JudikaturVfGH

E2470/2020 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
24. Februar 2021

Gemäß §29 Abs2 VwGVG sind Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte mit den wesentlichen Entscheidungsgründen zu verkünden. Im vorliegenden Fall hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im Wesentlichen darauf beschränkt, das Ergebnis seiner rechtlichen Beurteilung auszuführen, es bleibt aber eine nachvollziehbare Begründung mit seinen knappen Ausführungen schuldig.

Aus Art88 Abs2 und Art87 Abs1 iVm Art134 Abs7 B-VG ist ableitbar, dass es sich bei der Amtsenthebung von Verwaltungsrichtern um einen besonders sensiblen Bereich handelt. Den sich aus Art88 Abs2 B-VG ergebenden besonderen Vorgaben an ein Erkenntnis, mit dem ein Richter seines Amtes enthoben wird, kann das angefochtene Erkenntnis mit seiner knappen, nicht näher ausgeführten Begründung nicht gerecht werden. Es wird lediglich wiedergegeben, dass es je ein vom LVwG eingeholtes neurologisches Gutachten sowie ein arbeitspsychologisches Gutachten gebe, in denen gewisse Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin festgestellt würden und die zu dem Ergebnis kämen, dass das Ausüben einer Tätigkeit als Richterin nicht mehr möglich sei. Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin selbst beigebrachten Gutachtens, das zu dem Schluss kommt, dass diese nach wie vor dienstfähig sei, wird lediglich ausgeführt, dass auch in diesem arbeitspsychologischen Gutachten in manchen Bereichen Beeinträchtigungen festgestellt worden seien, sodass auf Grund der vorliegenden Gutachten davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin dienstunfähig sei.

Die Beurteilung der Dienstfähigkeit im Hinblick auf die Ausübung des Richteramtes ist eine Rechtsfrage, die nicht durch ein ärztliches Gutachten vorweggenommen werden kann, sondern durch das BVwG auf Grund der beruflichen Anforderungen, des gesundheitlichen Zustands und einer möglichen Umgestaltung der Arbeit im Rahmen des Richterberufes zu beurteilen ist. In der Begründung des mündlich verkündeten Erkenntnisses wird insbesondere nicht dargelegt, in welcher Weise sich der diagnostizierte Gesundheitszustand auf die konkret wahrzunehmenden Aufgaben auswirkt und daher die Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin ausschließt.

Die besonderen Erfordernissen bei Richter betreffenden Verfahren gelten auch für Disziplinarverfahren gegenüber Richtern, da in diesen unter anderem auch die Entlassung (Amtsenthebung) ausgesprochen werden kann. Entgegen dieser Vorgaben ist auch der Spruchpunkt betreffend die Nichtbefolgung der Weisung, sich einer psychologischen Untersuchung zu unterziehen, nur knapp und unzureichend begründet. Dies ergibt sich schon daraus, dass aus der Begründung nicht hervorgeht, weshalb zwar die unter einem anderen Spruchpunkt behandelten Dienstverfehlungen auf Grund der Krankheit der Beschwerdeführerin nicht vorwerfbar sind, die Nichtbefolgung der Weisung jedoch schon.

Ergibt sich die Begründung der Entscheidung weder aus der Niederschrift der mündlichen Verkündung noch aus einer (zeitnahen) schriftlichen Ausfertigung gemäß §29 Abs4 VwGVG, widerspricht dies sowohl den Anforderungen des §29 Abs2 VwGVG als auch den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen. Die angefochtene Entscheidung des BVwG entspricht nicht diesen Anforderungen; sie ist einer nachprüfenden Kontrolle durch den VfGH nicht zugänglich und ist daher mit Willkür belastet. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass es ein Gericht nicht von der ihm gemäß §29 Abs4 VwGVG obliegenden Verpflichtung, den Parteien eine schriftliche Ausfertigung zuzustellen, entbindet, wenn sich die Gerichts- und Verwaltungsakten auf Grund einer Revision beim VwGH befinden.

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