Rückverweise
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Gert Schernthanner in der Rechtssache des Klägers DI (FH) A* B* , geboren am **, **, **, vertreten durch die DKFE Rechtsanwälte GmbH in Linz, wider die beklagte Partei C* Gesellschaft m.b.H. in Liqu. , FN **, **gasse **, **, vertreten durch die HASCH UND PARTNER Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Nichtigerklärung eines Generalversammlungsbeschlusses (Streitwert EUR 35.000,00), hier wegen Wiedereinsetzung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. Juli 2025, Cg*-16, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit EUR 2.198,76 (darin EUR 366,46 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Der Kläger sowie Ing. D* und Mag. E* B* sind Gesellschafter der beklagten Partei. Der Kläger war bis 25.10.2023 Geschäftsführer der beklagten Partei. Aufgrund eines Gesellschafterstreits vom 26.10.2023 bis zum 14.04.2024 war kein Geschäftsführer bestellt. Seit 14.04.2024 war F*, MBA, selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der beklagten Partei. Seit 01.01.2025 ist er als Liquidator (in der Folge nur: Liquidator) der beklagten Partei selbständig vertretungsbefugt.
Die beklagte Partei ist für die digitale Zustellung behördlicher Schriftstücke im Unternehmensserviceportal (im Folgenden: „USP“) angemeldet. Der Kläger war als Administrator des elektronischen Postfachs der beklagten Partei registriert. Die beklagte Partei unterließ es, den Kläger nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer als USP-Administrator abzumelden und die beim USP hinterlegten Verständigungsadressen abzuändern.
Dem Liquidator war bekannt, dass ein elektronisches Postfach für die beklagte Partei einzurichten ist bzw einzurichten war. Er erkundigte sich nicht, ob ein USP-Portal für die beklagte Partei bereits vorhanden ist. Nach seinem Antritt als Geschäftsführer der beklagten Partei schrieb er an die Gesellschafter ein E-Mail, in welcher er anfragte, ob jemand Unterlagen habe und ersuchte diese zu übersenden.
Am 18.12.2024 wurde von der Rechtsvertretung der beklagten Partei ein Schreiben an die Rechtsvertretung des Klägers übermittelt, welches auszugsweise wie folgt lautet:
„[…] Namens und auftrags unserer Mandantin fordern wir Ihren Mandanten daher auf, binnen einer Frist von 14 Tagen sämtliche Geschäftsunterlagen herauszugeben.
Da nicht erfassbar ist, welche konkreten Unterlagen im Besitz Ihres Mandanten sind, dürfen wir zur Orientierung und Hilfestellung beigeschlossen unsere Due-Diligence-Request-List übermitteln und fordern sohin die Herausgabe sämtlicher, aus dieser Liste – sofern bei Ihrem Klienten in seiner Funktion als Geschäftsführer vorhanden – ersichtlichen Unterlagen. […]
Die Rechtsvertretung des Klägers beantwortete dieses Auskunftsersuchen und gab die Unterlagen, welche nicht aufgrund eines Finanzstrafverfahrens beim Finanzamt waren, am damaligen Firmensitz der beklagten Partei ab. Sie hatte keine Kenntnis vom USP-Zugriff der beklagten Partei. Der USP-Zugriff war nicht Teil der Due-Diligence-Request-List.
Die Klage in diesem Verfahren wurde der beklagten Partei am 24.12.2024, das Versäumungsurteil am 11.02.2025 jeweils durch elektronische Hinterlegung zugestellt. Die Verständigungen über die Zustellung erfolgten jeweils an folgende E-Mail-Adressen: **, **, **.
