Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. N. Schaller als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Miljevic-Petrikic und die KR Oswald in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , **, vertreten durch Göbel Kolar Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , **, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen EUR 319.576,56 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30.04.2025, **-32, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.723,32 (darin enthalten EUR 787,22 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin beauftragte als Bauherrin die Beklagte als Generalunternehmerin mit Auftragsschreiben vom 22.3.2022 (./1) auf Basis des Angebotes der Beklagten vom 3.3.2022 (./F) mit der Errichtung eines Büro- und Werkstättengebäudes sowie zweier Zubauten in ** (idF „BVH“). Als Pauschalpreis wurden EUR 2.380.000 vereinbart.
Im Auftragsschreiben ./1 verwiesen die Parteien ausdrücklich darauf, dass die „folgenden Zusatzbedingungen als vorrangig gelten, auch wenn ein Widerspruch zum Angebot (./F) besteht“, und vereinbarten ua Folgendes: [..]
5. Termin- und Zahlungsplan für den Projektablauf
Es wird folgender verbindlicher Meilenstein- und Terminplan in Wochen vereinbart.
Meilenstein Projektwoche Zahlung % der Auftragssumme
(Lt. tatsächlichen Leistungsfortschritt. Die angeführten Termine dienen nur der besseren Lesbarkeit)
Auftragserteilung am a= 11.03.2022
Vergabe Hauptgewerke
durch den GU a + 15 = x = 24.06.2022
Baubewilligung (ANNAHME) a + 32 24.05.2022
Gewerbebewilligung (ANNAHME) a + 36 21.06.2022
Baubeginn ( Voraussetzung rechtskräftige
Baubewilligung) zum Zeitpunkt = x x + 2 11.07.2022 5%
Rohbau Decke über EG fertig x + 16 14.10.2022 20%
Rohbauarbeiten bis Dachpanele
montiert x + 24 09.12.2022 20%
Fenstermontage x + 30 20.01.2023 20%
Trockenbauwände fertig x + 34 17.02.2023 10%
Fassade x + 36 03.03.2023 15%
Ausbauarbeiten fertig x + 38 17.03.2023 5%
Sonstiges, Reserve x + 41
Übernahme, Übergabe z. Nutzung x + 42 15.04.2023
Außenanlagen fertig x + 44 30.04.2023
Schlusszahlung, Bauende x + 44 30.04.2023 5%
Erkennt der AN, dass er aus welchen Gründen immer die vereinbarten Fristen und Termine nicht einhalten kann, ist er verpflichtet, dem AG unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen Dauer der Verzögerung unverzüglich bei sonstiger Haftung für die nachteiligen Folgen schriftlich in Kenntnis zu setzen.
Sollte ein Meilenstein erreicht sein, aber Mängel existieren, so wird ein Deckungsrücklass von 10% der Teilrechnung vereinbart. Die Zahlung erfolgt ausschließlich im bargeldlosen Zahlungsverkehr.
[...]
9. Pönale
Es wird eine Vertragsstrafe gemäß Ö-NORM B2110 Punkt 6.5.3. mit der Abänderung vereinbart, dass die Vertragsstrafe mit 10% des Gesamtauftragswertes (zivilrechtlicher Preis) begrenzt ist.
Die Vertragsstrafe beträgt pro angefangener Woche Verzug 1% des Gesamtauftragswertes (zivilrechtlicher Preis).
Berechnung der Pönale bei einer Fertigstellung abhängig von der Baugenehmigung zum Zeitpunkt = x!
[...]
Die Streitteile besprachen über die schriftlichen Klauseln im Vertrag ./1 hinausgehend nichts zur Pönalevereinbarung.
Im Angebot der Beklagten vom 3.3.2022 (./F), welches als Anlage 2 dem Auftragsschreiben ./1 zugrunde lag, wurde unter dem darin enthaltenen (abstrakt gehaltenen) Meilensteinterminplan folgende Passage abgedruckt:
Generalunternehmer - Meilensteinterminplan
Es wird folgender verbindlicher Meilenstein- und Terminplan in Wochen vereinbart.
