17Bs201/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen § 302 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Ing. B* (ON 379) gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 9. Juli 2025, GZ C*-253, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird gemäß § 89 Abs 2 StPO als verspätet zurückgewiesen .
Text
Begründung:
Gegen den seit über zwei Jahren suspendierten Polizeibeamten A* liegt eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 7. Februar 2025, AZ **, GZ C*-82 des Landesgerichts Wiener Neustadt, wegen § 302 Abs 1 StGB (Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt in hunderten Fällen großteils im Zusammenhang mit manipulierten Organstrafverfügungen bzw deren Durchschlägen) vor.
Der Vorsitzende schrieb die Hauptverhandlung (HV) am 28. Februar 2025 beginnend mit 4. April 2025 aus (siehe ON 1.64). Diese fand am 4. April 2025 (ON 99), am 6. Mai 2025 (ON 117), am 5. Juni 2025 (ON 173), am 10. Juni 2025 (ON 186), am 30. Juni 2025 (ON 242), am 3. Juli 2025 (ON 246), am 10. Juli 2025 (ON 276), am 7. August 2025 (ON 350) und am 19. August 2025 (ON 386) statt, in welcher der Angeklagte nicht rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt wurde. Aufgrund der Verantwortung des Angeklagten und seinen Anträgen entsprechend hatte der Vorsitzende hiezu hunderte Zeugen zu laden und zu vernehmen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde gemäß § 242 Abs 3 StPO über den zur HV am 3. Juli 2025 unentschuldigt nicht erschienenen Zeugen Ing. B*, dem die Ladung am 2. Juni 2025 persönlich zugestellt worden war, eine Geldstrafe von EUR 200,00 verhängt, weil er weder eine Entschuldigung für sein Fernbleiben an das Gericht übermittelt noch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis nachgewiesen habe, welches ihn von der Teilnahme an der Hauptverhandlung abgehalten hätte.
Der Beschluss enthielt die (korrekte) Rechtsmittelbelehrung, dass der Zeuge binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr eine Beschwerde einbringen könne. Weiters, dass wenn er bescheinigen könne, dass ihm die Ladung zur HV nicht ordnungsgemäß zugestellt oder er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis von der Teilnahme an der HV abgehalten worden sei, die Geldstrafe nachzusehen sei und dass vom Gericht eine Milderung der Strafe ausgesprochen werden könne, wenn er bescheinige, dass die Höhe der Strafe unverhältnismäßig sei (§ 243 Abs 2 StPO). Dieser sowie eine neuerliche Ladung für den 19. August 2025 (siehe OPN 1.127) wurden ihm durch Hinterlegung am 18. Juli 2025 zugestellt, von ihm aber erst am 5. August 2025 behoben.
Am 18. August 2025 langte beim Erstgericht eine Beschwerde und Entschuldigung des Ing. B* ein (ON 379), der gesundheitliche Probleme bei heißem Wetter aufgrund einer Diabetes-Erkrankung einhergehend mit einem niederen Blutdruck vorbringt und dazu eine Überweisung seines Hausarztes an einen Internisten vom 25. Juni 2025 vorlegt.
Rechtliche Beurteilung
Über die Beschwerde entscheidet der Vorsitzende, wenn er die Ordnungsstrafe nachzusehen oder zu mildern beabsichtigt; gibt er ihr nicht zur Gänze Folge, kommt es zu einer weiteren Beschwerdeentscheidung durch das Oberlandesgericht. Eine ausdrückliche Negativentscheidung des Vorsitzenden ist nicht erforderlich, vielmehr stellt er durch die Vorlage an das Beschwerdegericht ohne Vorerledigung klar, dass er die Prüfung iSd Abs 2 vorgenommen und keinen Grund für eine Nachsicht oder Milderung gesehen hat (siehe zu alldem Danek/Mann in WK-StPO § 243 Rz 1, 2 und 9 mwN).
Der Vorsitzende hat in einem Aktenvermerk vom 19. August 2025 (ON 1.155) festgehalten, nicht nach § 243 Abs 2 StPO vorzugehen, weil keine unvorhergesehenen und unabwendbaren Hindernisse bescheinigt worden seien und die Geldstrafe ohnehin moderat mit EUR 200,00 ausgemessen worden sei, und die Beschwerde dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde des Ing. B* erweist sich als verspätet, weil Beschwerden binnen 14 Tagen ab Bekanntmachung schriftlich oder auf elektronischem Weg bei Gericht einzubringen oder im Fall der mündlichen Verkündung zu Protokoll zu geben sind (§ 88 Abs 1 StPO). Soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird, gilt für die Berechnung der in der StPO normierten Fristen Folgendes:
1. Fristen können nicht verlängert werden,
2. Tage des Postlaufs sind in die Frist nicht einzurechnen,
3. der Tag, von dem ab die Frist zu laufen hat, zählt nicht,
4. nach Stunden bestimmte Fristen sind von Moment zu Moment zu berechnen,
5. Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage und der Karfreitag sind ohne Einfluss auf Beginn und Lauf einer Frist; endet die Frist an einem solchen Tag, so gilt der nächste Werktag als letzter Tag der Frist (§ 84 Abs 1 StPO).
Gemäß § 82 Abs 1 StPO gilt für Zustellungen das Zustellgesetz, dessen § 17 normiert, dass das Dokument, wenn der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, bei der zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen ist. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, außer wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird diese Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Die Frist begann demnach am 19. Juli 2025 um 00.00 Uhr zu laufen und endete am 1. August um 24.00 Uhr, die erst am 18. August 2025 eingebrachte Beschwerde erweist sich somit als verspätet.
Im Übrigen wäre der Beschwerde aber auch sonst kein Erfolg beschieden gewesen, enthält diese doch kein taugliches Beschwerdevorbringen.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.