ro 2015/09/0002 5 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Die Auffassung, dass es sich bei einer "Verfolgungshandlung" iSd § 137 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 nur um der Disziplinarkommission zuzurechnende Akte handeln kann, entspricht der Vorbildbestimmung des § 2 des DSt Rechtsanwälte 1990. Die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 DSt Rechtsanwälte 1990 die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist unterbrechende Bestellung des Untersuchungskommissärs obliegt nämlich ebenfalls der Disziplinarbehörde, gemäß § 27 Abs. 1 Disziplinarstatut dem Präsidenten des Disziplinarrats. Sohin ist es auch nach der Vorbildregelung des DSt Rechtsanwälte 1990 nicht in der ausschließlichen Ingerenz des Kammeranwalts gelegen, für eine rechtzeitige Verfolgung des Disziplinarbeschuldigten zu sorgen. Handlungen des Disziplinaranwalts oder des Disziplinaranwalt-Stellvertreters sind nicht als "Verfolgungshandlungen" iSd § 137 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 zu qualifizieren. (Der Disziplinaranwalt-Stellvertreter wird im Grunde des § 141 dritter Satz ÄrzteG 1998 mit den Befugnissen des Disziplinaranwalts im Bereich jener Disziplinarkommission tätig, für welche er bestellt ist.) (Hier ist Verjährung gemäß § 137 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 eingetreten. Das VwG hätte die Beschwerde des Disziplinaranwaltes aber nicht als unzulässig zurückweisen dürfen. Vielmehr hätte es in Abänderung des Beschlusses der Disziplinarkommission die Zurücklegung der Disziplinaranzeige ausschließlich wegen Verjährung gemäß § 137 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 verfügen müssen. Die Disziplinarkommission besaß nämlich wegen bereits eingetretener Verjährung keine Zuständigkeit, in der Sache selbst über die gegen den Mitbeteiligten erhobenen Vorwürfe zu befinden.)