JudikaturOLG Wien

23Bs362/24i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
17. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit gegen das (Unzuständigkeits-)Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. August 2024, GZ **-32.5, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Strnad des Angeklagten A* und seines Verteidigers Dr. Wolfgang Langeder durchgeführten Berufungsverhandlung am 17. April 2025 zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Entscheidungsgründe:

Text

Mit beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebrachtem Strafantrag vom 31. Mai 2024 legt die Staatsanwaltschaft Graz dem (richtig:) am ** geborenen österreichischen Staatsbürger A* ein als Vergehen der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 18).

Demnach habe er sich am 17. September 2023 in B* ein fremdes Gut, das durch Irrtum oder sonst ohne sein Zutun in seinen Gewahrsam geraten ist, nämlich einen Geldbetrag von insgesamt 25.000 Euro, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er in Bezug auf diesen Teil eines durch betrügerische Handlungen einem anderen von unbekannten Tätern herausgelockten und auf sein Konto überwiesenen Betrages (von gesamt 55.007 Euro) Behebungen tätigte und Überweisungen durchführte.

Mit weiterem (einbezogenem; ON 1.25) Strafantrag vom 23. Juli 2024 legt die Staatsanwaltschaft Wien dem Genannten zudem ein als Verbrechen (zu ergänzen: der Geldwäscherei nach) § 165 Abs 1 Z 1 StGB qualifiziertes Verhalten zur Last (ON 21.3).

Danach habe er „zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im August 2023 in B* Vermögensbestandteile, die aus einer kriminellen Tätigkeit (§ 165 Abs 5 StGB) herrühren – nämlich die Vermögenswerte, welcher ein bislang unbekannter Täter mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, erlangte, indem er Verfügungsberechtigte der C* GmbH Co KG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich indem er durch Angabe der jeweiligen Kundeninformationen die Identität der Kunden D*, E* sowie F* vortäuschte, zu einer Zahlung in Höhe von insgesamt EUR 4.963,01 verleitete – mit dem Vorsatz, ihren illegalen Ursprung zu verheimlichen oder verschleiern, oder eine andere Person, die an einer solchen kriminellen Tätigkeit beteiligt ist, zu unterstützten, damit diese den Rechtsfolgen ihrer Tat entgeht, einem anderen übertragen, indem er EUR 4.963,01 von seinem Konto behob und EUR 3000,- vis a vis von der G*-Filiale **, in der dortigen Telefonzelle hinterlegte“.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 29. August 2024 (ON 32.5) erklärte sich der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien als für die Entscheidung über die vorliegende Anklage sachlich unzuständig.

Begründend führte er im Wesentlichen aus, die dem Vorwurf der Unterschlagung zugrunde liegende Annahme eines gutgläubigen Empfangs des Geldbetrags (von 55.007 Euro) sei angesichts des weiters erhobenen Vorwurfs, demzufolge der Angeklagte kurz zuvor als „Money Mule“ tätig gewesen sei, „zumindest massiv zweifelhaft“; vielmehr bestehe davon ausgehend auch diesbezüglich (in Bezug auf den Gesamtbetrag) ein Verdacht in Richtung § 165 StGB, wobei angesichts der Qualifikation nach Abs 4 leg cit von einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren auszugehen und daher gemäß § 31 Abs 3 Z 1 StPO die sachliche Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffengericht gegeben sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach dessen Verkündung angemeldete (ON 32.4 S 12) und fristgerecht zu ON 34.1 wegen Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 6 ausgeführte Berufung des Angeklagten mit dem Begehren, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Dieser kommt keine Berechtigung zu.

Prüfungsinhalt des Unzuständigkeitsurteils ist ein Anschuldigungsbeweis (RIS-Justiz RS0098830 [T3]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 497). Dieser gilt dann als erbracht, wenn sich aus dem Anklagevorbringen in Verbindung mit den Beweisergebnissen der Hauptverhandlung der naheliegende Verdacht ergibt, der inkriminierte Sachverhalt wäre im Fall eines Schuldspruchs als eine in die Zuständigkeit (hier) des Schöffengerichts fallende strafbare Handlung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0124012 [T2]). Davon kann erst dann gesprochen werden, wenn Verfahrensergebnisse bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabes die Annahme der Erfüllung aller Merkmale eines bestimmten Straftatbestandes als naheliegend erkennen lassen (RS0098830).

Der vom erkennenden Gericht als wahrscheinlich erachtete Sachverhalt kann durch den aus § 489 Abs 1 StPO iVm § 281 Abs 1 Z 6 StPO eröffneten Anfechtungsrahmen nur nach Maßgabe der Z 5 (zugunsten des Angeklagten auch Z 5a) des § 281 Abs 1 StPO, nicht aber beweiswürdigend nach Art der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in Frage gestellt werden (RIS-Justiz RS0119510; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 499).

Fallbezogen zog der Erstrichter aus dem Umstand, dass der Angeklagte bereits vor dem Eingang der Überweisung vom 17. September 2023 (Strafantrag ON 18) unbekannten Tätern sein Bankkonto zur Übertragung deliktisch erlangter Geldbeträge zur Verfügung gestellt hatte („Money Mule“; Strafantrag ON 21.3), den Schluss, dass ein Anschuldigungsbeweis (auch) dahin vorliege, dass er den Betrag von 55.007 Euro im Wissen um dessen Herrühren aus einer kriminellen Tätigkeit eines anderen (vgl dazu ON 2.3 S 4 f) willentlich an sich brachte (§ 165 Abs 2 und Abs 4 erster Fall StGB; vgl dazu RIS-Justiz RS0129616). Dem Berufungsvorbringen zuwider ist darin weder Willkür in Form eines Missbrauchs der Beweiswürdigungsfreiheit (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) zu erblicken noch begegnet diese Ableitung erheblichen Bedenken (§ 281 Abs 1 Z 5a StPO). Wenn der Angeklagte behauptet, das Erstgericht habe einen „Sachverhalt konstruiert“, der nicht „erwiesen werden“ könne, und ein „einheitliches, unter den Tatbestand der Geldwäscherei gemäß § 165 Abs.1 oder Abs.2 StGB subsumierbares, Vorgehen des Angeklagten zu beiden […] angeklagten Handlungen“ habe „bislang nicht nachgewiesen werden“ können, wobei das Erstgericht nunmehr glaube, „diesen Nachweis […] nachschießen zu können“, ist ihm zu entgegnen, dass Voraussetzung für ein Unzuständigkeitsurteil gerade kein voller Schuldbeweis, sondern lediglich ein Anschuldigungsbeweis ist (RIS-Justiz RS0098097). Mit den weiteren Erwägungen zur vermeintlichen Unwiderlegbarkeit seiner Verantwortung und den daraus gezogenen Schlüssen stellt er hinwieder – indes unzulässig (RIS-Justiz RS0119510) – den vom Erstgericht für wahrscheinlich gehaltenen Sachverhalt lediglich beweiswürdigend in Frage.

Der Berufung war daher – ohne Kostenentscheidung (RIS-Justiz RS0098811) - ein Erfolg zu versagen.