17Bs164/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 153 Abs 1, 2 und 3 erster Fall StGB über deren Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. Februar 2025, GZ ** 38.4, nach der am 3. September 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Röggla, im Beisein der Richterin Mag. Schneider Reich und des Richters Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Dr. Lechner, in Anwesenheit der Angeklagten A* sowie ihrer Verteidigerin Mag. Denise Gaiser durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1, 2 und 3 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt.
Gemäß § 20 (richtig:) Abs 3 StGB wurde ein Betrag von EUR 85.000, für verfallen erklärt.
Weiters wurde sie gemäß §§ 366 Abs 2, 369 Abs 1 StPO schuldig erkannt, dem Privatbeteiligten B* C* EUR 85.000, zu zahlen, mit seinen darüber hinausgehenden Ansprüchen wurde dieser auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* im Zeitraum 1. Dezember 2023 bis 30. August 2024 in ** und ** ihre Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch Nachgenannte am Vermögen geschädigt, indem sie die von B* C* und D* C* eingeräumte Zeichnungs- und Verfügungsberechtigung über deren Vermögenssparbuch Nr.: ** und Pensionskonto IBAN ** zweckwidrig – weil entgegen der mündlichen Vereinbarung und daher Verstoß gegen die interne Bindung, die Gelder ausschließlich zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes und Pflege der Genannten zu verwenden – dazu benutzte, das Vermögenssparbuch durch Überweisung von EUR 140.804,43 auf das Pensionskonto nahezu zur Gänze zu leeren, danach Bargeld vom Pensionskonto in Höhe von EUR 49.850,00 zu beheben und weiters in 89 Transaktionen via Online-Banking den Betrag von EUR 127.940,00 vom Pensionskonto auf ihr eigenes Girokonto bei der E* mit der IBAN ** zu transferieren und anschließend einen Betrag von EUR 72.383,38 auf ein weiteres – der Angeklagten zugehöriges - Konto bei der F* mit dem IBAN ** weiterzuleiten, wodurch sie B* und D* C* mit rund EUR 85.000,00 und daher EUR 5.000,00 weit übersteigend am Vermögen schädigte.
Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel der Angeklagten, erschwerend demgegenüber die zahlreichen Angriffe, den langen Tatzeitraum, das mehrfache Überschreiten der Wertgrenze sowie die Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses zu pflegebedürftigen Personen, die ihrer Obhut unterstellt waren.
Den Privatbeteiligtenzuspruch gründete das Erstgericht auf den festgestellten Sachverhalt in der Höhe des von der Angeklagten verursachten Schadens für die Opfer.
Rechtliche Beurteilung
Nach Zurückweisung der von der Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli 2025, AZ 11 Os 58/25a 4 (ON 46), ist vorliegend über ihre Berufung (ON 42) zu entscheiden, mit welcher sie eine schuld und tatangemessene Herabsetzung der Freiheitsstrafe, ein Absehen vom Verfall und die Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg beantragt, der keine Berechtigung zukommt.
Zur Berufung wegen Strafe:
Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet und ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 32 StGB sowie spezial und generalpräventiver Aspekte ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu einer angesichts des massiven Überwiegens der Erschwerungsgründe als äußerst milde anzusehenden und darüber hinaus bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe gelangt, die einer Reduktion nicht zugänglich ist. Insoweit die Angeklagte vorbringt, sie habe den Wert der Liegenschaft der Familie C* erheblich erhöht, zumal die Ausgaben zugunsten der Familie C* erfolgt seien, entfernt sie sich vom rechtskräftigen Schuldspruch und den diesen tragenden Feststellungen. Demnach kam die Angeklagte über ihren Mann, der bei den Opfern B* und D* C* Arbeiten in Haus und Garten verrichtete, zu einer Anstellung als Haushaltshilfe und Pflegerin des gesundheitlich stark eingeschränkten Ehepaares (-B* C* leidet an Multipler Sklerose und ist an den Rollstuhl angewiesen und seine Gattin D* leidet an Demenz-), für welche Tätigkeit sich die Angeklagte rund EUR 3.500,-- pro Monat überwies. Aufgrund des langen Vertrauensverhältnisses übertrug das Ehepaar der Angeklagten irgendwann auch die Besorgung ihrer finanzieller Angelegenheiten und erteilte ihr eine Zeichnungsberechtigung für das Pensionskonto und das Vermögenssparbuch und vereinbarte, dass die Angeklagte mit ihrer Familie in das