JudikaturOLG Linz

3R10/25y – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
18. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie Mag. Carina Habringer-Koller und Dr. Gert Schernthanner in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, Diplomkrankenpfleger, **, **, vertreten durch Mag. Wilhelm Kuri, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Beklagten 1. B* , geboren am **, Montageleiter, **-Straße **, **, und 2. C* AG , FN 036941a, **straße **, **, beide vertreten durch Mag. Andreas Nösterer, Rechtsanwalt in Pregarten, wegen EUR 39.873,73 sA (Berufungsinteresse: EUR 20.589,36) über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26.11.2024, Cg*-24, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit EUR 2.586,36 (darin EUR 431,06 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 16.9.2023 ereignete sich an der Kreuzung der D*straße mit der E*gasse in F* ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker und Halter des dunkelgrauen BMW X5 (**) und der Erstbeklagte als Lenker und Halter des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten weißen BMW X5 (**) beteiligt waren.

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Zahlung von EUR 39.873,73. Die Forderung setzt sich zusammen aus Reparaturkosten für das Klagsfahrzeug von EUR 39.238,73, Schmerzengeld von EUR 1.200,00 und EUR 70,00 an unfallbedingten Spesen, gesamt somit EUR 40.508,73, abzüglich einer vorprozessualen Teilzahlung der Beklagten von EUR 635,00. Den Erstbeklagten treffe das Alleinverschulden am Unfall, weil er den Vorrang des von rechts herankommenden Klägers missachtet habe.

Die Beklagten bestritten, beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, dass das Alleinverschulden am Unfall den Kläger treffe, der mit weit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei und eine mangelnde Aufmerksamkeit bzw verspätete Reaktion zu verantworten habe. Der Schaden am Beklagtenfahrzeug sei zwar über die Kaskoversicherung des Erstbeklagten abgewickelt worden, dieser habe jedoch einen Selbstbehalt von EUR 300,00 ebenso wie unfallbedingte Spesen von EUR 70,00 zu tragen gehabt, sodass ein Gesamtbetrag von EUR 370,00 einer allfällig zu Recht bestehenden Klagsforderung compensando entgegen gehalten wurde.

Mit dem angefochtenen Urteil stellte das Erstgericht die Klagsforderung mit EUR 19.619,37 als zu Recht bestehend fest, erkannte die Gegenforderung des Erstbeklagten mit EUR 335,00 als zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand, dem Kläger EUR 19.284,37 samt 4 % Zinsen pa daraus seit 24.10.2023 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von EUR 20.589,36 sA wies es ab. Seiner Entscheidung legte es den auf US 2 bis US 4 festgestellten Sachverhalt zugrunde, der – soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz – im Folgenden wiedergegeben wird, wobei die vom Kläger bekämpften Feststellungen kursiv hervorgehoben und als [F1] und [F2] bezeichnet werden:

„Am Unfalltag fuhr der Erstbeklagte in Annäherung an die Kreuzung mit der D*straße mit einer Geschwindigkeit von circa 30 km/h auf der E*gasse Richtung Süden. Die D*straße quert die E*gasse in annähernd rechtem Winkel, bei der Kreuzung zwischen diesen beiden Straßen, auf der sich nachfolgend der Unfall ereignete, handelt es sich um eine gleichrangige Kreuzung. Im gesamten Unfallgebiet besteht eine 30-km/h-Beschränkung.

In Annäherungsrichtung des Beklagten wird die E*gasse als Einbahnstraße geführt, die asphaltierte Fahrbahnbreite in diesem Bereich beträgt 6,6 Meter. Der Erstbeklagte wollte die D*straße in gerader Richtung queren. In Annäherung an die Kreuzung bremste er auf eine Geschwindigkeit von circa 17 oder 18 km/h und beschleunigte dann wieder, nachdem er nach rechts geblickt hatte und von dort kein Fahrzeug kommen sah. Tatsächlich näherte sich in Fahrtrichtung des Erstbeklagten gesehen von rechts auf der D*straße der Kläger, der seinerseits die E*gasse in gerader Richtung überqueren wollte, mit einer Geschwindigkeit von circa 45 km/h. Der Erstbeklagte, für den die Sicht nach rechts durch in der E*gasse rechtsseitig geparkte Kleinbusse eingeschränkt war, fuhr dessen ungeachtet in die Kreuzung ein, wodurch es in der Folge zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge kam. Die Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges lag im Kollisionszeitpunkt bei 26 km/h, jene des Klagsfahrzeuges unverändert bei 45 km/h, zumal der Kläger das Beklagtenfahrzeug vor der Kollision nicht wahrgenommen und daher auch nicht entsprechend reagiert hat bzw. reagieren hat können [F1] .

