Auswertung in Arbeit
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, der Verfassungsgerichtshof möge
"aus §6 Abs3 des Bundesgesetzes über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl I Nr 56/2012, in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 125/2022 die Wortfolge
'Der Rechnungshof hat die Einzelspenden über € 2.500,- Euro unter Nennung des Namens und der Anschrift des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und gegliedert nach dem konkreten Spendenempfänger unverzüglich zu veröffentlichen.'
als verfassungswidrig aufheben.
In eventu
die Wortfolge 'des Namens und der Anschrift des Spenders[...].'
als verfassungswidrig aufheben."
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl I 56/2012 idF BGBl I 125/2022, lauten wie folgt (§6 Abs3 zweiter Satz PartG ist hervorgehoben):
" Spenden
§6. (1)-(1a) […]
(2) Die politische Partei hat dem Rechnungshof zum Zweck der öffentlichen Information über die Finanzierung politischer Parteien durch private Mittel in einem offenen und maschinenlesbaren standardisierten Format spätestens vier Wochen nach Ablauf eines Kalendervierteljahres die eingelangten Einzelspenden über € 150,- unter Nennung des Namens des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und des konkreten Spendenempfängers (Gliederung, nahestehende Organisation, Personenkomitee, Abgeordneter oder Wahlwerber) zu melden. Bei Einzelspenden, die den Betrag von € 500,- übersteigen ist zusätzlich die Postleitzahl der Wohnadresse oder der Geschäftsanschrift des jeweiligen Spenders zu erheben und dem Rechnungshof zu melden. Der Rechnungshof hat die Einzelspenden über € 500,- Euro unter Nennung des Namens und der Postleitzahl des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und gegliedert nach dem konkreten Spendenempfänger unverzüglich zu veröffentlichen. Der Rechnungshof und die politische Partei haben die Namen der Spender nach Ablauf der in §5 Abs8 festgelegten Frist wieder zu löschen.
(3) Zwischen Stichtag der Wahl zum Nationalrat oder dem Europäischen Parlament und Wahltag sind einzelne Geldspenden über € 2.500,- dem Rechnungshof unter Nennung des Namens und der Anschrift des Spenders, dem Datum des Eingangs der Spende, der Höhe und des konkreten Spendenempfängers (Gliederung, nahestehende Organisation, Personenkomitee, Abgeordneter oder Wahlwerber) unverzüglich zu melden. Der Rechnungshof hat diese Spenden unter Nennung des Namens des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und des konkreten Spendenempfängers (Gliederung, nahestehende Organisation, Personenkomitee, Abgeordneter oder Wahlwerber) unverzüglich auf seiner Website zu veröffentlichen.
(4)-(10) […]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Beschwerdeführer) machte in einer Beschwerde an die Datenschutzbehörde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung gemäß §1 DSG geltend. Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, der Beschwerdeführer habe eine Spende an eine politische Partei in der Höhe von EUR 2.600,– getätigt. In der Folge habe die Österreichische Volkspartei gemäß §6 Abs2 PartG die Höhe der Spende, das Datum und den Namen mitsamt Postleitzahl des Beschwerdeführers an den Rechnungshof gemeldet, welcher wiederum gestützt auf §6 Abs2 PartG die genannten Daten auf seiner näher bezeichneten Website veröffentlicht habe. Dies habe den Beschwerdeführer im Recht auf Geheimhaltung gemäß §1 Abs1 DSG verletzt, indem ein Datum besonderer Kategorie gemäß Art9 Abs1 DSGVO über die politische Meinung des Beschwerdeführers ohne eine (ausreichende) gesetzliche Grundlage hiefür veröffentlicht worden sei. Die Datenschutzbehörde setzte das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 16. Jänner 2024 (C-33/22, Österreichische Datenschutzbehörde ua) aus und nach Ergehen des Urteils fort. Die Beschwerde wurde mit Bescheid der Datenschutzbehörde vom 4. Juli 2024 abgewiesen. Im Wesentlichen führte die Datenschutzbehörde begründend aus, dass es sich um eine nach Grenzbeträgen kaskadierte Veröffentlichungspflicht handle und diese gesetzlich festgelegten Grenzbeträge ausreichend begründet seien, sodass gegen die Datenverarbeitung und die Veröffentlichungspflicht entsprechend der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union keine Bedenken bestünden. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte darin aus, dass §6 Abs3 PartG verfassungs- und unionsrechtswidrig sei.
2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Bundesverwaltungsgericht den vorlie-genden, auf Art140 Abs1 Z1 lita BVG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "aus §6 Abs3 des Bundesgesetzes über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl I Nr 56/2012, in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 125/2022 die Wortfolge 'Der Rechnungshof hat die Einzelspenden über € 2.500,- Euro unter Nennung des Namens und der Anschrift des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und gegliedert nach dem konkreten Spendenempfänger unverzüglich zu veröffentlichen.' als verfassungswidrig aufheben." In eventu wird beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge "die Wortfolge 'des Namens und der Anschrift des Spenders[...].' als verfassungswidrig aufheben."
3. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, zusammengefasst wie folgt dar:
Für das Bundesverwaltungsgericht bestehe primär das Bedenken, dass im Anwendungsbereich des §6 Abs3 PartG verfassungswidrig in das Grundrecht auf Datenschutz des §1 DSG eingegriffen werde, indem eine dem Gesetzeszweck nicht angemessene Pflicht zur Veröffentlichung von personenbezogenen Daten besonderer Kategorie normiert werde. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die ebenfalls grund- und verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Art8 GRC und Art8 EMRK verletzt seien, welchen ein dem §1 DSG ähnlicher Grundrechtsschutz inhärent sei. Schließlich sei auch von einem Verstoß gegen das verfassungsgesetzliche Gleichbehandlungsgebot auszugehen.
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zur Zulässigkeit des Antrages ua wie folgt ausführt: Die im Aufhebungsbegehren bezeichnete Wortfolge finde im PartG keine Deckung. Das PartG enthalte keine Veröffentlichungspflicht der Anschrift des Spenders einzelner Geldspenden. Es bleibe somit offen, welcher Teil des §6 Abs3 PartG nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aufgehoben werden solle. Dies treffe auch auf den Eventualantrag zu, der sich auf die Wortfolge "des Namens und der Anschrift des Spenders […]" beziehe. Einerseits führe das antragstellende Gericht die Bestimmung nicht an, auf die es rekurriere. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass es sich um §6 Abs3 PartG handle, impliziere andererseits das verwendete Auslassungszeichen, dass für weitere Teile eine Aufhebung beantragt werde. Das antragstellende Gericht lasse somit offen, welcher Teil (des §6 Abs3 PartG) aufgehoben werden solle.
5. Der Rechnungshof hat eine Äußerung erstattet, in der er ua festhält, dass die im Antrag zitierte Gesetzesbestimmung die angefochtene Wortfolge nicht enthalte.
6. Das Parlamentarische Datenschutzkomitee hat eine Äußerung erstattet. Zur Zulässigkeit des Antrages führt es ua aus, die angefochtene Wortfolge finde sich weder in §6 Abs3 PartG idF BGBl I 125/2022 noch in einer anderen Fassung dieser Bestimmung noch in einer anderen Bestimmung der Rechtsordnung.
7. Die Partei des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie ua ausführt, §6 Abs2 und 3 PartG sei auf Grund des Anwendungsvorranges von Art9 Abs1 DSGVO nicht präjudiziell. Für den Fall der Präjudizialität von §6 Abs3 PartG teilt die beteiligte Partei "im Ergebnis" die vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken.
IV. Zur Zulässigkeit des Antrages
1. Der Antrag ist nicht zulässig.
2. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG muss ein Gesetzesprüfungsantrag das Begehren enthalten, das – nach Auffassung des Antragstellers bzw des antragstellenden Gerichtes verfassungswidrige – Gesetz seinem gesamten Inhalt nach oder in bestimmten Stellen aufzuheben.
Um das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG zu erfüllen, muss – wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgeführt hat (vgl zB VfSlg 11.888/1988, 18.175/2007, 20.436/2021; VfGH 24.9.2018, G196/2018; 16.9.2024, G71/2024) – die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (vgl zB VfSlg 17.570/2005 mwN).
3. Diesem Erfordernis entspricht der vorliegende Antrag schon deshalb nicht, weil er eine Wortfolge bekämpft, die dem Rechtsbestand nicht angehört. §6 Abs3 PartG enthält nicht die im Antrag genannte Wortfolge "Der Rechnungshof hat die Einzelspenden über € 2.500,- Euro unter Nennung des Namens und der Anschrift des Spenders, des Datums des Eingangs der Spende, der Höhe und gegliedert nach dem konkreten Spendenempfänger unverzüglich zu veröffentlichen." Damit verfehlt der Antrag auf Aufhebung dieser Gesetzesstelle als verfassungswidrig sein Ziel (vgl VfGH 24.9.2018, G196/2018).
4. Dasselbe gilt vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken für die – ausschließlich im Zusammenhang mit der Veröffentlichungspflicht – im Eventualantrag bekämpfte Wortfolge "des Namens und der Anschrift des Spenders[...].", die sich überdies schon deshalb als nicht eindeutig und genau im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erweist, weil durch die Verwendung des Auslassungszeichens "[…]" für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar ist, ob eine und, bejahendenfalls, welche weitere Wortfolge bekämpft werden soll (vgl auch Fuchs/Kneihs, §62 VfGG, in: Eberhard/Fuchs/Kneihs/Vašek [Hrsg.], Kommentar zum Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, 2020, Rz 5).
5. Der Antrag ist sohin bereits aus diesem Grund zurückzuweisen (vgl zB VfGH 2.7.2015, G16/2015; 24.9.2018, G196/2018). Da sowohl der Hauptantrag als auch der Eventualantrag unzulässig sind, ist der Antrag daher insgesamt zurückzuweisen (vgl VfGH 29.11.2004, G58/04).
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Rückverweise
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