Obergeschoß des Einfamilienhauses der C*s ziehen solle, weshalb dort auch vom Ehegatten der Angeklagten und seinen Freunden und Bekannten Umbauarbeiten in Eigenregie durchgeführt wurden, deren Materialkosten und Kosten für Professionisten auch vom Ehepaar C* bezahlt wurden. Weiters war vereinbart, dass die Angeklagte die ihr über die Konten eingeräumte Verfügungsberechtigung nur dazu verwenden durfte, den angemessenen Lebensunterhalt und die Pflege der Opfer sicherzustellen bzw ausdrücklich vereinbarte Aufwendungen zu tätigen. Entgegen dieser Vereinbarungen überwies die Angeklagte ohne Wissen der Familie C* von Dezember 2023 bis August 2024 beinahe die gesamten Ersparnisse des Vermögenssparbuchs von über EUR 140.000, auf das Pensionskonto und von diesem wiederum fast EUR 128.000, auf ihr Konto bzw auf ein weiteres ihr zuzurechnendes Konto und behob bei Selbstbedienungsautomaten und Bankomaten weitere beinahe EUR 50.000, . Das Erstgericht errechnete den Schaden unter Abzug von EUR 25.000,-- an Lebenserhaltungskosten der Opfer, EUR 40.000, für den Umbau des Obergeschoßes und die Renovierungsarbeiten sowie des monatlichen Lohns der Angeklagten in Höhe von gesamt EUR 32.000,-- und weiterer Beträge für Gas, Strom, Wohnbauförderung, Handyzahlungen, Versicherungen, Einkäufe etc von EUR 17.000,--, dies vom Gesamtumsatz des Pensionskontos von EUR 199.000,--, sodass lediglich ein Schadensbetrag von EUR 85.000, verblieb. Inwieweit der Wert der Liegenschaft der Familie C* erhöht worden sein soll, ist nicht nachvollziehbar, ebensowenig dass alle Ausgaben zugunsten der Opfer erfolgt seien.
Auch der von der Angeklagten ins Treffen geführte Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 9 StGB ist nicht gegeben, denn eine günstige Tatgelegenheit genügt nicht, sie muss objektiv gesehen besonders verlockend sein. Das ist nach der Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn die Umstände die Tatbegehung in einem solchen Maße nahelegen, dass ihnen auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte ( Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 22 mwN). Worin diese besonders verlockende Gelegenheit angesichts eines Tatzeitraums von neun Monaten und einer Anzahl von rund 90 Angriffen zum Nachteil eines pflegebedürftigen Ehepaares, zu dem jahrelang ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde, besteht, vermag die Berufung nicht darzustellen, insbesondere ist nicht erkennbar, warum mildernd sein soll, dass sich die Angeklagte um die Belange der Familie C* gekümmert habe, zumal sie dies auch mit über EUR 3.500, pro Monat vergütet bekam.
Zur Berufung betreffend den ausgesprochenen Verfall:
Vom Erstgericht wurde ausführlich und nachvollziehbar dargestellt, wie sich der Betrag von EUR 85.000, errechnet und dass es sich dabei um den Betrag handelt, den die Angeklagte durch die Tat erlangt hat und zumal die Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sindder Geldbetrag den erlangten Vermögenswerten entspricht. Wie der Oberste Gerichtshof bereits zur Sanktionsrüge festhielt besteht an der Zuordnung des Aus-spruchs des Verfalls zur – einzigen – Angeklagten als der von ihm betroffenen Person nach dem Urteilsinhalt kein Zweifel. Die weitere Behauptung eines unbestimmten Verfallsbetrages ist angesichts der Nennung eines konkreten Betrags im Verfallsausspruch unverständlich. Ein Unterbleiben des Verfalls im Sinne des § 20a Abs 3 StGB käme im Übrigen nur in Frage, soweit der für verfallen zu erklärende Vermögenswert oder die Aussicht auf dessen Einbringung außer Verhältnis zum Verfahrensaufwand stünden, den der Verfall oder die Einbringung erfordern würde, was fallkonkret nicht gegeben ist.
Zur Berufung gegen den Privatbeteiligtenzuspruch:
Unverständlich ist die Argumentation der Angeklagten, dass es sich bei dem Geld um jenes von B* und D* C* handle, der Zuspruch aber nur an B* C* erfolgt sei. Denn B* C* ist Inhaber des Pensionskontos, beide Eheleute jene des Vermögenssparbuchs (siehe ON 9), das Guthaben steht somit im Miteigentum beider („zur ungeteilten Hand“) und schloss sich eben nur B* C* (siehe ON 37) als Privatbeteiligter an, sodass der Zuspruch an ihn in voller Schadenshöhe zurecht erfolgte. Das Erstgericht stellte wie bereits oben dargelegt die konstatierte Schadenssumme einwandfrei fest und begründete dies ausführlich (unter Hinweis auf zB ON 22.2), sodass der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen war.