Der Erstbeklagte hätte das Klagsfahrzeug bei konstanter weiterer Betrachtung des von rechts ankommenden Verkehrs erkennen und durch Bremsen den Unfall verhindern können – das Klagsfahrzeug wäre aufgrund seiner Geschwindigkeit diesfalls aus dem Gefahrenbereich wieder hinausgefahren, ohne dass es zur Kollision gekommen wäre.

Hätte der Kläger seinerseits die gebotene Geschwindigkeit von 30 km/h eingehalten, wäre allerdings das Klagsfahrzeug noch vor der Beschleunigungsphase im direkten Sichtbereich innerhalb der Frontscheibe so rechtzeitig für den Erstbeklagten erkennbar gewesen, dass es alleine durch Abstandnahme vom Beschleunigen und Einfahren in die Kreuzung nicht zur Kollision gekommen wäre. Dass der Erstbeklagte diesfalls nicht entsprechend reagiert hätte, kann nicht festgestellt werden [F2] .

So aber prallte der Erstbeklagte mit der linken Vorderfront des Beklagtenfahrzeuges gegen die linke hintere Seite des Klagsfahrzeuges, das sich in der Folge durch den Anstoß entgegen dem Uhrzeigersinn drehte und mit der rechten vorderen Fahrzeugfront gegen die rechte Fahrzeugseite eines am nördlichen Fahrbahnrand (des in Fahrtrichtung des Erstbeklagten links befindlichen Teils) der D*straße geparkten Kleinbus Renault Master mit dem amtl. Kennzeichen ** stieß, bevor es unter einem Winkel von rund 30 bis 35 Grad zur Längsachse der D*straße nach rechts zeigend zum Stillstand kam. In weiterer Folge beschleunigte der Kläger das Klagsfahrzeug aber wieder und fuhr mit einer Geschwindigkeit von rund 15 km/h gegen die linke Flanke des Beklagtenfahrzeuges auf Höhe der Fahrertüre. Da der Erstbeklagte das Klagsfahrzeug kommen sah und sich angesichts der drohenden Gefahr abschnallte, auf den Beifahrersitz hinüberbeugte und mit dem Ellbogen versuchte, sich zu schützen, und zudem der Seiten-Airbag aufging, wurde der Erstbeklagte dabei nicht verletzt. [...].“

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Erstbeklagte den Vorrang des Klägers (§ 19 Abs 1 StVO) verletzt habe, weshalb ihn jedenfalls ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalles treffe. Der Kläger hingegen habe seinerseits nicht die gemäß § 20 Abs 2 iVm § 43 StVO im Unfallbereich vorgeschriebene Geschwindigkeit von 30 km/h eingehalten, sondern diese um 50 % überschritten. Sowohl bei ordnungsgemäßem Verhalten des Erstbeklagten als auch bei ordnungsgemäßem Verhalten des Klägers wäre es zum Unfall nicht gekommen. Der Beweis, dass es auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit seinerseits gleichfalls zum Unfall gekommen wäre, sei dem Kläger nicht gelungen. Vor diesem Hintergrund sei eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1:1 zwischen den beiden Lenkern angemessen, sodass die Klagsforderung und die Spesenforderung der Beklagten jeweils zur Hälfte zu Recht bestünden. Beim vom Erstbeklagten getragenen Selbstbehalt handle es sich um eine quotenbevorrechtete Position, die dementsprechend dem Kläger zur Gänze entgegengehalten werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der unrichtigen und „mangelhaften“ Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (mitsamt eines sekundären Feststellungsmangels) mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren mit weiteren EUR 20.589,36 sA stattzugeben; in eventu wird im Umfang der Anfechtung ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Tatsachenrüge:

I.1.Um eine Tatsachenrüge ordnungsgemäß auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 15). Im Rahmen einer ordnungsgemäß ausgeführten Tatsachenrüge ist vom Berufungsgericht zu prüfen, ob die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts das Ergebnis einer unrichtigen Würdigung der aufgenommenen Beweise, einer unrichtigen Anwendung von Erfahrungssätzen oder der Heranziehung unzutreffender Erfahrungssätze darstellen ( Pimmer in Fasching/Konecny 3IV/1 § 467 ZPO Rz 39). Dass ein anderer als der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt möglich wäre, reicht nicht aus; maßgeblich ist, ob für die rechtsrichtige Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden haben ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 467 ZPO E 39/1). Eine Beweisrüge hat darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen; sie kann nur dann erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen ( Klauser/Kodek , aaO E 40/1, E 40/3 und E 40/5).

