21Bs260/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat am 22. August 2025 durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Frigo und den Richter Mag. Trebuch als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. November 2024, GZ **62.5, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss gemäß § 494a StPO auf Verlängerung von Probezeiten, in der in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und des Verteidigers Dr. Rudolf Mayer durchgeführten öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
2. den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenenauch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche eines Mitangeklagten und Verweise der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg enthaltenden - Urteil wurde der am ** in ** geborene, und zur Tatzeit 20-jährige österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt und unter Anwendung des § 36 StGB (wohl gemeint: § 19 Abs 4 Z 2 JGG) nach § 202 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Unter einem fasste das Erstgericht den Beschluss, gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 1 und 3 StGB vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Februar 2021, rechtskräftig seit 29. September 2021, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht sowie vom Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. März 2023, AZ **, gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeit jeweils auf fünf Jahre zu verlängern.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 27. August 2023 in **, außer den Fällen des § 201 StGB B* mit Gewalt zur Vornahme bzw Duldung einer geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er sie am Arm packte und ihre Hand in Richtung seines Penis zerrte, wobei sein Vorhaben aufgrund der Gegenwehr der B* misslang.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht mildernd, dass es beim Versuch geblieben war und die Tatbegehung unter 21 Jahren, hingegen erschwerend die einschlägige Vorstrafe.
Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigte das Schöffengericht schuldaggravierend die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 2. Juli 2025, GZ 13 Os 33/25i 4, ist über die rechtzeitig angemeldete (ON 65) und fristgerecht ausgeführte Berufung des Angeklagten (ON 79.2), mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie deren teilweise bzw gänzlich bedingte Strafnachsicht anstrebt, zu erkennen.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Zunächst sind die vom Erstgericht aufgelisteten Strafzumessungsgründe dahingehend zu ergänzen, dass zusätzlich der Erschwerungsgrund des raschen Rückfalls vorliegt. Von einem raschen Rückfall spricht man bei erneuter Straffälligkeit innerhalb eines Jahres. Es ist nicht erforderlich, dass die Vorstrafe verbüßt, sondern nur, dass sie rechtskräftig ausgesprochen ist ( Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 33 Rz 3, Riffel, WK 2StGB § 33 Rz 11).
Da der Berufungswerber zuletzt mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Februar 2021, rechtskräftig seit 29. September 2021, zu AZ ** verurteilt wurde und aus dem unbedingten Teil der Freiheitsstrafe am 23. Mai 2023 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung von Bewährungshilfe bedingt entlassen wurde und gegenständliche Tat am 27. August 2023 verübte, liegt ein überaus rascher Rückfall vor, welcher neben der einschlägigen Vorstrafe als erschwerend gewertet werden kann (Leukauf/Steininger, Tipold, StGB 4 § 33 Rz 14b).
Nicht nachvollziehbar erweist sich angesichts dieser Umstände daher auch das Vorbringen, dass der Angeklagte zwischen der Tatbegehung im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien ** am 12. Mai 2020 und der nunmehrigen Tatbegehung am 23. August 2023, sohin mehr als drei Jahre, einen positiven Lebenslauf aufweise, weil er bis heute die Termine bei der Bewährungshelferin Mag. C*, beim Verein D* bzw E* eingehalten habe und auch einer Beschäftigung nachgegangen sei, da zumal er sich bis 23. Mai 2023 in Haft befunden hat, und es beim Wechsel der Therapieeinrichtung überdies zu einer Unterbrechung der Therapie von zehn Monaten gekommen ist. Einen weiteren Milderungsgrund bringt er mit dem bezughabenden Vorbringen somit nicht zur Darstellung.
Angesichts der zum Nachteil des Angeklagten ergänzten Erschwerungsgründe sowie unter Berücksichtigung, dass das Ausmaß der verhängten Strafe in einer realistischen Relation zum Unrechts und Schuldgehalt der konkreten Tat stehen muss (RISJustiz RS0090854) erweist sich die vom Schöffengericht ausgemittelte Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die nicht einmal die Hälfte der Strafobergrenze ausschöpft, angesichts des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe keiner Korrektur zum Vorteil des Angeklagten zugänglich.
Gegen eine Herabsetzung sprechen nämlich erhebliche spezialpräventive Erwägungen, vor allem seine einschlägige Vorstrafe und der Umstand, dass ihn auch die Rechtswohltat der bedingten Entlassung samt Anordnung von Bewährungshilfe nicht vor einen Rückfall in einschlägige Delinquenz bewahrt hat. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten erscheint daher der Vollzug einer zweijährigen Freiheitsstrafe dringend geboten, um eine dauerhaft abhaltende Wirkung auf den Angeklagten, der eine verfestigte Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft, insbesondere gegenüber der körperlichen Integrität und sexuellen Selbstbestimmung hat, zu erzielen.
Ebensowenig wie der Forderung des Berufungswerbers auf Verkürzung der Sanktion kann seinem Begehren auf eine (teil ) bedingte Strafnachsicht Erfolg beschieden sein, zumal die ihm im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ ** gewährte Rechtswohltat der teilbedingten Strafnachsicht beim Angeklagten keinerlei verhaltenssteuernde Wirkung zu entfalten vermochte. Vielmehr wurde er innerhalb offener Probezeit im raschen Rückfall neuerlich einschlägig straffällig, weshalb weder eine gänzlich bedingte noch eine teilbedingte Strafnachsicht in Betracht kommt.
Schließlich ist auch der implizierten Beschwerde (498 Abs 3 StPO) des Angeklagten gegen den Beschluss auf Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre zur Verurteilung des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Februar 2021, rechtskräftig seit 29. September 2021, AZ **, sowie zur bedingten Entlassung mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. März 2023 zu AZ **, kein Erfolg beschieden.
Der Umstand, dass der Angeklagte innerhalb offener Probezeit nach bedingter Entlassung neuerlich im raschen Rückfall einschlägig delinquierte, worin sich dessen Charakterdefizit zeigt, gebietet jedenfalls die Verlängerungen der vom Schöffengericht ausgesprochenen dreijährigen Probezeiten auf jeweils fünf Jahre, um eine möglichst große Zeitspanne nach der Haftentlassung verhaltenssteuernd auf A* einwirken zu können und im unerwünschten Fall der Beibehaltung seines rechtlich geschützte Werte missachteten Lebenswandels eine Handhabe für den allenfalls angezeigten Widerruf zu haben.
Der Berufung und der implizierten Beschwerde war daher jeweils ein Erfolg zu versagen.