4R87/25d – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache des Klägers A*, geboren am **, Pensionist, **straße **, **, vertreten durch Dr. Arnold Mayrhofer, Rechtsanwalt in Linz als beigegebener Verfahrenshelfer, gegen die Beklagte Republik Österreich , vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wegen EUR 9.128,99 s.A., über den Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 11. März 2025, Cg*-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt mit elektronisch eingebrachter Eingabe vom 25. Oktober 2024 die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Führung eines Amtshaftungsverfahrens, das seine Grundlage in einem beim Magistrat der Stadt B*, C* D* (MA D*) geführten Verfahren auf Gewährung von Mietbeihilfe hat. Auch das Verwaltungsgericht Wien habe seine Klage (gemeint Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt B*, MA D*) mit gesetzlich falschen Begründungen abgewiesen. Deshalb habe er Revision eingelegt und die Angelegenheit sei im Mai 2020 zum Verwaltungsgerichtshof gegangen; auch dort sei abgelehnt worden. Da sein im Jahr 2019 gestellter Antrag auf Mietbeihilfe für Pensionsbezieher und damit verbunden Mindestsicherung gesetzlich falsch abgelehnt worden sei, habe er im Frühjahr 2023 die Klage gegen die MA D*, aber auch gegen die Republik Österreich, da ja das Verwaltungsgericht falsch geurteilt habe, eingebracht. Diese Klage (richtig und offenbar gemeint der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage „gegen die MA D* [Gemeinde B*] und/oder die Republik Österreich“) sei abgewiesen worden, wobei auch die Entscheidung des Rekursgerichtes (Beschluss des OLG Wien vom 23. Jänner 2024, 14 R 129/23b) nicht nachvollziehbar, widersprüchlich und inhaltlich falsch sei (ON 1.1 und Verbesserungseingabe ON 6).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das nach Delegierung durch den Obersten Gerichtshof (ON 3) zuständige Erstgericht den Antrag vom 25. Oktober 2024 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Führung eines Amtshaftungsverfahrens gegen die Republik Österreich ab.
Nach der wesentlichen Begründung des Erstgerichtes könne der Ansicht des Klägers, die Entscheidung des OLG Wien sei unvertretbar falsch, nicht gefolgt werden. Weder in seinem ursprünglichen Antrag noch in seiner Verbesserung könne der Kläger begründete Zweifel an der Entscheidung des OLG Wien aufzeigen. Im Amtshaftungsprozess sei, anders als in einem Rechtsmittelverfahren, nicht nur zu prüfen, ob die beanstandete Entscheidung oder Verhaltensweise eines Organs richtig gewesen sei, sondern auch - bei deren Rechtswidrigkeit - ob sie auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, somit auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung beruht habe. Die Entscheidung des OLG Wien, auf die der Kläger seine Ansprüche stützen möchte, sei umfassend und ausführlich begründet. Es werde gut nachvollziehbar dargestellt, aus welchen Gründen die Berechnung im Bescheid der MA D* zwar falsch, in der Entscheidung des VwG Wien allerdings richtig gewesen sei. Ebenso ausführlich werde beschrieben, warum die vom Kläger angesprochene Verletzung der Manuduktionspflicht nicht vorliege. Auch die rechtliche Konsequenz, die vom Kläger dort angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig in Bezug auf die Berechnung der Mietbeihilfe und als offenbar aussichtslos in Bezug auf die behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht zu beurteilen, sei nicht nur als vertretbar, sondern auch als richtig zu bezeichnen. Ein verständiger Rechtssuchender würde sich daher auf ein derartiges Verfahren, das die Unvertretbarkeit dieser Entscheidung voraussetzen würde, auf eigenes Risiko nicht einlassen, da er ein Unterliegen im Verfahren und die damit verbundenen Prozesskostenfolgen realisieren würde. Der Versuch, das auf Kosten der Allgemeinheit im Wege der Verfahrenshilfe zu machen, mache die angestrebte Rechtsverfolgung offenbar mutwillig im Sinn des § 63 Abs 1 ZPO.
Gegen diese Entscheidung brachte der Kläger innerhalb offener Rechtsmittelfrist einen selbst verfassten Rekurs mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für diese Eingabe ein (ON 8).
Das Erstgericht erachtete den Rekurs offenbar als verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig, und bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 29. April 2025, ON 11, die Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes für das Verfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe, insbesondere die Verbesserung des Rekurses ON 8.