I.2.1. Der Kläger bekämpft die Feststellung [F1] auf US 3 und begehrt folgende Ersatzfeststellung: „ Die Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges lag im Kollisionszeitpunkt bei 26 km/h, jene des Klagsfahrzeuges unverändert bei cirka 45 km/h, zumal der Kläger das Beklagtenfahrzeug vor der Kollision nicht wahrgenommen und daher auch nicht entsprechend reagiert hat bzw. reagieren hat können.

I.2.2. Begründend führt er aus, dass im Urteil unmittelbar vor der angefochtenen Feststellung festgestellt worden sei, dass sich der Kläger mit einer Geschwindigkeit von ca 45 km/h der Unfallkreuzung angenähert habe. Nachdem die Geschwindigkeit laut den erstgerichtlichen Feststellungen im Kollisionszeitpunkt unverändert gewesen sei, könne die Geschwindigkeit des Klägers auch im Kollisionszeitpunkt nur bei ca – und nicht exakt – 45 km/h gelegen sein. Das Erstgericht beziehe sich beim Unfallhergang unter anderem auf die glaubhaften Schilderungen des Erstbeklagten und der Zeugin G*. Letztere vermenge jedoch bei ihrer Aussage vor Gericht zum Unfallhergang eindeutig ihre Schlussfolgerungen unmittelbar nach dem Unfall vor der Polizei mit dem, was sie tatsächlich wahrgenommen hat. Tatsächlich habe sie die zweite Kollision nicht oder zumindest nicht vollständig gesehen, weshalb ihre Angaben vor Gericht nicht glaubhaft seien. Darüber hinaus habe das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausgeführt, dass die Zeugin sowie der Erstbeklagte ausgesagt hätten, dass der Kläger nach der Kollision noch einmal mit Absicht gegen das Beklagtenfahrzeug gefahren und dies auch vom kfz-technischen Sachverständigen bestätigt worden sei. Diese Beweiswürdigung sei aber objektiv unrichtig, da keine der genannten Personen tatsächlich ausgesagt oder ausgeführt habe, dass der Kläger mit Absicht gegen das Beklagtenfahrzeug gefahren ist. Die rechtliche Relevanz der begehrten Feststellung sei offenkundig, da die vom Kläger eingehaltene Geschwindigkeit bei Überschreitung von 50 bis 100 % auf die Verschuldensteilung erheblichen Einfluss habe.

I.2.3. Wenn der Berufungswerber lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichtes im Zusammenhang mit der Schilderung des Unfallherganges – nämlich zu beiden Zusammenstößen – insbesondere durch die Zeugin G* beanstandet, lässt er dabei eine kritische Auseinandersetzung mit der Beweislage im Zusammenhang mit den konkreten Feststellungen zur Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges im Kolisionszeitpunkt vermissen. Insbesondere legt der Berufungswerber nicht dar, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung das Erstgericht eine Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges von (ca) 45 km/h feststellte, zumal diese Feststellung nicht auf den Angaben der Zeugin G* beruht, sondern sich aus den insoweit unbedenklichen Ausführungen des kfz-technischen Sachverständigen ergibt (AS 7 in ON 16.1). Auch die Ausführungen des Berufungswerbers, wonach es objektiv unrichtig sei, dass der Kläger absichtlich gegen das Beklagtenfahrzeug gefahren sei, sind vor diesem Hintergrund nicht zweckdienlich, zumal das Erstgericht unbekämpft feststellte (US 3), dass der Kläger nach dem ersten Zusammenstoß das Klagsfahrzeug wieder beschleunigte und mit einer Geschwindigkeit von rund 15 km/h gegen die linke Flanke des Beklagtenfahrzeuges fuhr, dabei jedoch keinen konkreten Vorsatzgrad feststellte. Zudem lässt der Berufungswerber offen, welche konkreten rechtlichen Schlussfolgerungen damit verbunden wären, hätte das Erstgericht die Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges zum Zeitpunkt der Kollision mit ca 45 km/h anstatt mit (genau) 45 km/h festgestellt. Insofern vermag der Berufungswerber im Ergebnis keine Zweifel an der schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen.

