Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*und eine Angeklagte wegen §§ 15, 269 Abs 1 erster Halbsatz dritter und vierter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Oktober 2025, GZ ** 8, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Die über A* verhängte Untersuchungshaft wird aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fortgesetzt.
Begründung:
Über den am ** geborenen österreichischen Staatsbürger A* wurde nach seiner Festnahme am 6. Oktober 2025, 11.45 Uhr, und Einlieferung in die Justizanstalt Wien Josefstadt am selben Tag, 21.20 Uhr, (ON 3.4, 1 und 6) dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend (ON 1.2)mit dem angefochtenen Beschluss wegen des dringenden Verdachts des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 (zu ergänzen: erster Halbsatz dritter und vierter Fall) StGB die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO verhängt (ON 7, 3).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach der Verkündung erhobene (ON 7, 3), in der Folge unausgeführt gebliebene Beschwerde des A*, die nicht berechtigt ist.
Die Untersuchungshaft darf nur verhängt oder fortgesetzt werden, wenn der Beschuldigte einer bestimmten Tat dringend verdächtig ist, sohin mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter ist. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Dieser Tatverdacht ist mehr als eine bloße Vermutung und mehr als ein einfacher oder gewöhnlicher Verdacht ( Kirchbacher/Rami, WKStPO § 173 Rz 3).
Das Beschwerdegericht geht im Rahmen seiner reformatorisch zu treffenden Entscheidung (RISJustiz RS0116421) vom Vorliegen eines dringenden Tatverdachts im Umfang des A* (neben einer weiteren Angeklagten) mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 7. Oktober 2025, AZ **, (ON 5), zur Last gelegten, mit Blick auf die (derzeit nach der Aktenlage anzunehmende) einheitliche Motivationslage (siehe dazu RIS-Justiz RS0122006) rechtsrichtig unter ein Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Halbsatz dritter und vierter Fall StGB zu subsumierenden (zu der nach dem Einsatzgrund definierten Einheit einer Amtshandlung siehe RIS-Justiz RS0095706) Tatvorwurf aus, er habe am 6. Oktober 2025 in ** versucht, Polizeibeamte mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper an einer Amtshandlung, nämlich vorerst dem Vollzug einer verwaltungsrechtlichen Festnahme und Personendurchsuchung und in der Folge an seiner Festnahme nach der StPO, zu hindern, indem er zu dem Polizeibeamten B* sagte: „ Hör auf mich anzufassen, ansonsten breche ich dir alle Knochen! Ich werde dich zerlegen!“, diese Drohung mehrfach gegenüber Genanntem wiederholte, weiters äußerte: „Ich bin mein Leben lang Kampfsportler und trainiere jeden Muskel in meinem Körper. Wenn ich wollen würde, könnte ich euch alle locker zerstören!“ und mit seinen Armen im unmittelbaren Nahebereich der Polizeibeamten B* und C* um sich schlug.
Dabei steht Genannter in subjektiver Hinsicht im dringenden Verdacht, es hierbei zumindest ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden zu haben, Polizeibeamte, somit Organe, die mit Befehls und Zwangsgewalt ausgestattet sind, durch seine verbalen Drohungen mit einer Verletzung am Körper und die Anwendung nicht unerheblicher physischer Kraft an einer Amtshandlung zu hindern.
Diese verdichtete Verdachtslage folgt in objektiver Hinsicht aus dem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion **, PAD/**, (ON 2.2), insbesondere der in einem Aktenvermerk festgehaltenen Schilderung des C*, der zufolge sich der Angeklagte anlässlich einer Amtshandlung zur Einhebung einer Verwaltungsstrafe äußerst aggressiv verhalten (siehe dazu auch die Aussage der Ersteinschreiterin D* ON 2.11), die im Spruch genannten verbalen Drohungen geäußert, wild mit seinen Armen um sich geschlagen und sich seiner schlussendlich ausgesprochenen Festnahme durch ständiges Losreißen widersetzt haben soll. Während des Anlegens der Handfesseln habe auch die Ehefrau des Angeklagten von hinten mit der Faust auf einen der Polizeibeamten eingeschlagen haben (ON 2.18; ON 2.10).
Vorliegend indiziert der angelastete objektive Geschehensablauf auch eine qualifizierte Verdachtslage in Hinblick auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite (RISJustiz RS0098671).
Ausgehend von der dargestellten dringenden Verdachtslage liegt auch der vom Erstgericht angezogene Haftgrund vor.
Tatbegehungsgefahr in der Variante des § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO verlangt neben einer Anlasstat und einer gegen dasselbe Rechtsgut gerichteten strafbaren Handlung mit nicht bloß leichten Folgen als Prognosetat die zusätzliche Bedingung, dass der Beschuldigte entweder wegen einer solchen strafbaren Handlung bereits verurteilt worden ist oder nicht nur wegen einer, sondern wiederholter oder fortgesetzter strafbarer Handlungen im dringenden Verdacht steht. Wenn auch mit Blick auf die aus Anlass einer Amtshandlung in kurzer zeitlicher Abfolge lediglich in ihrer Qualität intensivierte Tatbegehungweise entgegen der Ansicht des Erstgerichts von der mutmaßlichen Verwirklichung wiederholter oder fortgesetzter strafbarer Handlungen nicht auszugehen ist, ist gerade aufgrund dieser gesteigerten Tatintensität zu befürchten, der Angeklagte werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat geführten Strafverfahrens weitere strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind wie die ihm nunmehr angelastete Tathandlung, zumal er erst mit Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 29. November 2024, rechtskräftig seit 3. Dezember 2024, AZ **, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (ON 2.6).
Dieser Haftgrund ist unter Bedachtnahme auf obige Ausführungen und die Wirkungslosigkeit der anlässlich seiner Verurteilung angeordneten Beigebung von Bewährungshilfeals derart gewichtig anzusehen, dass er durch gelindere Mittel des § 173 Abs 5 StPO derzeit nicht wirksam substituiert werden kann.
Eine Unverhältnismäßigkeit der nicht einmal eine Woche andauernden Untersuchungshaft liegt angesichts der Bedeutung der Sache und der im Falle eines Schuldspruchs ausgehend von dem maßgeblichen Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu erwartenden Strafe nicht vor.
In dem nach Abtretung wegen subjektiver Konnexität (ON 1.4) nunmehr zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien anhängigen Verfahren, in dem dem Angeklagten wegen versuchter Abholung eines rund 500 Gramm Cannabiskraut mit zumindest 7,73 Gramm Delta 9THC sowie 101,2 Gramm THCA enthaltenden Pakets von einer Postfiliale das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Fall SMG angelastet wird, wurde die Hauptverhandlung bereits für den 22. Oktober 2025 anberaumt (Einsichtnahme im Wege des VJ-Registers).
In Ansehung des vorliegenden Strafantrags entfällt eine Haftfrist (§ 175 Abs 5 StPO).
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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