9Bs169/25d – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr Engljähringer als Vorsitzende und Mag Kuranda und den Richter Mag Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Linz vom 11. Juli 2025, Hv*-51, über Antrag des Berichterstatters (§§ 469, 470 Z 1 StPO) in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Urteil (ON 51) wurde A* jeweils eines Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB „iVm §§ 1, 41 MedienG“ (vgl 12 Os 110/24d) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und über ihn eine (teilbedingte) Freiheitsstrafe verhängt; auch wurde er gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet.
Dem Protokolls- und Urteilsvermerk vom 11. Juli 2025 zufolge erklärte der Angeklagte in der Hauptverhandlung nach Urteilsverkündung und Rechtsbelehrung sowie Rücksprache mit seinem Verteidiger Rechtsmittelverzicht (ON 51, 5).
Am 14. Juli 2025 überreichte der Angeklagte persönlich bei Gericht eine von ihm selbst verfasste Eingabe, mit der er Berufung gegen dieses Urteil einlegt (ON 49). Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Denn ein nach Urteilsverkündung, Rücksprache mit dem Verteidiger und ohne Anhaltspunkte für eine vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts eingetretene prozessuale Diskretions- oder Dispositionsunfähigkeit in Anwesenheit des Verteidigers explizit erklärter Rechtsmittelverzicht ist unwiderruflich (RIS-Justiz RS0116751 [T5], RS0099945; Soyer/Schumann , WK-StPO § 57 Rz 42).
Dass für den Angeklagten – zu dessen Vertretung unter anderem vor Gerichten – ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter (welcher in der Hauptverhandlung anwesend war und im Übrigen ebenfalls Rechtsmittelverzicht erklärte, ON 51, 5) bestellt ist (ON 40, 2), ändert an der Sachlage nichts, übt dieser doch als gesetzlicher Vertreter nicht die Verfahrensrechte des im Strafverfahren nicht deshalb prozess- oder verhandlungsunfähigen Angeklagten aus (RIS-Justiz RS0059304, RS0058608 [T3]; Ratz, WK-StPO § 282 Rz 33). Diese Funktion verbleibt vielmehr, soweit die StPO (wie auch in der vorliegenden Fallkonstellation) nichts anderes bestimmt, kraft § 57 Abs 2 leg cit ausschließlich beim Verteidiger (11 Os 35/24t = EvBl 2024/277, Ratz = RZ 2024/20, Danek; RIS-Justiz RS0134836, RS0134837). Gegen eine relevante Einschränkung der strafrechtlichen Prozessfähigkeit des Angeklagten ( Schwaighofer , WK-StPO § 275 Rz 9 f; Kirchbacher StPO 15§ 6 Rz 1) bei Abgabe seines Rechtsmittelverzichts spricht hier aber, neben gänzlich fehlenden Anhaltspunkten aus dem konkreten Ablauf der Hauptverhandlung, die dokumentierte unbedenkliche Einschätzung der dort beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Prim Dr B* (ON 51, 6), wonach die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten insgesamt nur leicht gemindert sei. Ohne den materiell-rechtlichen Begriff der Zurechnungsfähigkeit unzulässig mit dem verfahrensrechtlichen Kriterium der Prozessfähigkeit auf Sachverhaltsebene zu vermengen (RIS-Justiz RS0117395 [T1]), ist ein maßgeblich fehlendes Einsichts- und/oder Steuerungsvermögen des Angeklagten, das auf die Unwirksamkeit seiner rechtserheblichen prozessualen Willenserklärung hinausliefe, in dem Licht jedoch keinesfalls ausreichend greifbar.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.