JudikaturOLG Wien

21Bs309/25g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
19. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat am 19. September 2025 durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten B* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 30. April 2025, GZ ** 46.4, in der in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener sowie in Anwesenheit des Angeklagten B* und seines Verteidigers Mag. Zaid Rauf durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Erstangeklagten A* enthaltendenUrteil wurde der am ** in ** geborene niederländische Staatsangehörige B* des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt und unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung und Anwendung des § 39a Abs 1 (wohl gemeint: § 39 Abs 1, vgl US 7) und Abs 1a StGB nach § 87 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt.

Gemäß §§ 369 Abs 1 iVm 366 Abs 2 StPO wurde der Zweitangeklagte zur ungeteilten Hand mit A* dazu verhalten, dem Privatbeteiligten C* einen Betrag in Höhe von 200 Euro binnen 14 Tagen zu zahlen und der Privatbeteiligte mit seinen darüber hinausgehenden Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat B* am 8. März 2025 in ** in einverständlichen Zusammenwirken mit A* dem C* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StPO) absichtlich zuzufügen versucht, indem sie diesen zunächst schubsten, sodass dieser das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel und sie anschließend den am Boden liegenden mehrere wuchtige Fußtritte gegen den Kopf und den Körper versetzten, wodurch dieser Prellungen, Abschürfungen und eine Rissquetschwunde erlitt.

Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht bei B* den Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, die teilweise Schadensgutmachung (1.500 Euro) und die grundsätzliche Verantwortungsübernahme mildernd, hingegen die zwei einschlägigen Verurteilungen und den raschen Rückfall erschwerend.

Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 5. August 2025, GZ 12 Os 72/25t 4, ist über die rechtzeitig angemeldete (ON 53) und fristgerecht ausgeführte Berufung (ON 60.2), mit der die Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt wird, zu erkennen.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zutreffend erfasst und richtig gewichtet.

Entgegen den Berufungsausführungen kann betreffend die Tathandlung des Zweitangeklagten im Vergleich zu jener des Erstangeklagten weder ein geringerer Handlungsunwert noch ein geringer Erfolgsunwert erblickt werden.

Denn angesichts der Festellungen, wonach der Zweitangeklagte im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Erstangeklagten verurteilt wurde, weil er dem am Boden liegenden Opfer Faustschläge, Fußtritte und auch jeweils mehrere wuchtige Fußtritte gegen den Kopf versetzte, wodurch dieser Prellungen, Abschürfungen und eine Rissquetschwunde erlitt (US 4), kann von einem geringen Handlungsunwert nicht gesprochen werden. Dass die Verletzungen beim Opfer nicht schwer waren, lag lediglich an dem Umstand, dass es dem Opfer gelang schützend seine Hände vor das Gesicht zu halten, wobei das Erstgericht den besonderen Milderungsgrund des Versuches nach § 34 Abs 1 Z 13 StGB ohnehin im ausreichenden Maße in Anschlag brachte.

Was das reklamierte Nachtatverhalten betrifft, weil er sich bei der unmittelbaren Anhaltung durch die Polizei ruhig und kooperativ verhalten habe, ist ihm zu erwidern, dass eine Berücksichtigung des Verhaltens des Täters nach der Tat in § 32 StGB nicht ausdrücklich vorgesehen ist, jedoch § 34 StGB eine Reihe von Gründen, die auf das Nachtatverhalten Bezug nehmen und den Rechtsbrecher bei der Strafzumessung begünstigen, vorsieht. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass sich das Verhalten nach der Tat strafmildernd auswirken kann ( Riffel , WK 2StGB § 32 Rz 37). Zu denken ist dabei etwa typischerweise an nachträgliche Schadensgutmachung, nachträgliche Verzeihung bei Privatanklagedelikten, nachträgliche Abstattung von Unterhaltsrückständen oder ähnliches ( Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 31a Rz 2), nicht jedoch das kooperative Verhalten gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten bei seiner Anhaltung, das der Regelfall sein sollte und bei dem widrigenfalls ohnehin eine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt bzw der Straftatbestand des Widerstandes gegen die Staatsgewalt erfüllt sein kann.

Dem Zweitangeklagten gelingt es daher nicht, weitere Milderungsgründe zur Darstellung zu bringen.

Unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten erweist sich bei objektiver Abwägung der Strafzumessungserwägungen und bei dem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (§ 87 Abs 1 StGB iVm §§ 39 Abs 1 und 39 Abs 1a StGB; RISJustiz RS0133600 [T1]), mit Blick auf den erheblichen Schuld und Unrechtsgehalt sowie den sozialen Störwert der Straftat (RISJustiz RS0090854) die verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren einer Herabsetzung nicht zugänglich, zumal angesichts der drastisch zunehmenden Anzahl von gegen die körperliche Integrität anderer gerichteten Angriffen auch gewichtige generalpräventive Aspekte (Leukauf/Steininger /Tipold, StGB 4 § 32 Rz 9f; Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 32 Rz 7) nicht außer Acht gelassen werden dürfen.