JudikaturOLG Linz

10Bs137/25f – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafvollzugssache A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 15. Mai (richtig:) 2025, BE*-12, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der ** geborene A* verbüßt im forensisch-therapeutischen Zentrum B* eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Jahren, die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Steyr vom 9. März 2016, Hv*, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 dritter Fall, Abs 2 und 3 SMG und des Verbrechens der versuchten Vorbereitung von Suchtgifthandel nach den § 15 Abs 1 StGB, § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 und 3 SMG verhängt wurde. Das errechnete Strafende fällt auf den 28. Juni 2029. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 28. Juni 2022 vor, zwei Drittel der Strafe waren am 28. Oktober 2024 verbüßt.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Steyr als zuständiges Vollzugsgericht in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.3) - nach Anhörung des Strafgefangenen (ON 11) - dessen bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab (ON 12). Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 14), der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss den Akteninhalt sowie die gesetzlichen Grundlagen zutreffend dargestellt, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RISJustiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg.cit. darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw. ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper, WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe sind generalpräventive Erwägungen ausnahmslos nicht mehr zu berücksichtigen. Allein die spezialpräventiv geprägte Annahme nicht geringerer Wirksamkeit der bedingten Entlassung ist maßgebliches Entscheidungskriterium ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17). Wenngleich die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein soll, steht dieser jedoch beim Beschwerdeführer nach wie vor ein die Ausnahme dazu darstellendes evidentes Rückfallrisiko unüberwindbar entgegen.

Die Strafregisterauskunft des Beschwerdeführers weist neben der in Vollzug stehenden Verurteilung zwei weitere einschlägige Eintragungen auf, wobei ihm bereits in der Vergangenheit die Rechtswohltat der bedingten Entlassung gewährt wurde (Pos 2 in ON 6). Wenngleich diese früheren Verurteilungen und das damit verbundene mehrmalige Verspüren des Haftübels (teils auch in Form der Auslieferungs- und Untersuchungshaft) schon länger zurückliegen, demonstriert die danach verübte massive Suchtgiftdelinquenz (die nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG qualifizierte Grenzmenge wurde über 250-fach überschritten; alleine die manipulierte Menge an Kokain hatte einen Verkehrswert von zumindest EUR 40 Mio [Urteil des Landesgerichts Steyr, Hv*, US 41]) die Unbeeindrucktheit des Beschwerdeführers von den bisherigen staatlichen Sanktionen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer einen in der Vergangenheit liegenden Haftaufenthalt in einer kroatischen Justizanstalt im Jahr 2006 nicht etwa dafür nutzte, sein hinkünftiges Leben in geordnete Bahnen zu lenken, sondern dass er diesen Gefängnisaufenthalt vielmehr zum Anlass nahm, dort Kontakte zu einer international-agierenden kriminellen Vereinigung zu knüpfen, die sich darauf spezialisiert hatte, äußerst professionell Suchtgift in immensen Mengen von Amerika nach Europa zu schmuggeln. Völlig unbeeindruckt von den bisher verspürten Hafterlebnissen suchte er, nachdem er gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 10. Dezember 2008 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen wurde, alsbald neuerlich Kontakt zu Mitgliedern dieses Drogenkartells, um in weiterer Folge (aus reiner Gewinnsucht und ohne an das Wohl anderer zu denken [Urteil des Landesgerichts Steyr, Hv*, US 42]) den wiederholten Schmuggel von exorbitant hohen Mengen an Kokain (über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr) zu realisieren (Urteil des Landesgerichts Steyr, Hv*, US 8f, 35).

Der Einschätzung des Erstgerichtes, wonach aufgrund der einschlägigen Vorstrafen, seines bisherigen Verhaltens und der Wirkungslosigkeit der bereits zuvor gewährten Rechtswohltat nicht davon auszugehen sei, dass der Strafgefangene durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher - auch unter Bedachtnahme auf die Wirkungen von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - unumwunden zuzustimmen. Diesem offenkundigen Risiko kann durch das erst relativ kurz andauernde Stadium des Entlassungsvollzugs (dieses dauert bislang nicht einmal vier Monate an [AS 2 in ON 11]) noch nicht ausreichend entgegen gewirkt werden, sodass die für eine bedingte Entlassung erforderliche günstige Verhaltensprognose derzeit sachlich nicht begründbar ist, und es des weiteren Vollzugs bedarf, um sicherzustellen, dass der Verurteilte verlässlich in der Lage ist, hinkünftig ein redliches Leben im Einklang mit den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft zu führen. Daran vermögen auch die hausordnungsgemäße Führung des Strafgefangenen, seine Therapiebereitschaft und die Angaben zu seiner Wohnmöglichkeit (ON 2, 5, 7, 8) nichts ändern. Inwiefern sich der zu erwartende Pensionsbezug spezialpräventiv förderlich auswirken soll (auch damals stand die Gewährung regelmäßiger Sozialleistungen delinquentem Verhalten nicht entgegen [Urteil des Landesgerichts Steyr, Hv*, US 6]) erschließt sich nicht.

Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.