JudikaturOLG Wien

32Bs124/25g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A*über dessen Beschwerde gegen den Bescheid der Generaldirektion beim Bundesministerium für Justiz vom 6. März 2025, GZ **, nach § 121b Abs 2 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Generaldirektion zurückverwiesen.

Text

Begründung

A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von sechs Jahren und sechs Monaten mit urteilsmäßigem Strafende am 1. März 2029.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Generaldirektion seinem Ansuchen um Änderung des Vollzugsorts in die Justizanstalt Hirtenberg (ON 1) nicht Folge.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Hinblick auf die Auslastung der Justizanstalt Hirtenberg von 102,43 % und 32 offene Überstellungen (bewilligte Strafvollzugsortsänderungen und Klassifizierungen, die noch nicht überstellt wurden) dem Ansuchen nicht Folge gegeben werden könne.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*. Soweit inhaltlich fassbar, moniert er, in der Justizanstalt Hirtenberg höhere Chancen auf eine Entlassung nach § 133a StVG zu haben als in der Justizanstalt *, weil alle Gefängnisse in Österreich eigene Regeln hätten. In Hirtenberg könne er eine zwei Drittel Entlassung bekommen und in der Außenstelle arbeiten. Wenn die Überstellung nicht erfolgen könne, wolle er auf eine Warteliste. Es lohne sich für Österreich und seine Steuerzahler mehr, wenn er in der Außenstelle arbeite und früher entlassen und abgeschoben werde, als wenn er die ganze Strafe absitzen müsse. Er wolle nach Hirtenberg und werde nach einer Ablehnung wieder schreiben, egal wie die Antwort ausfalle.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid des Bundesministeriums für Justiz.

Gemäß § 10 Abs 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen als der nach § 9 StVG zuständigen Anstalt anzuordnen, wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzugs (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzugs zweckmäßig ist (Z 1) oder wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzugs entgegenstehen (Z 2).

Darüber hinaus hat das Bundesministerium bei der Bestimmung der Strafvollzugsanstalt auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der Straftat, deren er schuldig erkannt worden ist, insoweit Bedacht zu nehmen, als es erforderlich ist, um die Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs unter bestmöglicher Ausnützung der Vollzugseinrichtungen zu gewährleisten (§ 134 Abs 2 StVG). Überdies ist eine Strafvollzugsortsänderung nur dann zulässig, wenn dadurch die Resozialisierung des Strafgefangenen gefördert wird und gleichzeitig weder die zweckmäßige Auslastung der Vollzugseinrichtungen noch Sicherheitsbedenken dagegen sprechen. Hier sind die Gründe nicht gegeneinander abzuwägen, sondern bereits ein dagegen sprechender Grund schließt eine Strafvollzugsortsänderung aus (Erkenntnisse des VwGH vom 24. Juni 2004, 2003/20/0275 und vom 22. Juli 2004, 2001/20/0666; OLG Wien 33 Bs 64/15a).

Die mit dem angestrebten Wechsel verbundene Änderung des zuständigen Vollzugsgerichts ist daher kein Anlass für eine Vollzugsortsänderung (vgl auch AZ 32 Bs 288/23x).

Allerdings vermag auch die Argumentation der Generaldirektion mit der Auslastung der Anstalten nicht zu überzeugen, weil sich aus der Belagsübersicht der Integrierten Vollzugsverwaltung vom 6. März 2025 ergibt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der Generaldirektion im – hier interessierenden - Normalvollzug der Männer die Justizanstalt Hirtenberg mit 109,81 % etwas geringer ausgelastet war als die Justizanstalt * mit 110,02 %. Soweit hier 32 offene Überstellungen in die Justizanstalt Hirtenberg ins Treffen geführt werden, bleibt die Begründung ohne Substrat, weil nicht angeführt wird, ob und allenfalls wieviele Überstellungen in die Justizanstalt * offen sind.

Nachdem auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Vollzugssenats die Auslastung der in Rede stehenden Anstalten im Normalvollzug der Männer (Hirtenberg 105,61% und * 110,02%) der angestrebten Vollzugsortsänderung nicht entgegensteht und von der Generaldirektion andere Gründe für die Ablehnung der beantragten Vollzugsortsänderung (etwa: Vollzugszwecke, Resozialisierung, Sicherheitsbedenken) nicht benannt werden, erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht hinreichend begründet (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 7).

Ergänzend bleibt für das fortgesetzte Verfahren anzumerken, dass bei einer neuerlichen Argumentation mit der Auslastung der Anstalten und offenen Überstellungen, die offenen Überstellungen und Auslastungszahlen aller in Rede stehenden Anstalten anzuführen wären.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.