Meilenstein Projektwoche Zahlung % der Auftragssumme
Auftragserteilung 0
Einreichplanung
• Überarbeitung und Einreichung,
Abstimmung mit Gewerbe,
Abgabe der Einreichunterlagen 8 EUR 12.000
(gesonderte Auftragssumme)
Ausführungsplanung
• Planung Rohbau GU-seitig fertig bis 16
• Planung Ausbau GU-seitig fertig bis 24
• Ausschreibung der Hauptgewerke GU
und Verhandlung bis Vergabereife 19
• Vergabe Hauptgewerke durch den GU =x
Baubewilligung (Annahme) x=32
Gewerbebewilligung (Annahme) x+4
Baubeginn (Voraussetzung rechtskräftige
Baubewilligung) zum Zeitpunkt = x x+2 5%
Rohbauarbeiten bis Dach dicht x+24 40%
Fenstermontage x+30 20%
Fassade x+36 15%
Ausbauarbeiten fertig x+38 15%
Sonstiges, Reserve x+41
Übernahme, Übergabe zur Nutzung x+42
Schlusszahlung x+42 5%
Projektdauer, ab Auftragserteilung bis Übernahme zur Nutzung = 32 + 42 = 64 Projektwochen.
• Auftragserteilung am 01.10.2021
• Annahme Bearbeitungsdauer für die Behörde bis zur rechtskräftigen Baugenehmigung = mind. 14 Wochen. Eine Verkürzung verändert die Projektdauer nicht, da bleibt die Annahme x = 32.
• Fertigstellung zur Übernahme, Übergabe und Nutzung = 18.03.2023
Liegt zum Meilenstein Baubeginn kein rechtskräftiger Baubescheid vor verschieben sich die weiteren Termine im gleichen Ausmaß bis der rechtskräftige Baubescheid vorliegt. Der Baubeginn und die Übergabe zur Nutzung sind pönalisiert. Es wird keine Pönale einbehalten wenn der Meilenstein Übergabe zur Nutzung eingehalten wird.
Die ÖNORM B 2110:2013 regelt unter Punkt 6.5.3 Vertragsstrafe ua wie folgt :
6.5.3.1 Anspruch auf Leistung der Vertragsstrafe
Der Anspruch des AG auf Leistung einer vereinbarten Vertragsstrafe durch den AN entsteht, sobald der AN in Verzug gerät und nicht nachweisen kann, dass er oder seine Erfüllungsgehilfen den Verzug nicht verschuldet haben; der Nachweis eines Schadens ist nicht erforderlich.
Soweit nicht anders festgelegt, ist die Vertragsstrafe mit höchstens 5 % der ursprünglichen Auftragssumme (des zivilrechtlichen Preises) insgesamt begrenzt.
Die Bestimmungen des § 1336 ABGB über das richterliche Mäßigungsrecht sind anzuwenden.
Bei einvernehmlicher Verlängerung der Leistungsfrist bleiben die Vertragsstrafen für die an Stelle der alten Termine tretenden vereinbarten neuen Termine aufrecht. Die neuen pönalisierten Termine sind ausdrücklich als solche festzuhalten.
Zeitlich nach der Vereinbarung vom 22.3.2022 wurden zwischen den Streitteilen keine pönalisierten Termine festgelegt.
Baubeginn war der 28.8.2022.
Bei Vertragsabschluss gingen die Streitteile davon aus, dass zum Zeitpunkt a + 15 („a“ stand für „Auftragserteilung“), der mit 24.6.2022 angenommen wurde, die rechtskräftige Baubewilligung vorliegen würde. Die Baubewilligung für das BVH wurde am 25.7.2022 erteilt und erwuchs am 22.8.2022 in Rechtskraft.
Der Geschäftsführer der Klägerin, DI C*, teilte seinem Ansprechpartner bei der Beklagten, DI D*, mit, dass das BVH im August 2023 fertiggestellt sein müsse (ON 21, PS 12; ON 29, PS 3). Im Hinblick darauf, dass die Fertigstellung bis August 2023 erfolgen sollte, bestätigte DI D* der Klägerin bei Zusatzaufträgen, dass sich die Bauzeit nicht verlängern würde (FS 1).
