6R61/25w – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Hermann Holzweber in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg zu FN ** eingetragenen A* GmbH , **gasse **, **, wegen Verhängung einer Zwangsstrafe, über den Rekurs des Geschäftsführers B*, geboren am **, pA JVA C*, **, **, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 14. März 2025, Fr*-8, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Wegen unterbliebener Einreichung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2023 bis zum 30. September 2024 (Stichtag der Zwangsstrafverfügung) verhängte das Firmenbuchgericht am 30. Oktober 2024 über die Gesellschaft und ihren Geschäftsführer Zwangsstrafen von jeweils EUR 350,00 (ON 1 und ON 2). Der Geschäftsführer erhob gegen die ihn betreffende Zwangsstrafverfügung Einspruch. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Firma seit 2022 keine Umsätze mehr erziele und der Steuerberater in Pension sei, wodurch die Liquidation der Firma nicht erfolgt wäre. Zudem sei er als Geschäftsführer derzeit handlungsunfähig, da er sich in Haft befinde.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. März 2025 verhängte das Erstgericht im ordentlichen Verfahren über den Geschäftsführer eine Zwangsstrafe von EUR 350,00 (ON 8).
Nach der erstgerichtlichen Beschlussbegründung müsse der Geschäftsführer einer GmbH die notwendigen organisatorischen Maßnahmen treffen, damit der Jahresabschluss rechtzeitig eingereicht werden könne, sei die Erstellung und Einreichung des Jahresabschlusses eine der Haupt- und Kardinalpflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Für die Verhängung von Zwangsstrafen reiche bereits leichte Fahrlässigkeit aus. Dass die Gesellschaft seit 2022 keine Umsätze mehr erzielt habe, begründe keine Ausnahme von der Offenlegungspflicht, vielmehr bestehe die Verpflichtung zur Aufstellung und Vorlage von Jahresabschlüssen auch dann, wenn die Gesellschaft keine Tätigkeit mehr ausübe, ruhend gemeldet, stillgelegt oder ähnliches sei. Auch die Pensionierung des Steuerberaters könne nicht als unvorhersehbares Ereignis gesehen werden, hätte der Geschäftsführer einen neuen Steuerberater beauftragen können. Die Tatsache, dass sich der Geschäftsführer in Haft befinde, begründe keine Handlungsunfähigkeit und mache die Unterfertigung eines Jahresabschlusses nicht unmöglich.
Gegen die Verhängung der Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren richtet sich der (im Zweifel rechtzeitige [RS0006965]) Rekurs des Geschäftsführers, mit dem er die Einstellung und Abstandnahme der Strafe beantragt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Geschäftsführer argumentiert im Wesentlichen wie in seinem Einspruch und verweist darauf, dass die Firma keine Tätigkeit mehr ausübe, über kein Bankkonto, kein GKK-Konto und keine Mitarbeiter verfüge, die Firma umgehend ruhend gemeldet werden soll und er aufgrund seiner Haft kein Einkommen habe.
Gemäß § 277 Abs 1 UGB haben die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften die in den §§ 277 bis 279 UGB angeführten Unterlagen spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuch zur Offenlegung einzureichen.
Die Erstellung und Einreichung des Jahresabschlusses ist eine der Haupt- und Kardinalpflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Nach § 283 Abs 2 UGB ist bei nicht rechtzeitiger Einreichung des Jahresabschlusses eine Zwangsstrafe über den Geschäftsführer (§ 283 Abs 1 UGB) und über die Gesellschaft (§ 283 Abs 7 UGB) zu verhängen. § 283 Abs 1 UGB setzt für eine zwingende Bestrafung (6 Ob 129/11f) lediglich das Verstreichen der Offenlegungspflicht voraus (RS0127330).
Mit der rechtzeitigen Erhebung eines begründeten Einspruchs tritt die Zwangsstrafverfügung außer Kraft. Die Verhängung einer Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren erfordert Verschulden des Geschäftsführers selbst (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 34), wobei ihm bereits leichte Fahrlässigkeit schadet (RS0123571; 6 Ob 30/21m). Um einer Bestrafung nach § 283 UGB zu entgehen, haben die Geschäftsführer im Zwangsstrafverfahren – und zwar gemäß § 283 Abs 2 5. Satz UGB bereits im Einspruch (6 Ob 133/11v) – die Unmöglichkeit der (rechtzeitigen) Einreichung des Jahresabschlusses infolge eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses (RS0123571 [T7]) bzw mangelndes Verschulden darzutun (6 Ob 133/11v). Der Geschäftsführer muss nachweislich alles unternommen haben, um die rechtzeitige Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu gewährleisten (RS0123571; 6 Ob 30/21m; 6 Ob 199/11z). Der Zweck der Offenlegung von Jahresabschlüssen könnte nämlich leicht vereitelt werden, ließe man der Gesellschaft und ihren Organen die Möglichkeit offen, sich unter Berufung auf innere Umstände den Offenlegungspflichten zu entziehen, weshalb der Zweck der Offenlegungspflichten, die Information Dritter über die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft (vgl 6 Ob 20/08x; 6 Ob 214/15m), eine strenge Vorgehensweise durch die Firmenbuchgerichte rechtfertigt (RS0123571 [T11]).
Hier wurde – unbestritten – der Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31. Dezember 2023 nicht bis zum 30. September 2024 eingereicht.
Der Einwand im Rekurs, die Firma übe keine Tätigkeiten mehr aus, habe kein Bankkonto, kein Konto bei der „GKK“ und keine Mitarbeiter und soll bzw sollte umgehend ruhend gemeldet werden, ändert nichts an der Offenlegungspflicht nach § 277 Abs 1 UGB. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Erzielung von Umsätzen nicht Voraussetzung für die unternehmerische Offenlegungspflicht; die Bilanzierungs- und Offenlegungspflicht trifft demnach die Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch, wenn sie keine Geschäftstätigkeit ausübt und über keine Mitarbeiter verfügt, weil andernfalls das Publikum nicht über geschäftsrelevante Umstände aufgeklärt wird, dies aber gerade das Ziel der Offenlegungsvorschriften ist (6 Ob 68/03y; 6 Ob 230/20x). Da bei der Gesellschaft und dem Geschäftsführer die Kenntnis der rechtlichen Bestimmungen vorausgesetzt werden kann (6 Ob 230/20x), hat das Erstgericht somit zutreffend eine Zwangsstrafe über den Geschäftsführer verhängt.
Soweit der Geschäftsführer im Einspruch noch vorbrachte, dass er sich in Haft befinde, ist dies nicht als ausreichender Hinderungsgrund für die Erstellung und fristgerechte Einreichung des Jahresabschlusses anzusehen, zumal die Bilanzerstellung gerade bei kleinen Gesellschaften – wie hier – in der Regel nicht aufwendig und wenig kostenintensiv ist und der Geschäftsführer auch einen Dritten damit beauftragen kann. Dass ihm die Beauftragung eines Dritten mit der Bilanzerstellung und -einreichung in der Haft nicht möglich gewesen wäre, behauptet der Geschäftsführer in seinem Einspruch nicht.
Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts erweist sich daher als zutreffend und ist dem Rekurs des Geschäftsführers nicht Folge zu geben.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet auf §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG. Erhebliche Rechtsfragen im Sinne der letztgenannten Bestimmung waren nicht zu beantworten.