I.3.1. Der Kläger bekämpft die Feststellung [F2] auf US 3 und begehrt folgende Ersatzfeststellung: „ Der Erstbeklagte hätte diesfalls nicht entsprechend reagiert.

I.3.2. Begründend führt er aus, dass der Kläger nach dem kfz-technischen Sachverständigengutachten auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h keine Unfallverhinderungsmöglichkeit gehabt hätte, während es für den Erstbeklagten diesfalls erkennbar gewesen wäre, dass es alleine durch Abstandnahme vom Beschleunigen und Einfahren in die Kreuzung nicht zur Kollision gekommen wäre. Mangels Blick nach rechts hätte der Erstbeklagte auch bei einer Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges von 30 km/h nicht entsprechend reagiert. Damit treffe den Erstbeklagten das Alleinverschulden am Verkehrsunfall.

I.3.3. Im Rahmen seiner diesbezüglichen Tatsachenrüge legt der Berufungswerber zwar dar, aufgrund welcher Beweiswürdigung das Erstgericht zu den begehrten Feststellungen hätte gelangen müssen. Er zeigt jedoch in keiner Weise auf, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung die bekämpften Feststellungen vom Erstgericht getroffen wurden bzw inwiefern ein Widerspruch zwischen Beweisergebnis und Feststellungen vorliegt. Damit ist die Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, da nach ständiger Rechtsprechung stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden müssten, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen. Es wäre darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen ( Klauser/Kodek , aaO E 40/1, E 40/3 und E 40/5). Wenn der Berufungswerber im Übrigen ausführt, der Erstbeklagte hätte mangels Blick nach rechts auch bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h nicht entsprechend reagiert, übersieht dieser, dass das Erstgericht unbekämpft festgestellt hat, dass „ der Erstbeklagte [in] Annäherung an die Kreuzung bremste [und] dann wieder [beschleunigte], nachdem er nach rechts geblickt hatte und von dort kein Fahrzeug kommen sah “ (US 2). Die Tatsachenrüge des Berufungswerbers ist somit nicht berechtigt.

II. Zur Rechtsrüge:

II.1.Nur wenn der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung dem Gesetz gemäß ausgeführt ist, wenn also das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhalts als unrichtig bekämpft wird, kann das Berufungsgericht auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung eingehen. Dagegen ist dem Berufungsgericht die Überprüfung verwehrt, wenn die Rechtsrüge nur aus dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung abgeleitet und dieser Berufungsgrund vom Berufungsgericht nicht als gegeben angesehen wird. Das folgt aus § 462 Abs 1 ZPO, wonach das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil innerhalb der Grenzen der Berufungserklärung zu überprüfen hat (RS0041585). Das Berufungsgericht ist hierbei nicht nur an die Berufungsanträge, sondern auch an die Berufungsgründe gebunden (RS0041585 [T1]).

II.2.1.Der Berufungswerber moniert auf Basis der erstinstanzlichen Feststellungen die vom Erstgericht vorgenommene gleichteilige Verschuldensteilung. Dies unter Verweis auf die oberstgerichtliche Judikatur (RS0027276), wonach regelmäßig eine Schadensteilung 1:3 zu Lasten desjenigen erfolge, der den Vorrang nicht beachtet, mit demjenigen, der als Vorrangberechtigter die zulässige Höchstgeschwindigkeit um ungefähr 15 km/h überschreitet. Das Erstgericht hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung das Verschulden zwischen den beiden Lenkern somit jedenfalls nicht im Ausmaß von 1:1 aufteilen dürfen, sondern hätte die Schadensteilung zumindest mit 1:3 zu Lasten der Beklagtenseite vornehmen müssen.

II.2.2.Wenn auch nach ständiger Rechtsprechung ein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen über den Vorrang schwerer wiegen als andere Verkehrswidrigkeiten (RS0026775), macht die Rechtsprechung von diesem Grundsatz im Fall besonders gravierender anderer Verkehrswidrigkeiten Ausnahmen. Im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsüberschreitungen bedarf es nach der oberstgerichtlichen Judikatur im Regelfall einer besonders schwerwiegenden Verletzung der Geschwindigkeitsbeschränkung durch Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 50 bis 100 %, um die Annahme gleichteiligen Mitverschuldens gegenüber einer Vorrangverletzung des Unfallgegners als sachgerecht anzusehen (OGH 2 Ob 81/21g mwN; OLG Linz 12 R 33/24w; Salamon/Koller in Kaltenegger/Koller/Vergeiner , StVO § 20 E 47).