Da DI C* im Mai/Juni 2023 sagte, dass die Beklagte „den Termin nicht eingehalten habe“, begann die Beklagte bei Leistungsänderungen auf die dadurch entstehende Verzögerung hinzuweisen. In zwei Leistungsanforderungen vom 28.6.2023 (./2 und ./3) wies die Beklagte darauf hin, dass die Zusatzaufträge je 10 Tage Bauzeitverzögerung bewirken würden.
Mit Email vom 20.7.2023 teilte der Geschäftsführer der Klägerin der Beklagten ua mit, dass das Bauvorhaben lt. Vertrag am 16.5.2023 fertiggestellt hätte sein müssen und, dass dieser Termin selbst unter Berücksichtigung der in den letzten Leistungsänderungen angeführten Bauzeitverlängerungen nicht eingehalten worden sei. Er wies darauf hin, dass die Klägerin daher grundsätzlich berechtigt sei, die vertraglich vereinbarte Pönale geltend zu machen.
Während der Bauausführung erteilte die Klägerin zumindest 12 Zusatzaufträge über eine Auftragssumme von gesamt EUR 283.138, die teilweise mit mehrwöchigen Bauverzögerungen verbunden waren.
Die Beklagte wies bei den ersten Nachtragsaufträgen nicht darauf hin, dass sich durch diese die Bauzeit verlängern würde, weil DI D* der Meinung war, dass das BVH bis August 2023 fertig sein sollte und zu erwarten war, dass sich dies, auch bei Durchführung der Nachtragsauftäge, rechtzeitig erledigen lassen würde.
Die Schlussrechnungssumme betrug EUR 2.663.138.
Die Klägerin begehrte die Zahlung der vereinbarten Pönale und brachte vor, die Übergabe des Bauwerks sei spätestens bis 30.4.2023 vereinbart gewesen, infolge erheblicher Mängel sei das Werk auch noch bei Klagseinbringung nicht vereinbarungsgemäß übergeben gewesen. Die Streitteile hätten die Fertigstellungsdaten unter Bezugnahme auf ein variables Datum (Vorliegens der rechtskräftigen Baubewilligung) festgelegt, wobei die im Meilenstein- und Terminplan angeführten Zeiten auch für den Auszahlungsanspruch von Teilen der Auftragssumme relevant gewesen seien. Weder die verspätet erteilte Baubewilligung noch Leistungsänderungen hätten den Bauzeitplan über den Haufen geworfen. Die Leistungsänderungen seien nur deshalb beauftragt worden, weil die Beklagte versichert habe, dass damit keine Verzögerungen bei der Fertigstellung verbunden wären. Diese Leistungsänderungen seien auch nach dem vereinbarten Fertigstellungstermin und zu einem Zeitpunkt beauftragt worden, zu dem der Pönaleanspruch bereits zur Gänze entstanden gewesen sei.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und brachte vor, nicht im Verzug gewesen zu sein. Ein pönalisierter Fertigstellungstermin sei nicht vereinbart gewesen. Sollte ein solcher ursprünglich vereinbart gewesen sein, sei er wegen verzögerter Erteilung der Baubewilligung weggefallen. Bei Erstellung des Termin- und Zeitplans seien die Parteien vom Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung bis 24.5.2022 ausgegangen. Diese sei jedoch erst am 22.8.2022 in Rechtskraft erwachsen. Ein neuer pönalisierter Termin sei nicht ausdrücklich festgelegt worden. Mit der Pönalebestimmung sei Unmögliches versprochen worden. Auch sei der Bauzeitplan durch die viel zu spät erteilte Baubewilligung über den Haufen geworfen worden. Bliebe der mit x + 44 vereinbarte Fertigstellungstermin bestehen, wäre dieser infolge der verspäteten Baubewilligung zumindest auf 26.6.2023 zu verschieben. Darüber hinaus sei ein allenfalls bestehender pönalisierter Fertigstellungstermin durch Leistungsänderungen und berechtigte Bauzeitverlängerungsansprüche weggefallen, die ebenfalls den Bauzeitplan über den Haufen geworfen hätten. Die Beklagte habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sich durch den erhöhten Arbeitsaufwand auch der Leistungszeitraum verlängern würde.
Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten stets kommuniziert, dass sie eine Übergabe Mitte August 2023 wünsche. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte ihr bestätigt, dass mit den Leistungsänderungen keine Bauzeitverlängerung einhergehen würde. Die Klägerin habe die Übergabe zum 10.8.2023 unberechtigt verweigert.
Das Klagebegehren sei der Höhe nach unschlüssig. Die Berechnungsgrundlage für Pönalen erhöhe sich nicht durch spätere Zusatzaufträge. Die Beklagte erhob aufrechnungsweise bis zur Höhe einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung eine Gegenforderung von EUR 46.296 (brutto) und brachte dazu vor, dass aus der Schlussrechnung Nr. 2023-208 ein offener Teilbetrag von EUR 3.696, aus der Rechnung NR. 2023-258 über die 5. Leistungsanforderung vom 31.3.2023 von EUR 10.200 und aus der Rechnung Nr. 2023-259 ein Betrag von EUR 32.400 unberichtigt aushafteten.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz an die Beklagte.
Es traf neben dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Seiten 4 bis 7 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich führte es aus, eine Pönalevereinbarung sei dem Vertrag vom 22.3.2022 nur hinsichtlich der Baufertigstellung zu entnehmen. Nach Punkt 5. des Vertrags sei Voraussetzung von „x“ als Ausgangspunkt der Wochenberechnung für das Bauende gewesen, dass zu diesem Zeitpunkt die rechtskräftige Baubewilligung vorliege, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Da die Variable „x“ einerseits durch „a + 15“ definiert gewesen sei, andererseits aber unter der Bedingung des Vorliegens einer rechtskräftigen Baubewilligung gestanden sei, sei im Hinblick darauf, dass die Baubewilligung erst lange nach dem 5.7.2022 vorgelegen sei, kein pönalisierter Baufertigstellungstermin vereinbart worden. Was nämlich für den Fall, dass zum Zeitpunkt „x“ keine rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen wäre, vereinbart sein sollte, sei weder vereinbart noch Punkt 9. der ./1 zu entnehmen.
Das Angebot ./F sollte im Falle des Widerspruchs zu den im Auftragsschreiben ./1 festgehaltenen Vereinbarungen nachrangig sein. Der Auftrag (./1) enthalte in Punkt 5. und 9. einen eigenen verbindlichen Terminplan und eine eigene Pönaleregelung, die von jenen im Angebot (./F) abweiche, weshalb diese Regelungen im Widerspruch zu jenen in ./1 stünden.
Der Bedeutungsinhalt des in ./1 unter Punkt 9. rot gedruckten Satzes „Berechnung der Pönale bei einer Fertigstellung abhängig von der Baugenehmigung zum Zeitpunkt = x!“ sei nach seinem Erklärungsinhalt daher dahin zu verstehen, dass eine Pönale nur dann zu berechnen wäre, wenn die Baubewilligung zum Zeitpunkt = x vorgelegen wäre. Für eine Auslegung dahin, dass, wie in ./F vorgesehen, die Verzögerung bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Baubescheids die Fristen im gleichen Ausmaß verlängere, lägen keine Anhaltspunkte vor. Zusammenfassend könne Punkt 5. des Vertrags ./1 ein konkret pönalisiertes Datum der Baufertigstellung nicht entnommen werden.
Ausgehend von den umfassenden Leistungsänderungen, dem ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis von EUR 2.380.000 und dem letztlich vorliegenden Gesamtauftragswert von EUR 3.195.765,60 (Mehrleistung EUR 815.765,60, das seien ca 34% des ursprünglichen Auftragswerts) stehe fest, dass die aus der Sphäre des Werkbestellers herrührenden Verzögerungen nicht nur überschaubare, kurzfristige Verzögerungen gewesen seien, sondern solche, die den Zeitplan über den Haufen geworfen hätten. Wären daher tatsächlich pönalisierte Termine vereinbart gewesen, wären sie spätestens durch den Umfang der Zusatzleistungen weggefallen.