Am 18. April 2025 erhielt die beklagte Partei postalisch ein Aufforderungsschreiben von der Rechtsvertretung der klagenden Partei, in welchem sie zur Erfüllung des Versäumungsurteils aufgefordert wurde. Der Liquidator der beklagten Partei erfuhr dadurch erstmals vom ergangenen Versäumungsurteil. Nachdem der Liquidator das Aufforderungsschreiben der klagenden Partei am 18. April 2025 erhalten und durch Akteneinsicht des Beklagtenvertreters von der elektronischen Zustellung der Klage und des Versäumungsurteils erfahren hatte, rief er bei der Service-Hotline des USP an und erhielt einen Zugriff auf das USP der beklagten Partei.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klage und das Versäumungsurteil im elektronischen Postfach gelöscht wurden und auch nicht, ob andere Behördenschriftstücke per Post zugesendet wurden.
Die beklagte Partei beantragt nun die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung einer Klagebeantwortung, in eventu zur Erhebung eines Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil und erstattet sowohl eine Klagebeantwortung als auch einen Widerspruch. Obwohl der nunmehrige Liquidator und damals alleinige Geschäftsführer der beklagten Partei den Kläger mehrfach aufgefordert habe, sämtliche noch in seinem Besitz befindliche Geschäftsunterlagen, die aus der Zeit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft stammten, herauszugeben, seien weder Unterlagen noch Zugangsdaten zum Unternehmensserviceportal oder zum damit verbundenen elektronischen Postfach übergeben worden. Auch sei die Existenz eines solchen elektronischen Postfachs gegenüber der beklagten Partei bzw deren damaligen Geschäftsführer nicht offenbart worden. Die elektronische und ihr nicht bekannte Zustellung der gegenständlichen Schriftstücke sei für sie ein unabwendbares Ereignis gewesen, für das ihr und auch dem Liquidator keinerlei Verschuldensvorwurf gemacht werden könne. Das Verhalten des Liquidators, insbesondere dessen Unkenntnis über die Existenz des elektronischen Postfachs sei wegen der Weigerung des vorangegangenen Geschäftsführers, die Agenten ordnungsgemäß zu übergeben, allenfalls als leichte Fahrlässigkeit zu werten, die auch einem sorgfältigen Organ unterlaufen könne. Zudem habe der Kläger offensichtlich bewusst entsprechende Eingriffe in den Zustellvorgang zum Nachteil der beklagten Partei gesetzt.
Der Klägerbeantragte die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags und brachte vor, die fehlende Offenbarung der Existenz des elektronischen Postfachs sei zum einen irrelevant und zum anderen völlig lebensfremd, weil der Liquidator mit behördlichen und gerichtlichen Zustellungen entsprechend vertraut sei und darüber hinaus hätte wissen müssen, dass Unternehmen seit 1. Jänner 2020 gemäß § 1b E-Government-Gesetz verpflichtet wären, an der elektronischen Zustellung teilzunehmen. Darüber hinaus habe es der nunmehrige Liquidator der beklagten Partei über nahezu acht Monate verabsäumt, gemäß § 28b Abs 2 erster Satz ZustG die Änderung der elektronischen Adressen bekanntzugeben, obwohl dies nach dem Gesetz unverzüglich hätte erfolgen müssen. Er habe dadurch ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden zu verantworten.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht die Anträge der beklagten Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowohl in die Frist zur Klagebeantwortung als auch zur Erhebung eines Widerspruchs ab und wies die Klagebeantwortung und den Widerspruch zurück. Seiner Entscheidung legte es die auf Seite 2 und 3 bis 5 seines Beschlusses getroffenen Feststellungen zugrunde, die eingangs zusammengefasst wiedergegeben wurden und auf die im Übrigen gemäß §§ 526 Abs 3, 500a ZPO verwiesen wird. In seiner rechtlichen Beurteilung gab es zunächst die zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestehenden Rechtsnormen sowie die dazu ergangenen Lehrmeinungen wieder und erörterte den Unterschied zwischen dem