JudikaturOLG Linz

7Bs74/25v – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
31. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* B*und weitere Personen wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Kostenbeschluss des Landesgerichts Salzburg vom 20. Mai 2025, HR* (= GZ St*-16 der Staatsanwaltschaft Salzburg), entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der vom Bund zu ersetzenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* B* auf EUR 782,90 erhöht.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte zu St* ein Ermittlungsverfahren unter anderem gegen A* B* wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (jeweils begangen am 9. März 2024; vgl die Berichte ON 2 und ON 5) sowie des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB (begangen am 30. August 2024, vgl die Berichte ON 6.2 und ON 12), welches sie mit Verfügung vom 16. Februar 2025 gemäß § 190 StPO einstellte (Punkt I./ in ON 1.10).

Über seinen Antrag vom 24. April 2025 (ON 14) bestimmte das Erstgericht den vom Bund zu ersetzenden Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung inklusive (vom Antrag allerdings nicht umfasster) Barauslagen gemäß § 196a StPO mit EUR 500,00 (ON 16).

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des B*, mit der er eine deutliche Erhöhung des zuerkannten Betrags oder aber die Kassation des Beschlusses und Rückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Beschlussfassung anstrebt.

Die Oberstaatsanwaltschaft hat sich dazu nicht geäußert.

Das Rechtsmittel ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Dieser Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf (hier interessierend) in der Grundstufe den Betrag von EUR 6.000,00 nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO).

Wie beim Kostenbeitrag nach Freispruch im Hauptverfahren (§ 393a Abs 1 StPO) sind dabei (auch im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge) nicht die gesamten notwendigen und zweckmäßigen Verteidigungskosten zu ersetzen (vgl Lendl in WK-StPO § 393a Rz 10; ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 6), sondern handelt es sich (schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut) um einen (bloßen) Beitrag, der pauschal zu bestimmen ist. Konkret ist bei dessen Bemessung im Fall eines durchschnittlichen Verfahrens der Grundstufe auch von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein so genanntes Standardverfahren auszugehen und dieser Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen. Je nach Umfang der Ermittlungen, Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und konkretem Verteidigungsaufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen kann sich der Betrag dann dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern oder sich von diesem weiter entfernen. Der durchschnittliche Verteidigungsaufwand in einem gewöhnlichen Ermittlungsverfahren umfasst dabei nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe samt einem Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium, Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden. Er schlägt damit unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) mit rund EUR 3.000,00 zu Buche, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz zu berücksichtigen ist, die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag in den AHK verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-)Zuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben (vgl ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 5).

Demgemäß soll sich dieser Beitrag nicht (mehr) primär an der gesetzlichen Höchstgrenze orientieren, sondern an den durchschnittlichen Verteidigerkosten im Standardverfahren. Infolgedessen kann die bisherige Rechtsprechung zur Regelung des § 393a Abs 1 StPO (idF vor BGBl I 96/2024), die bei durchschnittlich einfachen Verteidigungsfällen den Einstieg bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrags fand, nicht mehr aufrechterhalten werden (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 8; wie hier: OLG Graz 8 Bs 302/24h, OLG Linz 9 Bs 59/25b; vgl auch: Concin , Verteidigungskostenersatz NEU, ecolex 2024/458, 807).

Im Gegenstand wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen zweier Taten geführt, die im Hauptverfahren je für sich die landesgerichtliche Zuständigkeit begründen würden (§ 31 Abs 4 Z 1 StPO). Einerseits handelte es sich um einen geradezu klassischen Vorwurf im Zuge einer körperlichen Auseinandersetzung, der allein auf Beweisebene zu klären war. Andererseits handelte es sich um ein rechtlich anspruchsvolleres Delikt mit potentiellem Auslandsbezug, wobei die diesbezüglichen Verdachtsmomente gegen den Beschwerdeführer von Beginn an äußerst vage waren (vgl ON 6.2.23) und sich nicht weiter erhärten ließen. In ihrer Gesamtheit präsentiert sich die Angelegenheit damit als unterdurchschnittlich komplex.

Auch der konkrete Verteidigungsaufwand blieb hinter dem vom Gesetzgeber bedachten Durchschnittsfall zurück. Während zu den beiden ursprünglich getrennt geführten Ermittlungsverfahren je eine Vollmachtsbekanntgabe eingebracht wurde (ON 5.15, ON 12.9), jeweils Akteneinsicht genommen wurde (ON 5.12, ON 12.7) und wohl auch vorbereitende Tätigkeiten durchgeführt wurden, nahmen die beiden Beschuldigtenvernehmungen, in deren Zuge sich der Beschwerdeführer nicht zu den Vorwürfen äußerte (§ 7 Abs 2 zweiter Satz StPO), bloß sechs (am 22. Oktober 2024 [ON 5.5 und ON 5.12]) beziehungsweise sieben Minuten (am 8. Jänner 2025 [ON 12.6]) in Anspruch. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der selbe Verteidiger einen Mitbeschuldigten vertreten hat (ON 5.14, ON 12.8; vgl Lendl aaO § 393a Rz 12, Öner in LiK-StPO § 393a Rz 23) und die Vernehmungen zeitlich jeweils unmittelbar hintereinander stattgefunden haben.

Ausgehend davon erweist sich hier der Ersatz eines Kostenaufwands von EUR 750,00 als angemessen. Dazu kommen die – wenngleich nicht beantragten (vgl ON 14.1, 14.2; dazu: Mayerhofer/Hollaender, StPO 5 § 393a E 10) und auch in der Beschwerde nicht thematisierte (vgl Lendl aaO § 393a Rz 27) so doch unangefochten zuerkannten – Barauslagen von EUR 32,90, die jedenfalls im Akteninhalt Deckung finden (ON 12.7).

Der Beschwerde ist demgemäß Folge zu geben und der vom Bund zu ersetzenden Beitrag zu den Verteidigungskosten auf EUR 782,90 zu erhöhen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).