9Bs103/25y – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende und Mag. Kuranda und den Richter Mag. Huemer-Steiner in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter, dritter und fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 16. April 2025, Hv*-40, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit rechtskräftigem Urteil vom 11. November 2022 (ON 23) wurde A* jeweils mehrerer Verbrechen und Vergehen nach dem SMG sowie einer anderen strafbaren Handlung schuldig erkannt und – soweit hier von Bedeutung – nach § 20 Abs 3 StGB ein Geldbetrag von 20.000 Euro für verfallen erklärt (ON 23, 3).
Nach seiner bedingten Entlassung am 17. Oktober 2024 (ON 35) erbat der Verurteilte mit Eingabe vom 20. Jänner 2025 (ON 38, 3 ff) unter Hinweis auf seine angespannte finanzielle Situation „Nachsicht bezüglich seines offenen Verfalls aus dem Anlassdelikt“, da andernfalls seine bislang positiv verlaufenden Resozialisierungsbemühungen gefährdet seien.
Diesen, in Richtung des § 31a Abs 3 StGB gedeuteten Antrag wies das Erstgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 16. April 2025 (ON 40) ab.
Dagegen wendet sich die Beschwerde des Verurteilten (ON 42), die jedoch ohne Erfolg ist.
Rechtliche Beurteilung
Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils nicht auf Verfall oder nur auf Verfall geringerer Vermögenswerte zu erkennen gewesen wäre, hat das Gericht die Entscheidung entsprechend zu ändern (§ 31a Abs 3 StGB). Für eine Milderung des Verfalls können, da diese Bestimmung nicht auf den Ausschlussgrund des § 20a StGB beschränkt ist, auch nachträglich bekannt werdende Umstände in Frage kommen, die nur die Beurteilung nach § 20 StGB betreffen ( Ratz in WK 2StGB § 31a Rz 8).
Der Rechtsmittelwerber bringt solche allerdings nicht vor. Abgesehen davon, dass seine wirtschaftlich schwierige Situation bereits im Urteilszeitpunkt bekannt war (vgl ON 23, 3), betreffen die in der Beschwerde aufgelisteten aktuellen Verbindlichkeiten von über 20.000 Euro nach Lage des Falls mit Blick weder auf § 20 Abs 3 StGB noch auf § 20a Abs 2 oder Abs 3 StGB einen Umstand, der – wann immer – zu einer niedrigeren Festsetzung des Verfallsausspruchs oder zu dessen Absehen geführt hätte, weil sich – allem voran – der Wertersatzverfallsbetrag ausschließlich am Wert des für oder durch die inkriminierten Handlungen Erlangten bemisst (vgl ON 23, 6 f; § 20 Abs 1 StGB; RIS-Justiz RS0133117; Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 20 Rz 71 f mwH). Ein Unterbleiben des Verfalls sieht § 20a Abs 3 StGB dann vor, wenn der für verfallen zu erklärende Vermögenswert oder die Aussicht auf dessen Einbringung außer Verhältnis zum Verfahrensaufwand steht, den der Verfall oder die Einbringung erfordern würde; angesprochen ist in letzterer Variante die Unverhältnismäßigkeit des Vollstreckungs aufwands in Relation zum – hier freilich hohen – für verfallen erklärten Vermögenswert ( Ratz in WK 2StGB § 31a Rz 8). Vermögenslosigkeit des Angeklagten stellt im Übrigen nach herrschender Auffassung keinen Anwendungsbereich des § 20a Abs 3 zweiter Fall StGB dar. Denn die Unverhältnismäßigkeit nach dieser Bestimmung bezieht sich allein auf den Ermittlungsaufwand (notwendige Rechtshilfeersuchen, Sachverständigengutachten), nicht jedoch auf eine geringe Wahrscheinlichkeit der erst im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zu prüfenden (§ 408 f StPO) Einbringung des jeweiligen Vermögenswerts (RIS-Justiz RS0131561; EvBl-LS 2018/23 Anm Ratz; Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 20a Rz 36; Stricker in Leukauf/Steininger StGB 4 § 20a Rz 11 mN). Zwar werden die geltenden Verfallsnormen mitunter als „extrem resozialisierungsfeindlich“ kritisiert ( Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 20a Rz 40 ff mwN). Dies ändert aber nichts daran, dass die (auf den ** geborenen Beschwerdeführer anzuwendende) Regelung des § 20a Abs 3 StGB, anders als § 5 Z 6a JGG, auch keine Härteklausel bereithält ( Stricker in Leukauf/Steininger StGB 4 § 20a Rz 12; krit Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 20a Rz 47 ff; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari StGB 14 § 20a Rz 8), welche nach dem Gesagten und (entgegen Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 20a Rz 37 aE) der Logik des § 31 Abs 3 StGB nachträglich noch zur Anwendung gebracht werden könnte.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.