2R66/25a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden, Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache der Klägerin A* B* , geb. **, Pensionistin, **, **, vertreten durch die Braunsberger-Lechner - Loos Rechtsanwälte in Steyr, wider den Beklagten Dr. C* B* , Notar, **straße **, **, vertreten durch die Riedl - Ludwig - Penzl Rechtsanwälte GmbH in Haag, wegen EUR 70.780,00 s.A., hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 27. März 2025 (signiert am 29.03.2025), Nc*-4, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Die Klägerin begehrte mit Mahnklage vom 21. Jänner 2025 die Zahlung eines Pflegevermächtnisses iHv EUR 70.780,00 vom Beklagten, der alleiniger Erbe des verstorbenen Ehegatten der Klägerin sei. Nach Einspruch des Beklagten gegen den daraufhin erlassenen bedingten Zahlungsbefehl beraumte der Verhandlungsrichter die vorbereitende Tagsatzung an und teilte dabei den Parteien mit Note vom 12. Februar 2025 wie folgt mit:
„Der Verhandlungsrichter gibt bekannt, dass er den Beklagten Dr. C* B* vom Studium an der D* kennt, zumal dieser Studienassistent am Institut für Kirchenrecht gewesen ist und die Mutter des Verhandlungsrichters an diesem Institut als Bibliothekarin beschäftigt gewesen ist. Der Verhandlungsrichter ist mit dem Beklagten auch per Du. Überdies ist der Verhandlungsrichter Vorsitzender der Prüfungskommission für Notarprüfungen am OLG Linz und kommt es gelegentlich vor, dass der Verhandlungsrichter mit dem Beklagten, der ebenfalls Prüfungskommissär der Notariatsprüfung ist, gemeinsam prüft, dies zuletzt im vergangen Jahr. Ein näheres Bekanntschafts- bzw. Freundschaftsverhältnis zum Beklagten besteht hingegen nicht. Der Verhandlungsrichter fühlt sich auch subjektiv nicht befangen. Sollte seitens der Parteien ein Ablehnungsantrag, insbesondere wegen eines allfälligen objektiven Anscheins der Befangenheit gestellt werden, wird gebeten dies zeitgerecht noch vor der VTS vorzunehmen.“
Mit am 14. Februar 2025 eingebrachten Schriftsatz lehnte die Klägerin den Verhandlungsrichter als befangen ab. Aufgrund der vom Verhandlungsrichter dargelegten Umstände bestehe der objektive Anschein der Befangenheit.
Der abgelehnte Richter nahm dazu Stellung, indem er die an die Parteien gerichtete Note vom 12. Februar 2025 wiedergab und erklärte, sich subjektiv nicht befangen zu fühlen.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Ablehnungsantrag ab. In seiner Begründung verwies es zunächst auf § 19 Z 2 JN, wonach ein Richter dann befangen sei, wenn Umstände vorlägen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen würden, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Als Befangenheitsgründe kämen in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien in Betracht, weil in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine unparteiische Entschließung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt sei. Bei der Prüfung der Unbefangenheit sei im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen. Befangenheit bzw. ein objektiver Anschein einer Voreingenommenheit liege nur dann vor, wenn eine besondere Nahebeziehung zwischen dem Prozessrichter und jene in das Verfahren involvierten Person bestehe, die weit über die bloße Angehörigkeit zur gleichen Berufsgruppe oder ein übliches kollegiales Verhältnis hinausgehe, wodurch für die Prozessbeteiligten oder die Öffentlichkeit der Eindruck entstehen könnte, der betreffende Richter sei nicht in der Lage, das Verfahren objektiv zu führen oder die Verfahrensergebnisse neutral zu beurteilen. Daher würden etwa auch berufliche Kontakte von Richtern oder ein kollegiales Verhältnis für sich allein genommen noch keine Befangenheiten begründen. Es sei grundsätzlich eine professionelle Trennung zwischen beruflicher und privater Beziehung zu erwarten, sodass eine Hemmung an einer unparteiischen Entscheidung auch bei objektiver Betrachtung schon dem Anschein nach nicht befürchtet werden müsse.
Fallkonkret lägen keine ausreichenden Gründe vor, die ausgehend von den allgemein zu erwartenden Fähigkeit zur unvoreingenommenen Verfahrensführung und Entscheidungsfindung und den dargestellten Grundsätzen die Unbefangenheit des Verhandlungsrichters in Zweifel ziehen würden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Klägerin mit dem Abänderungsantrag dahin, ihrem Ablehnungsantrag Folge zu geben.
Der Beklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auf die vom Erstgericht zutreffend dargestellten Judikaturgrundsätze kann verwiesen und daraus hervorgehoben werden, dass der objektive Anschein einer Voreingenommenheit nur dann vorliegt, wenn eine besondere Nahebeziehung zwischen dem Prozessrichter und jene in das Verfahren involvierten Person besteht, die weit über die bloße Angehörigkeit zur gleichen Berufsgruppe oder ein übliches kollegiales Verhältnis hinausgeht (vgl. OGH 1 Ob 196/14a = RS0046053 [T9]).
Der inhaltlich von der Klägerin unbestritten gelassenen Stellungnahme des abgelehnten Richters in seiner Note vom 12. Februar 2025 lassen selbst nach dem im Interesse des Ansehens der Rechtsprechung gebotenen strengen Maßstab keinen Anschein der Befangenheit befürchten. Der bloße Umstand, dass der abgelehnte Richter den Beklagten vom Studium an der D* kennt, kann mit Blick auf den oft auf Grund der gemeinsamen Aus- und Fortbildung bestehenden freundschaftlich kollegialen Kontakt zwischen Richtern und Rechtsanwälten bzw. Notaren für sich alleine keinen Befangenheitsgrund darstellen, außer der Richter erklärt sich selbst für befangen (RISJustiz RS0046076). Das „Du-Wort“ zwischen den beiden, sowie die Beschäftigung der Mutter des abgelehnten Richters am Institut für Kirchenrecht, an dem der Beklagte als Studienassistent tätig war, ändert mangels einer Nahebeziehung des Richters selbst daran nichts. Der rein berufliche Kontakt im Rahmen der gemeinsamen Tätigkeit in der Notariatsprüfungskommission genügt ebenso nicht, um Befangenheit annehmen zu können oder auch bloß den Anschein der Befangenheit zu erwecken (siehe dazu RISJustiz RS0045892).
Konkrete Hinweise auf ein näheres Freundschafts- oder Bekanntschaftsverhältnis, das bei objektiver Betrachtung eine von sachfremden Motiven geleitete Entscheidung schon dem Anschein nach befürchten lässt, lassen sich weder der Stellungnahme des abgelehnten Richters noch den Rekursausführungen entnehmen.
Da die Klägerin somit keine ausreichenden Umstände darzustellen vermochte, die ihren Ablehnungsantrag stützen, ist dem Rekurs der Erfolg zu versagen.
Das Ablehnungsverfahren bildet einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RISJustiz RS0126588). Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Die Klägerin hat die verzeichneten Kosten ihres erfolglosen Rekurses nach den §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen.
Die absolute Unzulässigkeit des weiteren Rechtszugs folgt aus § 24 Abs 2 JN (RIS-Justiz RS0122963, insb [T2]; RS0098751).