Feststellungen über die behaupteten Mängel, die eine Übernahme des Werks im August 2023 verhindert hätten, sowie über die der Klägerin durch den behaupteten Verzug der Beklagten entstandenen Schäden seien daher schon aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich. Auch sei über die erhobene Gegenforderung nicht abzusprechen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Tatsachenrüge
1.1 Die Klägerin bekämpft die eingangs hervorgehobene Feststellung (FS1) und begehrt stattdessen deren ersatzlosen Entfall.
1.2 Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber angeben, welche konkrete Feststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung bekämpft wird, sowie welche davon abweichende Feststellung aufgrund richtiger Beweiswürdigung an deren Stelle zu treffen gewesen wäre (stRsp, RS0041835 [T5]). Zwischen der bekämpften Feststellung und der Ersatzfeststellung muss ein inhaltlicher Gegensatz (Widerspruch) bestehen; die eine Feststellung muss die andere ausschließen. Demnach genügt es weder die „ersatzlose“ Streichung einer Feststellung zu begehren (RS0041835 [T3]) noch den Ersatz der bekämpften Feststellung durch eine inhaltlich damit nicht korrespondierende Ersatzfeststellung anzustreben. Der Entfall einer relevanten Feststellung ohne korrespondierende Ersatzfeststellung müsste nämlich zu einem sekundären Feststellungsmangel führen.
Diesen Anforderungen genügt die Beweisrüge nicht. Sie lässt auch nicht erkennen, welche Änderung der Tatsachengrundlage angestrebt wird. Die Beweisrüge entzieht sich insoweit einer meritorischen Behandlung.
1.3 Im Übrigen wäre die Rüge auch nicht berechtigt. Die Klägerin bezieht sich auf die Angaben ihres Geschäftsführers, wonach die Fertigstellung gemäß Vertrag (Juni 2023) für ihn wesentlich gewesen sei, weshalb es nicht nachvollziehbar sei, dass er sich auf eine Terminverlängerung eingelassen hätte, ohne gleichzeitig die Pönaleregelung anzupassen.
1.4 Das Erstgericht setzte sich mit den Beweisergebnissen auseinander und begründete – entgegen den Ausführungen in der Berufung – die bekämpfte Feststellung schlüssig und nachvollziehbar.
Soweit die Klägerin rügt, die Beklagte habe sich nicht schon in ihrer Klagebeantwortung auf einen Übergabetermin August 2023 berufen, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beklagte in der Klagebeantwortung bereits vorgebracht hat, sie sei - unter Berücksichtigung der angeführten Gründe für eine Bauzeitverlängerung und einen (zumindest) auf den 14.08.2023 verschobenen Fertigstellungstermin - durch übergabereife Fertigstellung ihrer Leistungen zum 10.08.2023 nicht in Verzug gewesen.
Das Erstgericht führte aus, der Geschäftsführer der Klägerin habe keine Angaben darüber machen können, welche Termine pönalisiert sein sollten. Er gab auch an, die ÖNORM B 2110 nicht zu kennen. Tatsächlich wäre aber zu erwarten gewesen, dass der Geschäftsführer der Klägerin in der Lage sei, einen klaren und eindeutigen Fertigstellungstermin zu benennen, wenn für ihn eine rechtzeitige Fertigstellung des Bauvorhabens von großer Bedeutung gewesen sei und sich gleichzeitig bei dessen Nichteinhaltung für die Beklagte nicht unbeträchtliche Pönalezahlungen knüpften.
Die gerügte Feststellung lässt sich auch mit den Angaben des Zeugen D* insoweit in Einklang bringen, als dieser angab, dass im Auftrag ein Termin stehen sollte, weil sich die Klägerin vor allzu großen Verzögerungen schützen wollte. Gleichzeitig habe dieser – mangels Vorliegens einer Baubewilligung – nur abstrakt bestimmt werden können.
