JudikaturOLG Wien

21Bs237/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Juni 2025, GZ **-13, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit eine wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2, Abs 4 erster und zweiter Fall StGB nach § 28a Abs 4 SMG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren bei einem urteilsmäßigen Strafende am 29. April 2027. Die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB lagen mit 29. Oktober 2024 vor, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 29. August 2025 verbüßt haben (ON 4, 2).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht (§ 152 Abs 1 Z 2 StVG) die bedingte Entlassung des A* zum Zwei-Drittel-Stichtag aus entgegenstehenden spezialpräventiven Gründen ebenso ab wie den Antrag auf Durchführung einer Anhörung(ON 13).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nach Entscheidungsverkündung angemeldete, jedoch nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 14.2), der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).

Gemäß § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nach Verbüßung von zwei Dritteln spielen generalpräventive Erwägungen keine Rolle mehr ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 17).

Wenn auch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall sein und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), stehen im hier zu beurteilenden Fall spezialpräventive Gründe der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers unüberwindlich entgegen:

Der in Vollzug stehenden Verurteilung liegt zusammengefasst zugrunde, dass A* als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB) beinahe 5 kg Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 33,2% Cocain, mithin Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, einem anderen Vereinigungsmitglied zwecks In-Verkehr-Setzen überließ und überdies in Bezug auf 70.000,- Euro Bargeld, das aus kriminellen Tätigkeiten, nämlich Verbrechen nach dem SMG, herrührte, Geldwäsche durch Transport nach Serbien und Übergabe an Vereinigungsmitglieder, betrieb (ON 12.1 und 2; VJ-Einsicht in Urteil ON 76 zu **).

Abgesehen von dieser Verurteilung weist A* unter seinem früheren Nachnamen B* zwei weitere, je einschlägige und nicht unerhebliche Vorstrafen in Deutschland auf: Am 4. April 2013 wurde er wegen Diebstahls in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl und mit Sachbeschädigung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und fünf Monaten bei dreijähriger Probezeit verurteilt. Am 11. November 2016 erfolgte eine Verurteilung wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls, schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und unter einem der Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht. Die beiden Freiheitsstrafen wurden zumindest von 8. März 2015 bis 28. Mai 2018 vollzogen (ON 12.1, 3 sowie VJ-Einsicht in Hv-Protokoll ON 75, 2 und Urteil ON 76, 4 zu **).

Aus der Stellungnahme des psychologischen Dienstes der Justizanstalt Stein vom 8. April 2025 (ON 8) ergibt sich, dass die Deutschkenntnisse des Strafgefangenen aktuell für eine Therapie nicht ausreichen würden. Die verurteilten Tathandlungen würden – ebenso wie die Vorstrafen und die frühere Haft – in Abrede gestellt („Ich sitze gratis“). Obwohl er zuletzt „Probleme mit Drogen“ gänzlich verneint habe (ON 8, 1), legte er dem Psychologischen Dienst eine Therapiebestätigung für eine sechsmonatige stationäre Therapie sowie weiters eine Arbeitsplatzzusage je in ** vor (ON 8, 2).

Die Anstaltsleitung attestierte dem Strafgefangenen hausordnungsgemäße Führung (siehe auch ON 6), sprach sich jedoch unter Verweis auf das getrübte Vorleben gegen eine bedingte Entlassung aus (ON 10).

Ausgehend davon hat das Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* zutreffend abgelehnt. Denn die deliktsuneinsichtige Haltung des Strafgefangenen - auch noch nach beträchtlicher Dauer des Strafvollzugs –, die einer Therapie entgegenstehenden mangelnden Deutschkenntnisse und das gravierend getrübte Vorleben des Strafgefangenen, dem bereits ein Mal die Rechtswohltat bedingter Strafnachsicht zugute kam und der ungeachtet dessen sowie eines bereits erfolgten, langjährigen Strafvollzugs, seine kriminelle Energie von Verurteilung zu Verurteilung steigerte, was in der zweifelsohne dem Bereich Schwerkriminalität zuzuordnenden Anlassverurteilung gipfelte, lassen derzeit nicht erwarten, dass eine bedingte Entlassung selbst unter Auferlegung von Maßnahmen im Sinne der §§ 50 bis 52 StGB geeigneter wäre, ihn vor weiterer Straffälligkeit abzuhalten, als der weitere Strafvollzug. Vielmehr lässt sich aus diesen Umständen gerade das vom Gesetzgeber als Ausnahmefall vorgesehene evidente Rückfallrisiko ableiten, dass einer bedingten Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag unüberwindbar entgegensteht. An dieser Einschätzung vermag auch eine allfällige Arbeitstägikeit oder eine Suchttherpie nichts zu ändern, zumal die Wirksamkeit bzw Sinnhaftigkeit einer Therapie schon insofern anzuzweifeln ist, als der Strafgefangene selbst Drogenprobleme gänzlich in Abrede stellt. Zudem wird auf die Möglichkeit einer Entwöhnungsbehandlung in Strafhaft nach § 68a StVG hingewiesen.

Eine Anhörung konnte zu Recht unterbleiben, weil eine solche bereits im Rahmen der Entscheidung über die bedingte Entlassung nach Hälfte der Strafzeit zu AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau (ON 11 im Akt **) über Antrag des Beschwerdeführers (ON 2 im genannten Akt) stattfand, das Recht, seine Anhörung zu verlangen, (nur) einmal zusteht ( Pieber in WK 2StVG § 152a) und eine Anhörung nicht zweckmäßig war, weil nach der Aktenlage nicht anzunehmen war, dass dies die Entscheidungsgrundlagen wesentlich zu Gunsten des Strafgefangenen verbessert hätte (vgl Pieber, aaO § 152a Rz 1 mwN; OLG Graz, 10 Bs 142/25w, 9 Bs 123/23s, 10 Bs 343/22z).

Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).