JudikaturOLG Wien

13R18/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Wieser und Mag. Nigl, LL.M., in der Rechtssache der Antragstellerin A* , **, wegen Verfahrenshilfe, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 3.12.2024, **-9, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben .

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Klage gegen ihre ehemalige Erwachsenenvertreterin Dr. B*, weil diese ihr durch verschiedene Vertretungshandlungen einen Schaden zugefügt haben soll.

Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens (mit schriftlichen und mündlichen Verbesserungen durch die Antragstellerin) wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 3.12.2024 den Antrag wegen offenbarer Aussichtslosigkeit ab.

Binnen offener Rechtsmittelfrist stellte die Antragstellerin erneut einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (ON 10). Über Aufforderung des Erstgerichts bekanntzugeben, ob die Eingabe als Rekurs gegen den Beschluss vom 3.12.2024 oder als neuer Verfahrenshilfeantrag zu werten sei (ON 11), teilte die Antragstellerin binnen der gesetzten dreiwöchigen Frist mit, die Eingabe sei als Rekurs zu verstehen und sie ersuche, ihrem Antrag stattzugeben (ON 12).

Der Revisor verzichtete auf Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

1. Vorweg sei der Antragstellerin erwidert, dass für die Rekurseinbringung die Unterschrift eines Rechtsanwalts nicht erforderlich ist, weil in Verfahrenshilfeangelegenheiten auch im Rekursverfahren keine Vertretungspflicht besteht (§ 72 Abs 3 ZPO). Die Antragstellerin konnte daher selbst wirksam Rekurs erheben. Indem sie im Verfahrenshilfeantrag ON 10 auf den Seiten 2 u 9 verso ihre Auffassung darlegte, dass ihr durch das Verhalten der ehemaligen Erwachsenenvertreterin ein Schaden entstanden und das angestrebte Verfahren aus ihrer Sicht nicht aussichtslos und mutwillig sei, hat sie – in Verbindung mit ON 12 - ausreichend klar dargelegt, aus welchen Gründen sie die Entscheidung des Erstgerichts bekämpft und welche andere Entscheidung sie anstrebt. Die Eingaben sind somit geeignet, die Rechte der Antragstellerin zu wahren, sodass ein wirksamer Rekurs vorliegt.

Wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels ( Kodek in Rechberger/Klicka 5Vor § 461 Rz 27) steht jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu (RS0041666, RS0036673). Diesen einzig zulässigen Rechtsmittelschriftsatz hat die Antragstellerin nach dem oben Gesagten bereits eingebracht, womit sie ihr Rekursrecht in Anspruch genommen und verbraucht hat. Ein Verfahrenshelfer hätte keine zweite Rechtsmittelschrift einbringen dürfen. Das Rechtsmittel der Antragstellerin leidet auch an keinem formalen oder inhaltlichen Mangel, der einer Sachentscheidung entgegenstehen würde, sodass auch keine (weitere) Verbesserung vorzunehmen war (vgl Lovrekin Fasching/Konecny³ § 505 ZPO Rz 7 ff mwN; 4 Ob 2/09m; vgl auch 1 Ob 216/20a).

Daraus folgt, dass über den Rekurs ungeachtet des neuerlichen und insoweit offenen Verfahrenshilfeantrages entschieden werden kann, weil im Hinblick auf den geltenden Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels und des Neuerungsverbots auch ein Rechtsanwalt nichts Neues oder Anderes mehr vorbringen könnte (7 Ob 126/07s ua).

2. Das Erstgericht begründete die Aussichtslosigkeit iSd § 63 ZPO zusammengefasst damit, dass

- betreffend „Kündigung im Probemonat durch den damaligen Arbeitgeber C*“ die ehemalige Erwachsenenvertreterin nicht zum Tätigwerden im Zusammenhang mit einem [Covid-19-]“Impfbefreiungs-Attest“ verpflichtet gewesen sei, weil sie nur für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern bestellt gewesen sei;

- betreffend „Ausgleichszulage“ ungeachtet der Rückziehung der Klage wegen Erwerbsunfähigkeitspension der Antragstellerin rückwirkend eine Ausgleichszulage für den fraglichen Zeitraum per Bescheid zugesprochen worden sei;

- betreffend „Verfahren ** des LG St. Pölten wegen Fälligstellung eines Kredites“ eine von der Erwachsenenvertreterin getroffene verfahrensbeendende Ruhensvereinbarung pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden sei, wobei diese Genehmigung auch rekursgerichtlich bestätigt worden sei, zumal die Führung eines derartigen Prozesses von einem verantwortungsbewussten gesetzlichen Vertreter nicht vorgenommen werden würde.

