21Bs166/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Frigo in der Strafsache gegen A*wegen § 106 Abs 1 Z 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. April 2025, GZ * 124, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird Folgegegeben und der beim Bund gemäß § 393a Abs 1 StPO zu leistende Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* auf 6.000, Euro herabgesetzt.
Begründung:
Text
Die Staatsanwaltschaft Graz führte gegen A* seit 17. August 2022 ein Ermittlungsverfahren (zunächst) wegen der Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278a StGB und der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB sowie wegen der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Verbrechen der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 3 StGB.
Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen §§ 278b Abs 2; 278a StGB (ON 107), erhob die Staatsanwaltschaft Graz am 5. Februar 2025 beim Landesgericht für Strafsachen Wien Strafantrag wegen § 106 Abs 1 Z 3 StGB und § 105 Abs 1 StGB (ON 114).
Mit dem am 17. April 2025 in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ * wurde A* vom Vorwurf der Verbrechen der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 3 StGB und der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 120.2).
Mit Antrag vom 17. April 2025 begehrte A* unter Vorlage einer Leistungsaufstellung in Höhe von 39.502,11 Euro (darin enthalten 50% Erfolgszuschlag gemäß § 12 AHK in Höhe von 10.972,81 und 20% USt) den Zuspruch eines Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung gemäß § 196a Abs 2 StPO in Höhe von 16.000, Euro (ON 122).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 124) bestimmte die Erstrichterin den gemäß § 393a StPO vom Bund zu tragenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des Freigesprochenen mit insgesamt EUR 16.000, und wies die Buchhaltungsagentur des Bundes an, diesen Gesamtbetrag nach Rechtskraft des Beschlusses auf das Konto des Wahlverteidigers Mag. Dr. Anton-Alexander Havlik zur Überweisung.
Begründend führte die Erstrichterin unter Zugrundelegung des Höchstbetrages von 30.000,- Euro für Schöffen- und Geschworenenverfahren nach § 393a Abs 2 Z 1 StPO im Wesentlichen aus, dass der Beitrag von 16.000, Euro dem Umfang und der Schwierigkeit der Verteidigung sowie des Verfahrensaufwandes, insbesondere der monatlichen Urkundenvorlagen der Weisungsbestätigung (insgesamt 30 Urkundenvorlagen), der eingebrachten Haftbeschwerde, des Einstellungsantrages, der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens, sowie der Beschwerde gegen die Abweisung der Entscheidung über die Verfahrenseinstellung, der absolvierten Beschuldigtenvernehmung betreffend die U Haftverhängung, der absolvierten Haftprüfungsverhandlung, der kurzen Dauer der Hauptverhandlung sowie der Akteneinsicht, von insgesamt 16.000, Euro entsprechen würde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerechte Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 125.2), in der sie zusammengefasst moniert, dass im Hauptverfahren letztendlich „lediglich“ eine einzelrichterliche Zuständigkeit vorliege, welches zwar in Hinblick auf die Dauer des (Ermittlungs-)Verfahrens von 17. August 2022 bis zum 17. April 2025 und der bis zur urteilsmäßigen Erledigung von 120 Ordnungsnummern ein etwas umfangreicheres Verfahren darstelle, jedoch lediglich einer 43 Minuten dauernde Hauptverhandlung stattgefunden habe und der überwiegende Teil des Akteninhalts sich aus der Vorlage durch die Verteidigung ohne weitere notwendige (inhaltliche) Ausführungen der dem jugendlichen Angeklagten nach Enthaftung gegen gelindere Mittel mit Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 14. September 2022 zu AZ 9 Bs 325/22w aufgetragenen Weisungsbestätigungen zusammensetze. Unter Berücksichtigung der Tätigkeit des Verteidigers sei der vom Erstgericht zugesprochene Verteidigerkostenbeitrag in Höhe von 16.000, Euro deutlich überhöht.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Vorweg ist auszuführen, dass im Fall eines Hauptverfahren ausschließlich § 393a StPO für den Kostenbeitrag heranzuziehen ist und fallkonkret ein Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichtstattgefunden hat, weshalb - entgegen der vom Erstgericht herangezogenen Pauschalsatz des Verteidigerkostenbeitrages für Schöffen- und Geschworenenverfahren – der Ansatz nach § 393a Abs 2 Z 2 StPO heranzuziehen ist, wobei die Dauer des Ermittlungsverfahrens beim Kostenersatz zu berücksichtigen ist (vgl Tipold in JSt 2024/Heft 5, 474).
Gemäß § 393a Abs 1 StPO hat der Bund unter anderem von einem Offizialdelikt freigesprochenen Angeklagten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat und Rechtsfragen und das Ausmaß des nötigen und zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf von gegenständlich nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen im Verfahren vor dem Einzelrichterdes Landesgerichts 13.000,- Euro grundsätzlich nicht übersteigen (§ 393a Abs 2 Z 2 StPO).
Bei der Berechnung des Aufwandersatzes hat nur der Einheitssatz, nicht die in den allgemeinen Honorar Kriterien (AHK) verankerten (Erfolgs und Erschwernis )Zuschläge Berücksichtigung zu finden (EBRV 2557 BlgNR 27 GP S 5).
Im Gegensatz dazu, dass dem (freigesprochenen bzw aus der Verfolgung gesetzten) Angeklagten die notwendigen Barauslagen sofern bescheinigt im vollen Umfang zu ersetzen sind ( Lendl,WK StPO § 393a Rz 4 ff), sieht das Gesetz (siehe dazu auch EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 2) nach seinem unmissverständlichen Wortlaut lediglich einen Beitrag zu den Verteidigerkosten und nicht deren gesamten Ersatz vor.
In Anwendung der genannten Kriterien ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten, dass es sich zwar um ein im Ermittlungsverfahren langes, aber kein komplexes Verfahren gehandelt hat.
Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung und der einzelnen Verteidigungshandlungen von vier prozessualen Schriftsätzen, der Teilnahme der Beschuldigtenvernehmung bei der Verhängung der Untersuchungshaft und der Haftprüfungsverhandlung sowie der Durchführung einer insgesamt nur 43-minütigen dauernden Hauptverhandlung, welche im Beisein des Wahlverteidigers rechtskräftig beendet wurde (ON 117), erweist sich der vom Erstgericht zugesprochene Betrag in Höhe von 16.000, Euro schon in Hinblick auf den falschen Pauschalansatz für Schöffen- und Geschworenenverfahren für die vom Verteidiger bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens erbrachten Leistungen als überhöht, weshalb der Zuspruch auf das spruchgemäße Ausmaß zu reduzieren ist.