Der Zeuge D* gab weiter an, dass dies der Grund dafür war, dass im Vertrag keine konkreten Termine angeführt werden konnten. Der dort enthaltene Terminplan sei unter der Annahme gestanden, dass der Auftrag bis 11.3.2022 erteilt werde (wenngleich dies nicht ausdrücklich so formuliert worden sei). Jedenfalls sei zwischen den Parteien besprochen worden, dass die Fertigstellung bis August 2023 erfolgen sollte. Das sei unsere Grundlage gewesen (ON 21.2, 12). Die Angaben des Zeugen D*, dass besprochen worden sei, dass es reiche, wenn das Bauvorhaben bis August 2023 fertiggestellt werde, werden auch dadurch gestützt, dass die Beklagte zu den Leistungsänderungen zunächst keine Bauverzögerungen bekanntgegeben hat. Dies deswegen, weil sie von einer Fertigstellung bis August 2023 ausgegangen sei und erst nachdem die Klägerin im Mai/Juni 2023 einen Verzug gerügt habe, habe die Beklagte für Zusatzaufträge konkrete Bauverzögerungen bekanntgegeben und genehmigt bekommen.
1.5 Abgesehen davon, dass die Beweisrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, gelingt es der Klägerin nicht, die erstgerichtliche Beweiswürdigung ernsthaft in Zweifel zu ziehen oder Gründe anzuführen, weshalb das Erstgericht den Angaben des Zeugen D*, der im Übrigen in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten mehr steht, nicht hätte folgen dürfen.
1.6 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich das Erstgericht mit allen relevanten Beweisergebnissen auseinandergesetzt und diese nachvollziehbar gewürdigt hat. Gegen die begründete Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken (§§ 272 Abs 1, 498 Abs 1 ZPO).
Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen und legt sie der rechtlichen Beurteilung zu Grunde (§ 498 ZPO).
2. Rechtsrüge
2.1 Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin in ihrer Rechtsrüge zum Teil nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und sie insoweit nicht gesetzmäßig ausführt.
Die Feststellungen, dass zur Pönalevereinbarung über die Regelungen in ./1 hinaus nichts besprochen wurde und, dass der Geschäftsführer der Klägerin seinem Ansprechpartner bei der Beklagten, DI D*, mitgeteilt hat, das BVH müsse im August 2023 fertiggestellt sein, stehen nicht im Widerspruch zueinander. Die letztere Feststellung ist eine Aussage zur Fertigstellung und keine Vereinbarung zur Pönale, auch wenn eine Pönale an eine nicht fristgerechte Fertigstellung anknüpft.
2.2 Unter Berufung auf deren Wortlaut wendet sich die Klägerin gegen die Auslegung der Pönalevereinbarung (Pkt 9. der Beilage ./1) durch das Erstgericht ( Berechnung der Pönale bei einer Fertigstellung abhängig von der Baugenehmigung zum Zeitpunkt x! ). Sie beruft sich auf das von den Parteien gewählte Konzept eines variablen Bezugspunktes für die Berechnung der Verzugsdauer in Wochen und argumentiert, die Vereinbarung sei so zu verstehen, dass bei der Berechnung der Höhe der Pönale auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Baugenehmigung abzustellen sei, weil der Beginn des Verzuges davon abhänge, wann die Baubewilligung tatsächlich vorgelegen sei.
2.3 Nach dem Wortlaut der Vereinbarung soll die Berechnung der Pönale von der Baugenehmigung zum Zeitpunkt x abhängig sein. Der Wortlaut der Vereinbarung bringt nicht klar und eindeutig zum Ausdruck, was die Parteien damit genau vereinbaren wollten. Fraglich ist, ob (wie vom Erstgericht angenommen) eine Pönale nur dann vereinbart sein sollte, wenn die Baubewilligung zum Zeitpunkt x vorliegt, oder ob (wie von der Klägerin releviert) nur die Berechnung der vereinbarten Höhe der Pönale vom konkreten Zeitpunkt der Baubewilligung abhängig sein sollte.
Zusätzlich stellt sich die Frage, ob die Bestimmung im Angebot ./F, wonach der Baubeginn und die Übergabe zur Nutzung pönalisiert sein sollten, im Widerspruch zu ./1 steht oder ob dieses zur Auslegung des Auftrags ergänzend heranzuziehen ist, zumal der Auftrag ./1 selbst keine ausdrückliche Bestimmung der pönalisierten Termine enthält. Im Angebot ./F findet sich weiters der Hinweis, dass für den Fall, dass zum Meilenstein Baubeginn kein rechtskräftiger Baubescheid vorliege, sich die weiteren Termine im gleichen Ausmaß bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Baubescheids verschieben.