II.2.3. Im vorliegenden Fall liegt bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h des Klagsfahrzeuges ausgehend von der im Unfallbereich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h eine beachtliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 50 % vor. An diesem Umstand vermag es auch nichts zu ändern, ob die Geschwindigkeit nun 45 km/h oder ca 45 km/h beträgt. In Zusammenschau mit den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, wonach der Erstbeklagte in Annäherung an die Kreuzung zunächst auf eine Geschwindigkeit von ca 17 oder 18 km/h abbremste und erst dann wieder beschleunigte, nachdem er zuvor nach rechts geblickt hatte und von dort kein Fahrzeug kommen sah – womit dem Erstbeklagten insofern trotz Vorrangverstoßes keine besonders grobe Sorgfaltslosigkeit zugeschrieben werden kann – erscheint die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Ausmaß 1:1 jedenfalls angemessen und bewegt sich diese auch im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung.

II.3.1. Der Berufungswerber macht weiters einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Dies mit der Begründung, das Erstgericht hätte aufgrund des kfz-technischen Sachverständigengutachtens die Feststellung treffen müssen, dass der Kläger auch bei der Annäherung mit 30 km/h keine Unfallverhinderungsmöglichkeit gehabt hätte, womit diesen kein Verschulden an der Kollision treffe.

II.3.2. Von einem sekundären Feststellungsmangel wird gesprochen, wenn das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen hat ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 496 Rz 10). Kein sekundärer Feststellungsmangel liegt hingegen vor, wenn das Erstgericht zu einem bestimmten Thema ohnedies Feststellungen getroffen hat, mögen diese auch den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers zuwider laufen ( Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 4 187 f).

II.3.3. Nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes (US 3) wäre das Klagsfahrzeug bei Einhaltung der gebotenen Geschwindigkeit von 30 km/h noch vor der Beschleunigungsphase des Beklagtenfahrzeuges im direkten Sichtbereich innerhalb der Frontscheibe so rechtzeitig für den Erstbeklagten erkennbar gewesen, dass es alleine durch Abstandnahme vom Beschleunigen und Einfahren in die Kreuzung nicht zur Kollision gekommen wäre. In seiner Beweiswürdigung (US 5) führt das Erstgericht unter Bezugnahme auf das kfz-technische Sachverständigengutachten (AS 8 f in ON 16.1) nachvollziehbar und schlüssig aus, dass der Kläger zwar selbst bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h keine Unfallverhinderungsmöglichkeit gehabt hätte, wenn der Erstbeklagte in die Kreuzung einfährt. Bei Einhaltung der gebotenen Geschwindigkeit des Klagsfahrzeuges wäre dieses für den Erstbeklagten jedoch früher und vor allem besser erkennbar gewesen, und zwar so, dass es schon durch alleiniges Abstandnehmen vom Beschleunigen durch den Erstbeklagten nicht zum Unfall gekommen wäre. Ausgehend von dieser Feststellung erübrigt sich die weitere Frage nach einer allfälligen Unfallverhinderungsmöglichkeit des Klägers. In diesem Zusammenhang führt das Erstgericht auch nachvollziehbar aus, dass die – vom Berufungswerber bekämpfte – Negativfeststellung zur Behauptung des Klägers, dass der Erstbeklagte dessen ungeachtet in den Kreuzungsbereich eingefahren wäre, auf dem Eindruck des Erstgerichtes vom Erstbeklagten beruht, der keineswegs den Eindruck eines prinzipiell unaufmerksamen Fahrers gemacht habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Erstbeklagte das Klagsfahrzeug bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit rechtzeitig gesehen und dementsprechend reagiert hätte. Das Erstgericht hat somit zum vom Berufungswerber angesprochenen Beweisthema ausreichende, wenn auch von seinen Vorstellungen abweichende Feststellungen getroffen, sodass im Ergebnis kein sekundärer Feststellungsmangel vorliegt. Der Rechtsrüge des Berufungswerbers kommt somit kein Erfolg zu.

III. Ergebnis, Kosten, Zulassung:

III.1. Im Ergebnis war der Berufung des Klägers kein Erfolg zuzuerkennen.

III.2.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

III.3.Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist (RS0087606) und auch sonst keine Rechtsfragen von der nach § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zu entscheiden waren.