JudikaturVfGH

WI11/2025 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025
Leitsatz

Zurückweisung einer Anfechtung der Wr Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen im April 2025 wegen Verspätung sowie mangels Legitimation

Spruch

Die Anfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Am 27. April 2025 fanden die mit Kundmachung vom 27. Jänner 2025 ausgeschriebenen Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2025 in der Bundeshauptstadt Wien statt. Die Namen der gewählten Bewerber und der Ersatzbewerber sowie die Zahl der Restmandate wurden – ausweislich der dem Verfassungsgerichtshof zur Zahl WI9/2025 vorgelegten Wahlakten – von den Bezirkswahlbehörden durch Anschlag an der Amtstafel am 29. April 2025 (22. Bezirk) und 28. April 2025 (die übrigen Bezirke), im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 21A vom 23. Mai 2025, sowie im Internet verlautbart. Das Ergebnis des zweiten Ermittlungsverfahrens wurde – wie ebenfalls den Wahlakten zu entnehmen ist – von der Wiener Stadtwahlbehörde durch Anschlag an der Amtstafel am 8. Mai 2025, im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 21A vom 23. Mai 2025, sowie im Internet verlautbart.

2. Mit am 7. August 2025 postalisch aufgegebener, mit "Wahlanfechtung der Wien Wahl vom 27. April 2025" überschriebener, handschriftlicher Eingabe "reich[t]" der Einschreiter die "Aufhebung des Wahlergebnisses der Wien-Wahl am 27. April 2025 und die Neuaustragung der Wien-Wahl [ein]", "[e]benso die Nichtigkeit des Wahlverfahrens und Aberkennung der Wählbarkeit der Partei 'JAZUÖ' als wahlwerbendes Organ".

In der Eingabe wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, die Ankündigung der "vorgezogenen Neuwahlen" am 27. April 2025 stelle einen "klare[n] Verstoß im Sinne der Fristsetzung des Wahlgesetzes" zum Nachteil von neuen Parteien dar. Der Partei "JAZUÖ" sei von den "Altparteien" vorsätzlich die Möglichkeit entzogen worden, genug Zeit zur Sammlung der nötigen Unterstützungserklärungen zu haben. Daraus ergebe sich ein undemokratischer Wettbewerbsnachteil für neue Parteien und die Nichtwählbarkeit der Partei "JAZUÖ".

3. Die Anfechtung ist unzulässig:

3.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern. In der Bundeshauptstadt Wien zählen dazu nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – für den Bereich des Art141 B VG – neben dem Gemeinderat (vgl Art117 Abs1 lita iVm Art112 B VG) auch die landesgesetzlich eingerichteten Bezirksvertretungen (VfSlg 11.739/1988, 15.028/1997, 15.033/1997, 16.479/2002, 20.439/2021).

Nach §68 Abs1 VfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem anzuwendenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

Nach §67 Abs2 VfGG sind zur Anfechtung der Wahl grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge vorlegten. Dazu nimmt der Verfassungsgerichtshof seit dem Erkenntnis VfSlg 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, dass die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlages das Ergebnis der Wahlanfechtung mitbestimmt, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Wahlvorschlag rechtswirksam erstattet wurde (zB VfSlg 18.932/2009, 19.021/2010, 20.024/2015, 20.550/2022 jeweils mwN). Die Anfechtung hat durch den zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Wählergruppe zu erfolgen. Weiters kann eine Wahlanfechtung auch der Wahlwerber einbringen, der behauptet, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt wurde.

3.2. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist im vorliegenden Fall die amtliche Verlautbarung der Namen der gewählten Bewerber und Ersatzbewerber durch Anschlag an der Amtstafel gemäß §85 Abs6 GWO 1996 am 28. April 2025 oder 29. April 2025 durch die Bezirkswahlbehörden bzw gemäß §88 Abs3 GWO 1996 am 8. Mai 2025 durch die Wiener Stadtwahlbehörde (vgl VfSlg 1904/1950, 20.024/2015, 20.460/2021). Die am 7. August 2025 zur Post gegebene und beim Verfassungsgerichtshof am 13. August 2025 eingelangte Wahlanfechtung erweist sich daher jedenfalls als verspätet und ist schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

3.3. Im Übrigen behauptet der Einschreiter nicht, dass ihm (persönlich) die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt worden wäre. Er behauptet auch nicht, zustellungsbevollmächtigter Vertreter einer Wählergruppe, die bei der in Rede stehenden Wahl rechtzeitig einen Wahlvorschlag eingebracht hat, zu sein. Es kann daher nach Lage des Falles auch dahingestellt bleiben, welche Bedeutung den Beifügungen "Gründer der Partei", "Obmann" und "oberstes Parteiorgan" zukommen soll. Der Einschreiter ist daher zur Anfechtung nicht legitimiert, weshalb die Anfechtung auch aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl VfSlg 8864/1980, 12.595/1990, 13.628/1993, 18.687/2009; VfGH 8.6.2020, WI1/2020; 25.6.2025, WI5/2025; 25.6.2025, WI6/2025).

4. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb und e VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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