Ra 2014/02/0152 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Art. 6 MRK gebietet bei der Verwertung eines Beweismittels - wie der Zeugeneinvernahme - die Anforderungen eines fairen Verfahrens zu beachten. Alle Beweise müssen normalerweise in Anwesenheit des Angeklagten in einer öffentlichen Verhandlung mit dem Ziel einer kontradiktorischen Erörterung vorgebracht werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aussagen eines Zeugen, wenn sie als Beweismittel zugelassen werden, stets vor Gericht und öffentlich zu erfolgen haben; insbesondere kann dies in gewissen Fällen unmöglich sein. Daher ist die Verwendung von Aussagen, die im Vorverfahren gemacht worden sind, nicht als solche unvereinbar mit den Absätzen 3 lit. d und 1 des Art. 6 MRK, sofern nur die Rechte der Verteidigung respektiert worden sind. In der Regel erfordern diese Rechte, dass der Angeklagte eine angemessene und ausreichende Gelegenheit zur Widerlegung und Befragung eines Belastungszeugen entweder zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser seine Aussage macht, oder in einem späteren Verfahrensstadium erhält (vgl. E 28. September 2000, 98/09/0358).