19Bs79/25v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Dezember 2024, GZ **-45.1, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Baumgartner, im Beisein der Richterinnen Mag. Wilder und Mag. Körber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Dr. Lechner, ferner in Anwesenheit des Angeklagten A* sowie dessen Verteidigerin Dr. Christa Scheimpflug und des Privatbeteiligtenvertreters Benedikt Kramer, LL.M. durchgeführten Berufungsverhandlung am 28. April 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch sowie einen unbekämpft gebliebenen Privatbeteiligtenzuspruch und ein rechtskräftiges Einziehungserkenntnis enthaltenden Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB, der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und dafür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 Abs 1 StGB nach § 143 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.
Danach hat er in **
I./ am 16. August 2024 B* mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in Höhe von 2.010 Euro, mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem er die Genannte zunächst in der C* Filiale mit der Adresse ** beim Abheben des Bargeldes beobachtete, ihr aus der Bank folgte und ihr anschließend auf dem Heimweg einen Faustschlag gegen ihr Gesicht in den Bereich ihres linken Auges sowie einen Stoß versetzte, sodass diese zu Sturz kam und einen fünffachen Rippenbruch sowie eine Prellmarke über dem Jochbogen links erlitt, er sohin eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der B* herbeiführte, wobei er der Genannten daraufhin die Handtasche samt Bargeld und einer Bankomatkarte, lautend auf B*, aus der Hand riss und damit flüchtete;
II./ am 16. August 2024 durch die unter Punkt I./ genannte Handlung ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht oder nicht allein verfügen durfte, nämlich eine Bankomatkarte, lautend auf B*, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt;
III./ am 1. Jänner 2022
1./ C* mit gefährlicher Drohung mit dem Tode zu einer Handlung, und zwar zum Verlassen seines Aufenthaltsorts zu nötigen versucht, indem er zu ihm sagte: „Jetzt renn, sonst passiert etwas!“, während er mit einer Schreckschusspistole auf C* zielte;
2./ E* und F* mit dem Tode gefährlich bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er mit einer Schreckschusspistole auf sie zielte;
3./ F* vorsätzlich am Körper verletzt, indem er diesem zumindest einen Faustschlag gegen seinen linken Augenbereich versetzte, wobei die Tat eine Schwellung des Augenbereichs und der Wange links zur Folge hatte.
Bei der Strafbemessung wertete der Schöffensenat das Zusammentreffen mehrerer Vergehen mit zwei Verbrechen, fünf einschlägige Vorstrafen, die Tatbegehung während offenem Verfahren zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien, die Drohung mit einer Waffe (zum Verhältnis des Erschwerungsgrundes nach § 33 Abs 2 Z 6 StGB zu § 39a Abs 1 Z 4 StGB vgl Flora in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 39a Rz 15) sowie die Ausnützung der Hilflosigkeit des 84-jährigen Opfers erschwerend, mildernd hingegen das teilweise reumütige Geständnis sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung.
Gegen den Strafausspruch richtet sich die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete (ON 45 S 61), zu ON 52 ausgeführte Berufung des Angeklagten, die auf eine Herabsetzung der über ihn verhängten Sanktion abzielt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist festzuhalten, dass das Erstgericht bei der Sanktionsfindung die Bestimmung des § 39 Abs 1a StGB unbeachtet ließ. Ist der Täter – wie hier der Angeklagte – schon zweimal wegen vorsätzlicher strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, erhöht sich, wenn er nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres neuerlich eine vorsätzliche strafbare Handlung gegen eines dieser Rechtsgüter begeht, das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte, höchstens jedoch auf zwanzig Jahre (§ 39 Abs 1a StGB). Sohin liegen nicht nur die Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB, sondern auch jene nach Abs 1a leg cit vor, was sich bei der Strafbemessung aggravierend auswirkt. Dessen ungeachtet sind sämtliche einschlägige Vorstrafen als erschwerend zu werten (RIS-Justiz RS0091527).
Die objektive Sicherstellung der Raubbeute (Fakten I./ und II./) wirkt sich zwar nicht als besonderer Strafzumessungsgrund, wohl aber im Rahmen der nach § 32 Abs 3 StGB vorzunehmenden Abwägung der Schuld zu Gunsten des Angeklagten aus ( Riffel in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 34 Rz 33).
Soweit der Berufungswerber seine Suchtgiftgewöhnung argumentativ für sich ins Treffen führt, ist ihm zu erwidern, dass einer solchen keine die Strafbemessungsschuld mildernde Wirkung zuzuerkennen ist (RIS-Justiz RS0087417, insbesondere 15 Os 145/16m; aA Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG 3§ 27 Rz 109; 12 Os 140/16d).
Ausgehend von der sohin vom Schöffensenat im Wesentlichen zutreffend herangezogenen Strafzumessungslage erweist sich die ausgemessene Sanktion unter Berücksichtigung der massiven einschlägigen Vorstrafenbelastung des Angeklagten als tat- und schuldadäquat. Schließlich ist aber auch der beträchtliche soziale Störwert eines solchen, äußerst brutal ausgeführten schweren Raubes zum Nachteil eines hochbetagten Opfers zu berücksichtigen. Bei dieser Erscheinungsform der Schwerstkriminalität ist auch generalpräventiven Aspekten entsprechend Rechnung zu tragen ( Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 32 Rz 9; Riffel in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 32 Rz 23) und eine empfindliche Freiheitsstrafe zu verhängen, um potentielle Nachahmungstäter abzuschrecken und diesen deutlich vor Augen zu führen, dass derart schwere Taten mit entsprechender Härte geahndet werden.
Eine Herabsetzung der Unrechtsfolge kommt demnach nicht in Betracht.