Mit seinem verbesserten Rekurs strebt der Kläger die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend an, dass ihm die Verfahrenshilfe zur Führung eines Amtshaftungsverfahrens gegen die Republik Österreich im beantragten Umfang bewilligt werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Revisorin beim Oberlandesgericht Linz erstattete keine Rekursbeantwortung.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurswerber führt zusammengefasst aus, dass die Entscheidung des OLG Wien zu 14 R 129/23b unvertretbar sei, weil dieses einen Grundbedarf der Mindestsicherung zur Deckung des Wohnbedarfs in Höhe von EUR 255,67 angesetzt habe und damit von der klaren Rechtslage des § 1 Abs 3 lit b der 5. Verordnung zum Wiener Mindestsicherungsgesetz 2019 (WMG-VO 2019) abgewichen sei, ohne sich mit dem angesetzten Betrag näher auseinanderzusetzen oder diesen näher zu begründen. Bei richtiger Anwendung der Rechtslage hätte das OLG Wien einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs von EUR 89,65 anzunehmen gehabt. Das OLG Wien übersehe sohin, dass auch die Argumentation des VwG Wien rechtlich verfehlt sei, weil ohne nähere Begründung ein unrichtiger und der Höhe nach nicht nachvollziehbarer Grundbetrag herangezogen worden sei. Die Entscheidung des OLG Wien sei daher nicht nur unrichtig, sondern auch nicht vertretbar, sodass die vom Kläger begehrten Amtshaftungsansprüche betreffend die abgewiesene Mietbeihilfe als nicht offenbar aussichtslos anzusehen seien.
Unabhängig von den jeweils angestellten Berechnungen übersieht der Rekurswerber Folgendes:
Mit Erkenntnis des VwG Wien vom 5. März 2020, **, wurde der Beschwerde des Klägers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt B*, MA D*, vom 14. November 2019, **, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Mietbeihilfe vom 27. Mai 2019 abgewiesen worden sei, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Mietbeihilfe vom 27. Mai 2019 abgewiesen wird. Weiters sprach das VwG Wien aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig ist.
Demgemäß bestand unter anderem die Möglichkeit der Erhebung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof (siehe auch die Belehrung zum Erkenntnis des VwG Wien). Nach dem ausdrücklichen Vorbringen des Klägers hat er auch die Möglichkeit der Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Anspruch genommen (siehe ON 6.11, bezeichnet als „ordentliche Revision“), die allerdings abgelehnt worden sei.
Dies bedeutet aber, dass der erfolgreichen Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs die Bestimmung des § 2 Abs 3 AHG entgegensteht, wonach aus einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ein Ersatzanspruch nicht abgeleitet werden kann. Unter „Erkenntnis“ im Sinn des § 2 Abs 3 AHG ist jede Art von Entscheidung durch ein Höchstgericht zu verstehen, in welcher verfahrensrechtlich vorgesehenen Weise auch immer sie gefällt wird. Erkenntnis im Sinn des § 2 Abs 3 AHG ist damit nach Rechtsprechung und Lehre auch jeder Beschluss, mit dem ein Höchstgericht ein Rechtsmittel mangels erheblicher Rechtsfrage zurückweist, womit - soweit die Kognition des angerufenen Höchstgerichts reicht (vgl RS0077506; RS0077496) - von diesem die mangelnde Korrekturbedürftigkeit und damit auch die Vertretbarkeit der Entscheidung der Vorinstanz zum Ausdruck gebracht wird (zur Zurückweisung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof RS0120512 bzw der Revision seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 [BGBl I 2012/51] siehe Mader/Vollmaier in Schwimann/Kodek ABGB 5§ 2 AHG Rz 14 FN 120; 1 Ob 83/21v mwN).
Sollte die vom Kläger erhobene Revision in irgendeiner Form nicht ordnungsgemäß ausgeführt gewesen sein, sodass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ergehen konnte (eine solche wurde nicht vorgelegt und ist auch nicht ersichtlich), läge eine Verletzung der Rettungsobliegenheit im Sinn des § 2 Abs 2 AHG vor, die ebenfalls die erfolgreiche Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ausschließt. Ein Amtshaftungsanspruch setzt nämlich voraus, dass alle zulässigen und rechtzeitig möglichen Rechtsmittel einschließlich der VwGH-Beschwerde ergriffen wurden (RS0053063). Die Partei muss in diesem Sinn das Rechtsmittel nicht nur erheben, sondern es so ausführen und formulieren, dass die darüber entscheidende Instanz in der Lage ist, den behaupteten Beurteilungs- oder Verfahrensfehler aufzugreifen und zu korrigieren (RS0026901 [T14]).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass aus diesen Gründen der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch gegen das Land Wien oder die Republik Österreich zufolge § 2 Abs 2 oder § 2 Abs 3 AHG von vorneherein offenbar aussichtslos ist, sodass die inkriminierte, im Verfahrenshilfeverfahren ergangene Entscheidung des OLG Wien, mit der der Verfahrenshilfeantrag letztinstanzlich abgewiesen wurde, jedenfalls im Ergebnis zutreffend war.
Daraus folgt aber, dass auch das Erstgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aus der angeführten Entscheidung des OLG Wien zu Recht abgewiesen hat. Auf allfällige Berechnungsfehler im Zusammenhang mit der begehrten Mietbeihilfe kommt es daher letztlich nicht entscheidend an.
Dem Rekurs musste schon aus diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Gemäß § 72 Abs 3 letzter Satz ZPO findet im Verfahrenshilfeverfahren - unabhängig vom Rechtsmittelerfolg - ein Kostenersatz nicht statt.
Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 4 ZPO.