18Bs173/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 28. Mai 2025, GZ **-18, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene iranische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt ** eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. August 2021, rechtskräftig am selben Tag, AZ B*, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3, Abs 3 [zu ergänzen: zweiter Fall] SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Abs 2 Z 1 StGB und des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§ 125 StGB) StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten sowie eine eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Dezember 2023, rechtskräftig am selben Tag, AZ C*, wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten.
Das errechnete Strafende fällt auf den 22. Mai 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 6. Jänner 2025 vor, jene nach 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 22. Juni 2025.
Nachdem das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht mit Beschluss vom 3. April 2025 (ON 12.1, 2; ON 12.3) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen gemäß § 46 Abs 1 StGB in Verbindung mit § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 22. Juni 2025 unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit und Erteilung einer Weisung bewilligt und das Oberlandesgericht Wien mit Entscheidung vom 12. Mai 2025, AZ 18 Bs 102/25v, der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Folge gegeben, den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen hatte (ON 15.1), lehnte das Vollzugsgericht mit dem angefochtenen Beschluss (ON 18) – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) - die bedingte Entlassung des A* aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Beschluss vom 28. Mai 2025 (ON 18) richtet sich die unmittelbar nach Zustellung erhobene (ON 20, 1), unausgeführt gebliebene Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg.cit. darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw. ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Hat der Verurteilte eine Tat unter Einfluss einer Therapiebedürftigkeit indizierenden Besonderheit begangen, kommt der Bereitschaft, eine bereits während der Haft begonnene Behandlung auch in Freiheit fortzusetzen, bei der Prognoseentscheidung gewichtige Bedeutung zu. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper, WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen.
Wenngleich die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein soll, steht dieser jedoch beim Beschwerdeführer nach wie vor ein die Ausnahme dazu darstellendes evidentes Rückfallrisiko ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17) unüberwindbar entgegen.
Dazu ist zu erwägen, dass die Strafregisterauskunft des Beschwerdeführers (ON 4) die beiden in Vollzug stehenden Verurteilungen wegen Suchtgiftdelinquenz aufweist.
Dem Strafgefangenen wurden in beiden Verfahren Resozialisierungschancen in Form von Strafaufschub nach § 39 Abs 1 Z 1 SMG gewährt.
Im Verfahren zu AZ B* des Landesgerichts für Strafsachen Wien wurde bereits im Gutachten der Sachverständigen Mag. D* festgehalten, dass die Erfolgsaussichten einer gesundheitsbezogenen Maßnahme nicht gut, aber ausreichend seien und eine Therapie notwendig sei (ON 74 AS 16 im angeführten Akt). Der Therapieantritt erfolgte am 30. September 2021, der erste Abbruch bereits am 6. Oktober 2021, der Verurteilte absolvierte die stationäre Therapie darüber hinaus vom 23. Februar 2022 bis 24. Februar 2022, vom 10. August 2022 bis 17. August 2022, vom 30. November 2022 bis 23. Februar 2023 und vom 24. Mai 2023 bis 31. Mai 2023 (ON 85, ON 87, ON 99, ON 100, ON 114, ON 115, ON 122, ON 127 und ON 134 im angeführten Akt).
Die der Verurteilung im Verfahren zu AZ C* des Landesgerichts für Strafsachen Wien zugrunde liegenden Tathandlungen beging der Strafgefangene während des offenen Strafaufschubs nach § 39 Abs 1 SMG zur ersten Verurteilung (ON 7, 3). Ihm wurde - bei von der Sachverständigen attestierter ungünstiger Prognose, aber nicht offenbarer Aussichtslosigkeit (ON 74.2, 21 im angeführten Akt) - neuerlich Strafaufschub nach § 39 Abs 1 SMG gewährt. Der Verurteilte wurde am 8. Februar 2024 in der Therapieeinrichtung aufgenommen und brach die Therapie noch am selben Tag ab (ON 100 im angeführten Akt).
Darin manifestiert sich eine nicht unbeträchtliche kriminelle Energie und eine deutliche Negativeinstellung des Beschwerdeführers gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft. Zudem ist seine Führung in der Justizanstalt durch eine Ordnungswidrigkeit am 7. Mai 2025, also während anhängigen Verfahrens zur Entscheidung über seine bedingte Entlassung, getrübt, weil er im Zuge eines Drogenharntests gemäß § 102a StVG einen positiven Wert auf Amphetamine-AMP aufwies (siehe ON 17).
Nach der Stellungnahme des psychologischen Dienstes der Justizanstalt ** vom 19. Mai 2025 (ON 16) sei der Strafgefangene am 9. September 2024 zur internen Suchteinzeltherapie zugewiesen worden und nehme diese seither in Anspruch. Eine Bearbeitung seiner Sucht sei kaum bzw. schleppend möglich, die Gespräche beziehen sich - wenngleich er sich diesbezüglich mitteilsam zeigt - auf medizinische Aspekte oder Beschwerden über den Vollzug. Er zeige sich auch sein bisheriges (delinquentes) Handeln betreffend schuldexternalisierend, weiters seien anhand der Unterlagen Hinweise auf einen verantwortungslos-dissozialen Lebensstil fassbar. Eine Scheinanpassung zum eigenen Vorteil bedacht könne nicht ausgeschlossen werden, weil er sich gegenüber dem Personal oberflächlich compliant zeige, sein bisheriger Lebensstil und sein Vorgehen letztlich eine ernste Bereitschaft zur Änderung wenig erkennen lassen. Festzuhalten sei weiters, dass er Anfang Mai Drogen konsumiert habe, worüber eine Meldung vorliege. Es sei daher derzeit aus klinisch-psychologischer Sicht nicht auszuschließen, dass er zwar eine weiterführende Therapie, wie aktuell hierorts, in Anspruch nehme, allerdings bei gegebener Haltung und der Hinweise auf diverse Verantwortungslosigkeiten sowie das opportunistisch-anmutende Agieren zum eigenen Vorteil bedacht, diese wenig intrinsisch motiviert und nachhaltig sein könnte und eine erneute Delinquenz dahingehend dann ebenso wahrscheinlich scheine.
Nicht zu kritisierend kam das Erstgericht sohin zur Ablehnung der bedingten Entlassung des Strafgefangenen wegen spezialpräventiver Umstände, gelegen in den Verurteilungen und der bisherigen Resozialisierungsresistenz. Daraus resultierend bestehen weiterhin geringe Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit, sodass sich eine bedingte Entlassung somit als weniger geeignet erweist, den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten als der weitere Vollzug der Freiheitsstrafe. Umstände, die für eine positive Verhaltensprognose streiten und das dargestellte negative Persönlichkeitsprofil entkräften könnten, vermochte der Strafgefangene nicht darzustellen.Denn seine Erklärungen, er sei mit der Weisung zu einer Therapie einverstanden (ON 12.1, 2), er habe seine Therapie mangels einer Krankenversicherung abbrechen müssen (ON 2, 1), er verfüge über eine Wohnmöglichkeit und sein neuerlicher Hinweis auf seinen Gesundheitszustand (ON 19), bieten nicht hinreichend Gewähr dafür, dass er keine weiteren Suchtgiftdelikte begehen werde. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit schon ausgereicht hat, um dem Delinquenten das Unrecht seiner Taten ausreichend vor Augen zu führen und ihn zu einem hinkünftig deliktsfreien Lebenswandel zu veranlassen, woran auch die Möglichkeit allfälliger Begleitmaßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB (auch eine mögliche Therapieweisung stellt trotz Therapiebedürftigkeit keine geeignete Maßnahme dar) nichts ändert.
Da der angefochtene Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.