2.4 Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen aber nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Es ist also nicht das, was schriftlich geäußert wurde, allein entscheidend (RS0017797).
Nach der erkennbaren Parteienabsicht sollten Termine in den Vertrag aufgenommen werden, jedoch konnten diese mangels Vorliegens einer rechtskräftigen Baubewilligung nicht konkretisiert werden. Die Parteien haben daher für diese Unbekannte x gewählt und die Meilensteine im Baufortschritt daraus abgeleitet und in einer absoluten Wochenzahl ausgedrückt.
2.5 Im Auftrag ./1 vereinbarten die Parteien, dass bei Abweichungen zum Angebot ./F die Regelungen im Auftrag ./1 Vorrang haben. Es gilt daher - wie das Erstgericht bereits ausführte - der von ./F abweichende Meilenstein- und Terminplan in ./1 als vereinbart. Hinsichtlich des Absatzes, dass sich für den Fall, dass zum Baubeginn kein rechtskräftiger Baubescheid vorliegt, die weiteren Termine im gleichen Ausmaß bis der rechtskräftige Baubescheid vorliegt, verschieben, gibt es keine korrespondierende oder im Widerspruch dazu stehende Bestimmung im Auftrag ./1. Der Auftrag ./1 sieht zwar eine Bestimmung zur Pönale vor, enthält jedoch selbst keine ausdrücklich pönalisierten Termine. Das Angebot ./F enthält hingegen eine Regelung darüber, welche Termine pönalisiert sein sollten, sowie eine solche für den Fall, dass der rechtskräftige Baubescheid zum Zeitpunkt des Baubeginns nicht vorliegen sollte. Mangels einer dazu im Widerspruch stehenden Bestimmung im Auftrag, dessen Bestimmungen nur vorrangig anzuwenden sind, gelten die oben zitierten Vereinbarungen des Angebots als vereinbart. Bereits aus der Formulierung, die Zusatzbedingungen des Auftrags gelten vorrangig, ergibt sich, dass die Bestimmungen des Auftrags – soweit der Auftrag keine dazu im Widerspruch stehenden Bestimmungen vorsieht – subsidiär anzuwenden sind.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass sich die näheren Regelungen über die Vereinbarung der Pönale nur im Angebot ./F und nicht im Auftrag ./1 finden, sodass diese als vereinbart gelten. Insbesondere auch die Regelung, wonach sich die weiteren Termine im gleichen Ausmaß bis der rechtskräftige Baubescheid vorliegt verschieben, wenn zum Meilenstein Baubeginn kein solcher vorliegt.
2.6 Im vorliegenden Fall vereinbarten die Parteien eine Vertragsstrafe gemäß Punkt 6.5.3. der Ö-NORM B2110, welcher unter anderem lautet:
„...Bei einvernehmlicher Verlängerung der Leistungsfrist bleiben die Vertragsstrafen für die an Stelle der alten Termine vereinbarten neuen Termine aufrecht. Die neu pönalisierten Termine sind ausdrücklich als solche festzuhalten.“
Es steht fest, dass der Geschäftsführer der Klägerin der Beklagten mitteilte, dass das Bauvorhaben im August 2023 fertiggestellt sein müsse. Vor dem Hintergrund der zwei Monate später (als bei Auftragserteilung angenommen) erteilten Baubewilligung sowie den zahlreichen von der Klägerin erteilten Zusatzaufträgen durfte die Beklagte diese Erklärung – entgegen den Ausführungen in der Berufung – so verstehen, dass damit die Fälligkeit verschoben werden soll und nicht bloß eine bereits fällige Leistung gestundet wird. Die Parteien vereinbarten eine Verlängerung der Leistungsfrist „bis August 2023“, ohne jedoch den neuen pönalisierten Leistungstermin ausdrücklich als solchen festzuhalten. Es kann dahinstehen, ob die neue Leistungsfrist Punkt 6.5.3.1 der Ö-NORM B 2110 entspricht oder ob kein pönalisierter Fertigstellungstermin mehr vorliegt, weil der Vertragsstrafe – wie das Erstgericht bereits ausführte – bereits aus nachstehenden Gründen der Boden entzogen ist:
2.7 Nach der Rechtsprechung verlängern überschaubare kurzfristige Verzögerungen, die der Sphäre des Werkbestellers zuzurechnen sind, gleichviel ob sie von ihm angeordneten Leistungsänderungen oder der zögerlichen Erfüllung von dessen Mitwirkungspflichten entspringen, die vertraglich festgelegten Fertigstellungsfristen entsprechend; die Vertragsstrafe sichert dann die Einhaltung der so modifizierten (verlängerten) Ausführungsfristen. Überschreiten indes die aus der Sphäre des Werkbestellers herrührenden Verzögerungen das in erster Linie am Umfang der zu erbringenden Werkleistungen und an der wirtschaftlichen Leistungskraft des Werkunternehmers abzulesende zeitliche Maß des Üblichen, auf das sich jeder Werkunternehmer einzustellen hat, wird also der Zeitplan "über den Haufen geworfen", dann gibt es keine verbindliche Fertigstellungsfrist mehr und die Strafabrede geht ins Leere, selbst wenn der Unternehmer zur Leistung in angemessener Frist verhalten bleibt und insofern auch in Verzug geraten kann (RS0111948).