minderen Grad des Versehens und der die Wiedereinsetzung ausschließende auffallenden Sorglosigkeit. Es wies auf die zur Verschuldensfrage ergangene Rechtsprechung hin, wonach Unternehmen – jedenfalls soweit sie regelmäßig mit fristgebundenen Rechtshandlungen konfrontiert seien - eine Organisations- und Überwachungspflicht treffe. Dies umfasse auch die Einrichtung und laufende Kontrolle des elektronischen Postfachs gemäß § 1b E-GovG, wonach Unternehmen iSd § 3 Z 20 Bundesstatistikgesetz BGBl I 2009/125 an der elektronischen Zustellung verpflichtend teilzunehmen hätten. Die beklagte Partei hätte gemäß § 28b Abs 1 Z 4 ZustG Änderungen der dem Teilnehmerverzeichnis bekanntgegebenen elektronischen Verständigungsadresse unverzüglich mitzuteilen gehabt. Dem Liquidator sei die Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung bekannt gewesen. Es wäre daher für den nunmehrigen Liquidator mit seiner Bestellung zum neuen Geschäftsführer geboten gewesen, sich darüber zu informieren, ob bereits eine Teilnahme an der elektronischen Zustellung erfolgt wäre. Weiters habe er es trotz seiner Kenntnis von der Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verabsäumt, direkt beim Unternehmensserviceportal Informationen zu einer Teilnahme einzuholen. Dass er nunmehr als Administrator für die beklagte Partei freigeschalten worden sei, zeige auf, dass er diese Informationen durchaus erhalten hätte. Überhaupt habe er es über einen Zeitraum von über acht Monaten verabsäumt, sich zu erkundigen, ob bereits eine Teilnahme erfolgt sei und wer im Unternehmen der beklagten Partei bzw ob die beklagte Partei überhaupt auf Benachrichtigungen über die elektronische Bereitstellung von Dokumenten zur Abholung Zugriff habe. Dass offenbar darüber zwischen der ausgeschiedenen Geschäftsführung und der neuen Geschäftsführung nicht kommuniziert worden sei, entschuldige die beklagte Partei nicht, weil sie als Unternehmerin eine entsprechende Organisations- und Überwachungspflicht treffe. Dass die beklagte Partei – auch wenn der Liquidator keine Unterlagen vom ehemaligen Geschäftsführer bekommen haben sollte – nach über einem Jahr nach dem Ausscheiden des ehemaligen Geschäftsführers noch immer nicht in der Lage gewesen sei, sich Kenntnis von elektronisch zur Abholung bereitgestellten Dokumenten sowie einen Zugang dazu zu verschaffen, rechtfertige nicht mehr die Annahme eines bloß minderen Grad des Versehens; dies auch vor dem Hintergrund, dass die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Zustellung von (behördlichen) Schriftstücken für jedes Unternehmen von großer Bedeutung sei. Dies gelte umso mehr, als selbst die Unterlassung einer regelmäßigen Kontrolle des Spam-Ordners auf Benachrichtigungen über elektronisch zuzustellende Dokumente nicht nur als leicht fahrlässiges Fehlverhalten zu werten sei. Die vom Liquidator geschilderte besondere (Arbeits-)Belastung könne die Nachlässigkeit bei der Sicherstellung von Benachrichtigungen über elektronisch zuzustellende Dokumente nicht für einen mehrmonatigen Zeitraum entschuldigen. Die geschilderten Versäumnisse begründeten ein grobes Verschulden der beklagten Partei. Da die Fristen für die Klagebeantwortung und den Widerspruch abgelaufen seien, seien diese als verspätet zurückzuweisen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Wenn die Rekurswerberin eingangs ihres Rechtsmittels erklärt, die Rekursgründe würden zur Verfahrensvereinfachung nicht gesondert ausgeführt, hat dies – wie dies der Kläger zutreffend bemerkt – hier zur Folge, dass Unklarheiten zu Lasten der Rechtsmittelwerberin gehen (RIS-Justiz RS0041761).
Die Verfahrensrüge lässt sich im Wesentlichen in zwei Stoßrichtungen aufgliedern: Zum einen wird die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und die darauf gründenden Feststellungen des Erstgerichtes angegriffen; zum anderen werden als Mangelhaftigkeit des Verfahrens unvollständige Sachverhaltsfeststellungen geltend gemacht.