3. In ihrem als Rekurs zu wertenden Verfahrenshilfeantrag bringt die Antragstellerin vor, sie sei schwer krank gewesen und wieder gesund; sie habe niemanden für die Erledigung bei Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern, weshalb es zur Erwachsenenvertretung gekommen sei. Die C* [offenbar gemeint: C*] sei eine Behörde (** Landesregierung), wegen ihrer Kündigung während der Pandemie. Sie [offenbar: die ehemalige Erwachsenenvertreterin] hätte die Verhandlung ** vertagen können und nicht gleich ganz absagen. Der Antragstellerin sei durch Dr. B* ein Schaden entstanden. Am 23.7.2019 bei der Anhörung des Bezirksgerichtes Krems habe sie gewusst, das sie noch zwei- oder dreimal operiert werde, dann Strahlentherapie, sie sei erst seit 1.10.2024 medikamentenfrei. Warum sei nicht bis zu ihrer vollständigen Genesung vertagt worden. Warum habe Dr. B* sie nicht darüber befragt, sondern alleine entschieden. Dass Beklagte alles abstreiten würden, was man ihnen nicht auf die Sekunde nachweisen könne, sei normal. Warum sei der Bruder des Beklagten bei ihr im Geschäft gewesen und habe sich über den Ablauf erkundigt, Pfandkredite und bewegliche Sachen zu versteigern. Die Antragstellerin sehe das Verfahren nicht als aussichtslos und es sei nicht mutwillig eingeleitet worden.

4. Eine Unrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses vermag die Antragstellerin damit nicht aufzuzeigen. Vielmehr ist bei der gebotenen allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Beschlusses ein unterlaufener Rechtsfehler nicht erkennbar:

4.1. Wie dort zutreffend ausgeführt, kann der seinerzeitigen Erwachsenenvertreterin von vornherein kein schadensverursachendes rechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit einem „Impfbefreiungs-Attest“ vorgeworfen werden, weil sie nur für die Angelegenheit „Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträger“ bestellt war (s ON 110 des Pflegschaftsaktes ** des BG Krems a.d.Donau) und daher in medizinischen wie auch in arbeitsvertraglichen Angelegenheiten – selbst wenn der Arbeitgeber eine Behörde war - weder eine Vertretungsbefugnis noch eine -pflicht der Erwachsenenvertreterin bestand.

4.2. Dass der Antragstellerin in Ansehung der Ausgleichszulage im Jahr 2021 gar kein Schaden entstanden ist, weil ihr die geforderte Ausgleichszulage rückwirkend gewährt wurde, stellt die Antragstellerin in der Rechtsmittelschrift nicht in Abrede. Der behauptete Schaden von EUR 3.000,-- (12 x EUR 250,--, s Protokoll ON 7, S 2f) ist demnach - nach der Aktenlage - gar nicht eingetreten.

4.3. Betreffend das Verfahren ** des LG St. Pölten ist auszuführen, dass ausschlaggebend für die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der von der Erwachsenenvertreterin getroffenen Ruhensvereinbarung nicht das von der Antragstellerin am 23.7.2019 erklärte Einverständnis (s Protokoll ON 136 des Pflegschaftsaktes) war, zumal die Antragstellerin ihre Zustimmung in der Folge zurückgezogen hat. Vielmehr erteilte das Pflegschaftsgericht erster Instanz die von der Erwachsenenvertreterin beantragte Genehmigung, weil die Ruhensvereinbarung im Interesse der Antragstellerin liege (s Beschluss ON 142 des Pflegschaftsaktes). In seinem bestätigenden Beschluss vom 2.4.2020 (ON 149 des Pflegschaftsaktes) führte das Landesgericht Krems a.d.Donau als Rekursgericht die bestehende schwierige Beweislage und den hohen Streitwert von EUR 125.000,-- ins Treffen und dass die Führung eines derartigen Prozesses von einem verantwortungsbewussten gesetzlichen Vertreter nicht vorgenommen würde. Weiters zog das Rekursgericht in Kalkül, dass eine Vereinbarung ewigen Ruhens als außergerichtlicher Verzicht auf den Klagsanspruch zu werten sei, jedoch bestünden gegen eine erfolgreiche Geltendmachung ihrer Ansprüche massive Bedenken und ein hohes Kostenrisiko.

Demzufolge war nach der Rechtsauffassung zweier Instanzen im Pflegschaftsverfahren das Verhalten der Erwachsenenvertreterin rechtmäßig; konkrete und stichhaltige Gründe, inwiefern diese Auffassung unrichtig sein soll und in Wahrheit schadensverursachende Pflichtverletzungen der Erwachsenenvertreterin vorliegen sollen, werden von der Antragstellerin nicht dargestellt. Weshalb der klagsgegenständliche Schadenersatzbetrag erfolgreich geltend gemacht hätte werden können, wird nicht nachvollziehbar begründet.

5. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe kommt – neben den vermögensbezogenen Voraussetzungen - nur in Betracht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 63 Abs 1 ZPO). Da nach den obigen Ausführungen ein Schadenersatzanspruch der Antragstellerin gegen die ehemalige Erwachsenenvertreterin nicht schlüssig dargestellt wurde, hat das Erstgericht zu Recht angenommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin aussichtslos ist.

Der angefochtene Beschluss erweist sich damit als frei von Rechtsirrtum.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 4 ZPO.