JudikaturOLG Wien

19Bs226/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Dr. Beatrix Hornich, LL.M. in der Strafsache gegen A* und andere wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Beschwerde der B* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 2. September 2025, GZ 130 Bl 42/25b-4 (Punkt 2), den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Verfügung vom 27. Mai 2025 stellte die Staatsanwaltschaft Wien das zu AZ ** gegen A* und andere wegen § 302 Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO ein (dort ON 1.8).

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag der B* auf Fortführung des Verfahrens gegen A* und andere wegen § 302 Abs 1 StGB als unzulässig zurückgewiesen (Punkt 1.) sowie der Antragstellerin gemäß § 196 Abs 2 StPO die Zahlung eines Pauschalkostenbeitrags von 90 Euro aufgetragen (Punkt 2.).

Gegen Punkt 2. richtet sich – unter gleichzeitiger Vorlage ihres Bescheides auf Zuerkennung der Mindestsicherung - die rechtzeitige Beschwerde von B* (ON 5) im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie als subsidiär Schutzberechtigte Mindestsicherung beziehe und ihr angespannte finanzielle Situation es ihr unmöglich mache, Gerichtskosten zu tragen. Darüber hinaus beruft sie sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention, die ihr den Zugang zu einem Gerichtsverfahren ohne finanzielle Belastung garantiere.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde erweist sich als nicht berechtigt.

Wird ein Antrag auf Fortführung zurück- oder abgewiesen, ist dem Antragsteller (zwingend) die Zahlung eines Pauschalkostenbeitrags von 90 Euro aufzutragen (§ 196 Abs 2 zweiter Satz StPO). Haben mehrere Opfer wegen derselben Handlung erfolglos eine Fortführung beantragt, so haften sie für den Pauschalkostenbeitrag zur ungeteilten Hand (§ 196 Abs 2 dritter Satz StPO).

Eine Beschwerde des Fortführungswerbers gegen den betreffenden Ausspruch könnte nur dann berechtigt sein, wenn das Landesgericht (1.) ihn zum Kostenersatz verpflichtet hätte, ohne den Antrag auf Fortführung zurück- oder abgewiesen zu haben, (2.) ihm die Zahlung eines anderen als des gesetzlich vorgesehenen Pauschalkostenbeitrags aufgetragen hätte oder diesen (3.) mehreren Antragstellern, die wegen derselben Handlung erfolglos eine Fortführung begehrt haben, (entgegen § 196 Abs 2 dritter Satz StPO) nicht zur ungeteilten Hand auferlegt hätte, schließlich auch (4.) bei einem Verstoß gegen § 196 Abs 2 vierter Satz StPO oder gegen § 205 zweiter Satz FinStrG (13 Os 113/19w).

Da keiner der genannten Fälle vorliegt und der Fortführungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wurde, entspricht der Auftrag zur Zahlung eines Pauschalkostenbeitrags von 90 Euro dem Gesetz (§ 196 Abs 2 zweiter Satz StPO; Nordmeyer in WK-StPO § 196 Rz 34/1), weshalb der Beschwerde der Erfolg zu versagen ist.

Wenn sich die Beschwerdeführerin auf Art 16 der Genfer Flüchtlingskonvention beruft und den freien und ungehinderten Zugang zu den Gerichten mit genereller Kostenfreiheit für subsidiär Schutzberechtigte in gerichtlichen Verfahren gleichsetzt, verkennt sie bereits den Regelungsinhalt sowie -zweck der Konvention, der in der Gleichstellung der Flüchtlinge mit Staatsangehörigen des Aufenthaltslandes liegt, sodass Flüchtlinge vor Gerichten, insbesondere was den Zugang zum Rechtssystem (keine zusätzlichen Hürden oder Gebühren, die nur für Flüchtlinge gelten) oder auch den Anspruch auf Verfahrenshilfe betrifft, ebenso behandelt werden wie die Staatsangehörigen des Aufenthaltslandes.

Durch Verweis auf § 391 StPO im letzten Satz des § 196 Abs 2 StPO sind die Kosten des Verfahrens vom Ersatzpflichtigen jedoch ohnehin nur insoweit einzutreiben, als dadurch der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, nicht gefährdet wird. Ist nach den im Verfahren hervorgekommenen Umständen mit Grund anzunehmen, dass die Kosten des Verfahrens wegen Mittellosigkeit der Zahlungspflichtigen auch nicht bloß zum Teil hereingebracht werden können, hat das Gericht, soweit tunlich, gleich bei Schöpfung des Erkenntnisses die Kosten für uneinbringlich zu erklären. § 196 Abs 2 StPO sieht jedoch keine Verpflichtung zur unmittelbaren Entscheidung über die Einbringlichkeit schon bei Kostenbestimmung (arg.: „soweit tunlich“) vor.

Soweit B* auf ihr geringes Einkommen verweist, ist ihr zu entgegnen, dass das Beschwerdegericht nicht verhalten ist, sich mit Beschwerdeeinwänden zur Frage der Einbringlichkeit inhaltlich auseinanderzusetzen, noch zu einer amtswegigen Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen hiefür berechtigt ist (RIS-Justiz RS0130103 [T1]).

Das Beschwerdevorbringen, wonach es B* ua wegen ihrer schwierigen finanziellen Lage unmöglich sei, etwas zu zahlen, ist jedoch als Antrag zu qualifizieren, den Pauschalkostenbeitrag im Sinne der §§ 196 Abs 2 letzter Satz, 391 Abs 2 zweiter Satz StPO (nachträglich) für uneinbringlich zu erklären.

Hierüber kommt die Entscheidung dem Landesgericht für Strafsachen Wien – analog § 32 Abs 3 StPO - in Gestalt des Vorsitzenden zu ( Nordmeyer , WK-StPO § 196 Rz 34/1; Lendl, WK-StPO Vor §§ 380–395a Rz 8) – zu (vgl 13 Os 113/19w, auch 13 Os 92/22m).

Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).