Im ersten Fall handelt es sich um einen unzulässigen Versuch, die im Rekursverfahren nicht bekämpfbare Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung zu umgehen, kann doch im Hinblick auf die vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise die Beweiswürdigung und Tatfrage im Rekursverfahren überhaupt nicht angefochten werden (vgl Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 , § 526 Rz 5 mwN). Auf sämtliche dieser Ausführungen im Sinne einer unzulässigen Tatsachen- und Beweisrüge ist daher nicht einzugehen.
Die Feststellungsmängel sind hingegen mit einer Rechtsrüge geltend zu machen (Kodek, aaO, § 496 Rz 10) und werden dort behandelt. Eine mit einer anderen Feststellung in Widerspruch stehende Feststellung wäre ebenfalls mit Rechtsrüge (vgl RS0042744) aufzugreifen. Derartiges macht aber die Rekurswerberin gerade nicht geltend, wenn sie meint, die Negativfeststellung, es könne nicht festgestellt werden, ob andere Behördenschriftstücke per Post zugesendet worden seien, stehe mit der Beweiswürdigung in Widerspruch. Dies ist inhaltlich wieder als eine – im Rekursverfahren unzulässige – Beweisrüge zu qualifizieren und muss unberücksichtigt bleiben. Auch macht die Rekurswerberin nicht einen Begründungsmangel im Sinne einer inhaltsleeren Beweiswürdigung geltend, sondern setzt sich mit ihrem Inhalt auseinander, wenn sie die Beweiswürdigung als lebensfremd, nicht nachvollziehbar und völlig unschlüssig bezeichnet. Derartige Kritikpunkte wären mit einer Beweisrüge aufzugreifen, die aber im vorliegenden Verfahren – wie erwähnt - nicht zulässig ist.
Als gesetzmäßige Rechtsrüge sind jene Ausführungen zu verstehen, die geltend machen, dass schon den früheren Geschäftsführer die Obliegenheit getroffen hätte, Änderungen der Teilnehmerdaten, insbesondere der Zustelladressen bekanntzugeben. Daraus wie auch aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt sich insgesamt die Rechtsmeinung der Rekurswerberin, ein allenfalls beim späteren Liquidator liegendes Verschulden werde jedenfalls durch das Verhalten des vorangegangenen Geschäftsführers derart abgemildert, dass insgesamt nur von einem minderen Grad des Versehens gesprochen werden könne.
Wenn die Rekurswerberin in diesem Zusammenhang meint, es handle sich bei der Verpflichtung für Unternehmen, am USP teilzunehmen, um eine sanktionslose Norm, kann sie offenbar nur das Fehlen von allfälligen Verwaltungsstrafen meinen. Dass nämlich eine Nichtbeachtung der Vorschrift, am USP teilzunehmen, durchaus schwerwiegende Folgen im Hinblick auf Zustellwirkungen von behördlichen Schriftstücken mit sich bringen kann, zeigt der vorliegende Fall auf. Wenn darauf abgestellt wird, dass der Liquidator in Ausübung seiner Tätigkeit auch behördliche Schriftstücke postalisch erhalten habe und ihm behördliche Dokumente über „finanzonline“ zugestellt wurden, wird nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen und ist dieser Teil der Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich.
Was nun die eigentliche rechtliche Beurteilung betrifft, ist zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts gemäß §§ 526 Abs 3 ZPO iVm 500a ZPO zu verweisen; das Rekursgericht teilt die Rechtsmeinung des Erstgerichtes.
Es entspricht der Rechtsprechung, dass sich ein Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber in der Regel nicht auf das Mitverschulden eines anderen Geschäftsführers berufen kann (RIS-Justiz RS0059675; 3 Ob 521/84; Schacherreiter in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.09§ 1304 Rz 25/1). Schon allein deswegen müssen sämtliche Argumentationslinien, die auf eine Verringerung des Verschuldens seitens des nunmehrigen Liquidators infolge allfälliger Obliegenheiten des früheren Geschäftsführers abzielen, erfolglos bleiben. Jedenfalls träfe den Kläger als früheren Geschäftsführer angesichts der massiven Versäumnisse des späteren Geschäftsführers (Liquidators) nur ein geringfügiges Fehlverhalten, dass es bei einer Schadensteilung zu vernachlässigen wäre (RS0027202, insb T11).
Es ändert auch nichts, dass es sich beim Liquidator um keinen rechtskundigen und auch keinen berufsmäßigen Parteienvertreter handelt; bereits die an einen durchschnittlichen Geschäftsführer gestellten Anforderungen erlauben es nicht, sich über einen achtmonatigen Zeitraum hinweg nicht um die Empfangsbereitschaft der Gesellschaft betreffend behördliche Schriftstücke zu kümmern. Daran ändert es wegen der Wichtigkeit dieses Vorgangs auch nichts, wenn allenfalls noch keine auf dieser Unterlassung beruhende Fehler entstanden wären. Bei der Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes elektronisches Zustellportal errichtet worden war, handelt es sich um eine derartig grundlegende Überlegung für einen Geschäftsführer einer GmbH, dass der in der unterbliebenen Nachforschung gründende Schuldvorwurf auch nicht durch die eher pauschal gehaltene Aufforderung des Liquidators an den früheren Geschäftsführer zur Unterlagenübergabe abgeschwächt werden könnte. Dass diese grundlegende Erwägung nicht einmal in Erwägung gezogen wurde, zeigt sich insbesondere auch darin, dass sich die Frage nach einer Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht in der Due-Diligence-Request-List findet.
Indem das Verhalten des früheren Geschäftsführers nach der dargestellten, von der Literatur gestützten Judikatur keinen entscheidenden Einfluss auf das Verschulden des späteren Geschäftsführers (Liquidators) hat, kommt es daher auch auf die als fehlend (unrichtigerweise als Verfahrensmangel) gerügten Feststellungen des Inhalts,
- warum der Kläger als ehemaliger Geschäftsführer der beklagten Partei dem Liquidator keinerlei Zugangsdaten oder sonstige Information zum USP zur Verfügung gestellt hat,
- dass es der ehemalige Geschäftsführer der beklagten Partei, sohin der Kläger selbst als hinterlegter Administrator im USP es unterlassen hat, dem Liquidator die Zugangsdaten bekanntzugeben und
- ob sich in den von der rechtsfreundlichen Vertretung der klagenden Partei am Firmensitz der beklagten Partei übergebenen Unterlagen auch Informationen zum USP-Zugang befanden,
nicht mehr entscheidend an.
Diese Feststellungen könnten im Sinne der Rekurswerberin getroffen werden, ohne dass es etwas an der rechtlichen Beurteilung ändern würde. Vielmehr ist aus den getroffenen Feststellungen ableitbar, dass es dem späteren Geschäftsführer (Liquidator) ohne weitere Schwierigkeiten möglich war, sich als Administrator der beklagten Partei beim Unternehmensportal zu registrieren und die entsprechenden Veranlassungen zu treffen, damit die an die beklagte Partei elektronisch zugestellten Schriftstücke von ihr auch abgerufen werden können.
Angesichts der grundsätzlichen Kenntnis des Liquidators von der Teilnahmepflicht der beklagten Partei an der elektronischen Zustellung, weiters eines vom Zeitpunkt der Bestellung des Liquidators zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer ab 14. April 2024 bis zur Zustellung der Klage am 24. Dezember 2024 dauernden Zeitraums der Untätigkeit und des zusätzlichen Umstands, dass diese wichtige Angelegenheit nicht einmal in der Due-Diligence-Request-List angeführt wurde, liegt - wie das Erstgericht zutreffend hervorhob - im Verhalten des nunmehrigen Liquidators, das der beklagten Partei zuzurechnen ist, nicht mehr bloß ein geringerer Grad des Versehens, sondern grobe Fahrlässigkeit. Die allfällige unterbliebene Mitwirkung des früheren Geschäftsführers vermag – wie oben erläutert - dieses schwere Verschulden nicht entscheidend zu vermindern.
Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags erweist sich daher als nicht korrekturbedürftig, sodass der Rekurs erfolglos bleibt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
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