JudikaturOLG Linz

5Ns18/25y – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
08. August 2025

Kopf

Der Präsident des Oberlandesgerichts Linz Dr. Helmut Katzmayr fasst in der Strafsache gegen A* und B*wegen der Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB, Hv* des Landesgerichts Wels, folgenden

BESCHLUSS:

Spruch

Die Richterin des Senats 10 des Oberlandesgerichts Linz Mag. C* D* ist von der Entscheidung im Verfahren 10 Bs 130/25a des Oberlandesgerichts Linz über den Einspruch gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels vom 14. Mai 2025 (GZ Hv*- 21 des Landesgerichts Wels)

nicht ausgeschlossen.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der Senat 10 des Oberlandesgerichts Linz hat über einen Einspruch gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels vom 14. Mai 2025, AZ St* (GZ Hv*-21 des Landesgerichts Wels) wegen eines des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (I.), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II.) und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB subsumierten Sachverhalts zu entscheiden. Dem liegt zugrunde, dass die beiden Angeklagten unter anderem den Richter des Oberlandesgerichts Linz Mag. E* F* am 12. Juli 2023 betrügerisch zur Überlassung eines Geschäftslokals (Kaufpreis von 130.000 Euro) verleitet (I.) und ihm ab diesem Tag für mehrere Monate Originalbaupläne nach Scheitern des Kaufs nicht retourniert haben sollen (II.).

Die Vorsitzende des Senates 10 zeigte für sich und die weiteren Senatsmitglieder Mag. D* und Mag. G* den äußeren Anschein der Befangenheit an, da das mutmaßliche Opfer der zur Last gelegten Taten Mag. E* F* sei, welcher seit ** Richter des Oberlandesgerichtes Linz ist.

Mit Beschluss vom 28. Juli 2025, 5 Ns 10/25x, wurde ausgesprochen, dass die Mitglieder des Senats 10 – unter Zugrundelegung des mitgeteilten Sachverhalts – nicht von der Entscheidung im Verfahren 10 Bs 130/25a des Oberlandesgerichts Linz über den Einspruch gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels vom 14. Mai 2025 ausgeschlossen sind.

Die Richterin Mag. D* zeigt nunmehr ihre Befangenheit an, da das mutmaßliche Opfer der zur Last gelegten Taten Mag. F* nicht nur ein Kollege aus dem Strafbereich des Oberlandesgerichts Linz sei, sondern zudem auch ein langjähriger Kollege während ihrer Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft Linz gewesen sei, wobei sie auch in der selben Gruppe tätig gewesen seien. Daher fühle sie sich nicht nur befangen, sondern würden auch Gründe iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO vorliegen, die geeignet seien, ihre volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Ein bestehendes freundschaftliches Verhältnis zu Mag. F* wird von Mag. D* verneint (siehe Aktenvermerk vom 7.8.2025).

Diese nun durch Mag. D* in ihrer eigenen Befangenheitsmitteilung vorgebrachten, über die Ausführungen der Senatsvorsitzenden hinausgehenden Ausschlussgründe sind einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen. Die Vorsitzende des Senats 10 hat ihre auch für die Senatsmitglieder wirksame Ausgeschlossenheitsanzeige (siehe dazu ua 13 Os 130/10g, 13 Os 136/10i) lediglich auf den Umstand gestützt, dass das mutmaßliche Opfer Kollege am Oberlandesgericht Linz sei. Nur insoweit entfaltet daher die Ausgeschlossenheits-entscheidung vom 28. Juli 2025, 5 Ns 10/25x, auch Rechtskraft. Die Wirksamkeit der die gerichtliche Unparteilichkeit sichernden Vorschriften der StPO fordern somit eine neuerliche Auseinandersetzung mit den weiteren Argumenten zur Ausgeschlossenheit von Mag. D*.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Diese Bestimmung stellt auf den äußeren Anschein ab, entscheidend ist nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder eines Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken. Danach sind in erster Linie persönliche Beziehungen des Richters zu einer Prozesspartei, deren Vertreter oder einer Beweisperson beachtlich, wobei der Dauer und der Intensität des Naheverhältnisses maßgebliche Bedeutung zukommt ( Lässig , WK-StPO § 43 Rz 10f).

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung ** ausführt, reicht der bloße Umstand, dass der betreffende Richter am selben Gericht tätig ist, nicht aus, die Unparteilichkeit des Gerichts bzw der dort im konkreten Fall zur Entscheidung berufenen Richter:innen in Zweifel zu ziehen. Dafür müssten vielmehr andere Faktoren hinzutreten, die eine tatsächliche Befangenheit oder auch nur den Anschein einer solchen begründen könnten (vgl RIS-Justiz RS0097132 [T2], RS0096967 [T1]).

Solche Faktoren können jedoch in den Gründen der Befangenheitsmitteilung von Mag. D* nicht erblickt werden. Bloße dienstliche Begegnungsverhältnisse oder kollegiale Kontakte eignen sich in aller Regel nicht, um eine Ausschließung nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO zu begründen. Aus dem Umstand allein, dass Mag. D* und Mag. F* bei der selben Staatsanwaltschaft tätig waren bzw. nunmehr nach mehreren Jahren beim selben Gericht tätig sind, kann damit nicht der Schluss gezogen werden, dass sich zwischen ihnen ein den Anschein der Befangenheit begründendes Naheverhältnis entwickelt hat. Gerade aus der Jahre zurückliegenden Zusammenarbeit bei der Staatsanwaltschaft Linz lassen sich keine Zweifel an einer unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung herleiten. Selbst wenn Mag. D* und Mag. F* bei der Staatsanwaltschaft in einer Gruppe tätig waren und dort intensiv in einem fachlichen Austausch standen, mag das wegen dem großen zeitlichen Abstand - Mag. D* ist seit ** 2019 am Oberlandesgericht Linz tätig - an obiger Beurteilung nichts ändern. Zum einen hat sich nach den eigenen Angaben von Mag. D* aus der langjährigen beruflichen Zusammenarbeit kein persönliches/freundschaftliches Verhältnis entwickelt, sondern blieb es bei einer kollegialen Zusammenarbeit, zum anderen verlieren länger zurückliegende Umstände für die Beurteilung des Anscheins der Befangenheit zunehmend an Bedeutung. Selbst länger zurückliegende (berufliche und) freundschaftliche Kontakte eignen sich regelmäßig nicht (mehr) die Ausschließung nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO zu begründen (OGH 14 Ns 8/94). Gleiches hat damit auch für Jahre zurückliegende enge berufliche Verflechtungen zu gelten.

Die relevierten Umstände einer Zugehörigkeit zum selben Richterkollegium sowie langjährige Kollegialität bei der Staatsanwaltschaft sind damit für sich nicht geeignet, die volle Unbefangenheit der Richterin Mag. D* des Senats 10 des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über den Einspruch gegen die Anklageschrift aus der Sicht eines objektiven Beurteilers in Zweifel zu setzen.

Die Richterin Mag. C* D* ist daher von der anstehenden Entscheidung nicht ausgeschlossen.

Gegen diese Entscheidung steht ein selbstständiges Rechtsmittel nicht zu (§ 45 Abs 3 StPO).