Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing. Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen § 302 Abs 1 StGB über die Beschwerde der B* (ON 413) gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31. August 2025, GZ **-404, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen .
Begründung:
Gegen den seit zweieinhalb Jahren suspendierten Polizeibeamten A* liegt eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 7. Februar 2025, AZ **, GZ **-82 des Landesgerichts Wiener Neustadt, wegen § 302 Abs 1 StGB (Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt in hunderten Fällen großteils im Zusammenhang mit manipulierten Organstrafverfügungen bzw deren Durchschlägen) vor.
Der Vorsitzende schrieb die Hauptverhandlung (HV) am 28. Februar 2025 beginnend mit 4. April 2025 aus (siehe ON 1.64). Diese fand am 4. April 2025 (ON 99), am 6. Mai 2025 (ON 117), am 5. Juni 2025 (ON 173), am 10. Juni 2025 (ON 186), am 30. Juni 2025 (ON 242), am 3. Juli 2025 (ON 246), am 10. Juli 2025 (ON 276), am 7. August 2025 (ON 350) und am 19. August 2025 (ON 386) statt, in welcher der Angeklagte nicht rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt wurde. Aufgrund der Verantwortung des Angeklagten und seinen Anträgen entsprechend hatte der Vorsitzende hiezu hunderte Zeugen zu laden und zu vernehmen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde gemäß § 242 Abs 3 StPO über die zur HV am 19. August 2025 nicht (gehörig) entschuldigt nicht erschienene Zeugin B*, der die Ladung am 18. Juli 2025 zugestellt worden war, eine Geldstrafe von EUR 200,-- verhängt, weil sie kein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis nachgewiesen habe, welches sie von der Teilnahme an der Hauptverhandlung abgehalten hätte. Zwar habe sie per E-Mail (am Tag vor der HV) eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung (bescheinigend eine Anstaltspflege lediglich bis 1. Juli 2025) übermittelt (ON 381), aber auf die sofortige Antwort des Vorsitzenden (siehe ON 1.154), dass dies keinen hinreichenden Nachweis einer Teilnahmeunfähigkeit an der HV darstelle, zumal die Anstaltspflege bereits einige Zeit zurückliege und auch Bettruhe nicht einzuhalten sei, nicht reagiert und sei zur HV nicht erschienen.
Der Beschluss enthielt die (korrekte) Rechtsmittelbelehrung, dass die Zeugin binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr eine Beschwerde einbringen könne. Weiters, dass wenn sie bescheinigen könne, dass ihr die Ladung zur HV nicht ordnungsgemäß zugestellt oder sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis von der Teilnahme an der HV abgehalten worden sei, die Geldstrafe nachzusehen sei und dass vom Gericht eine Milderung der Strafe ausgesprochen werden könne, wenn sie bescheinige, dass die Höhe der Strafe unverhältnismäßig sei (§ 243 Abs 2 StPO).
Am 9. September 2025 übermittelte B* per E-Mail eine Beschwerde (ON 413).
Über die Beschwerde entscheidet der Vorsitzende, wenn er die Ordnungsstrafe nachzusehen oder zu mildern beabsichtigt; gibt er ihr nicht zur Gänze Folge, kommt es zu einer weiteren Beschwerdeentscheidung durch das Oberlandesgericht. Eine ausdrückliche Negativentscheidung des Vorsitzenden ist nicht erforderlich, vielmehr stellt er durch die Vorlage an das Beschwerdegericht ohne Vorerledigung klar, dass er die Prüfung iSd Abs 2 vorgenommen und keinen Grund für eine Nachsicht oder Milderung gesehen hat (siehe zu alldem Danek/Mann in WK-StPO § 243 Rz 1, 2 und 9 mwN).
Der Vorsitzende hielt in einem Aktenvermerk vom 8. Oktober 2025 (ON 1.168) fest, nicht nach § 243 Abs 2 StPO vorzugehen, weil eine Teilnahmeunfähigkeit nicht nachgewiesen und ein Nichterhalt der Ladung gar nicht behauptet worden sei, bzw die Beschwerdeausführungen (betreffend das angebliche Einschreiten eines Rechtsanwalts) lebensfremd und nicht nachvollziehbar seien, und legte die Beschwerde dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung vor.
Diese am 9. September 2025 per E-Mail übermittelte Beschwerde der B* (ON 413) erweist sich als unzulässig.
Denn gemäß § 84 Abs 2 StPO können, „soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird“, Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben an Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht (nur) schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden (vgl Murschetz inWK-StPO § 84 Rz 12, 13 mwN; RIS-Justiz RS0127859).
Die per E-Mail eingebrachte Beschwerde ist somit als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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