Die Klägerin wendet sich gegen die Beurteilung des Erstgerichts, die Zusatzaufträge hätten hier den Zeitplan im Sinne der Rechtsprechung über den Haufen geworfen und rügt, dass sich dies anhand der Auftragssummen der Zusatzaufträge alleine nicht beurteilen lasse.
2.8 In der Entscheidung 8 Ob 156/06h billigte der Oberste Gerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass aus der Sphäre des Werkbestellers herrührende Verzögerungen von einem Monat keine überschaubaren kurzfristigen Verzögerungen im Sinn der Rechtsprechung sind, sondern vielmehr den Bauzeitplan „über den Haufen“ werfen. Dem lag die Feststellung zugrunde, dass es gegenüber dem ursprünglichen Bauzeitplan ausschließlich wegen Umständen, die aus der Sphäre des Werkbestellers herrührten, zu einer Verzögerung von einem Monat kam.
In der Entscheidung 6 Ob 95/08a erblickte das Höchstgericht in der Auffassung des Berufungsgerichts, bei aus der Sphäre des Werkbestellers herrührenden Verzögerungen von bis zu zwei Monaten seien die neuerlichen Fertigstellungstermine nicht mehr durch eine Pönalevereinbarung abgesichert, keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung.
Zu 6 Ob 101/17x beurteilte der Oberste Gerichtshof eine mehr als zwei Monate verspätete Planübergabe unter Bedachtnahme auf die vereinbarte Bauzeit von knapp weniger als neun Monaten als eine das zeitliche Maß des Üblichen überschreitende Verzögerung.
2.9 Soweit die Klägerin rügt, die hier vorliegenden Verzögerungen lägen in der Sphäre der Beklagten und hätten weder mit der verspäteten Erteilung des Baubescheids noch mit Zusatzaufträgen zu tun, entfernt sie sich vom festgehalten Sachverhalt, sodass die Rüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.
Es steht fest, dass die Klägerin zumindest 12 Zusatzaufträge mit einem Gesamtauftragswert von EUR 283.138 erteilt hat, wobei diese teilweise mit mehrwöchigen Bauverzögerungen verbunden waren. Ausgehend vom Umfang der Zusatzaufträge (./14, deren Echtheit zugestanden ist [RS01215657]) und der damit verbundenen Bauverzögerungen sowie unter Berücksichtigung der gesamten Projektdauer (von 44 Wochen) kann hier nicht mehr von überschaubaren kurzfristigen Verzögerungen gesprochen werden. Allein die letzten zwei Zusatzaufträge (./2 und ./3) führten zu Bauzeitverzögerungen von insgesamt 20 Tagen. Die Bedeutung der Änderung im Verhältnis zum Gesamtvertrag überschreiten quantitativ und qualitativ das zeitliche Maß des Üblichen, auf das sich jeder Werkunternehmer einzustellen hat, sodass keine verbindliche Fertigstellungsfrist mehr vorliegt.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen war.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden