2R33/25y – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers A*, geboren am **, Obuslenker, **, **, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Milan Vavrousek, Mag. Thomas Hölber und Mag. Michael Ringl in Golling, wider die beklagte Partei B*, **platz **, **, vertreten durch Mag. Christian Posch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (eingeschränkt und ausgedehnt) EUR 23.527,37 sA und Feststellung (EUR 5.000,00), über die Berufung des Klägers (Berufungsinteresse EUR 13.500,00) und den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8. Jänner 2025, Cg*-32, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich seines unbekämpft gebliebenen Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:
“1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger EUR 18.347,50 samt 4% Zinsen seit 10. Oktober 2023 und aus EUR 13.500,00 seit 27.11.2024 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei gegenüber für sämtliche aus dem Unfall vom 3. August 2021 in C* resultierenden materiellen und immateriellen Schäden im Ausmaß von 50% haftet, wobei die Haftung der beklagten Partei mit der gesetzlichen Mindestversicherungssumme begrenzt ist.
3. Die Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von EUR 5.179,87 samt Zinsen zu bezahlen und es werde eine Haftung im Ausmaß von 50% über die Mindestversicherungssumme hinausgehend festgestellt, werden abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 10.607,41 (darin EUR 716,28 USt und EUR 6.309,75 bar) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei wird mit ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit EUR 2.911,90 (darin EUR 1.219,00 bar und EUR 282,15 USt) bestimmten Kosten der Berufung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Berufungsverfahren ist ausschließlich die Höhe des dem Kläger zustehenden Schmerzengeldes strittig.
Er wurde am 3. August 2021 im Stadtgebiet von C* als Motorradlenker bei einer Kollision mit dem von D* gelenkten PKW E*, Kennzeichen F* (D), zugelassen auf G*, **, **, schwer verletzt. Die Parteien haben sich auf eine Haftungsteilung im Ausmaß von 1 : 1 geeinigt. Der Kläger erlitt
Nach dem Unfall wurde der Kläger im Unfallkrankenhaus C* stationär aufgenommen und mehrfach operiert. Noch am Unfalltag erfolgte die Anlage eines Fixateur extern am linken Oberschenkel und eines gelenksüberbrückenden Fixateur extern am linken oberen Sprunggelenk. Nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes erfolgte am 10. August 2021 die Abnahme des Fixateur extern am linken Oberschenkel und die definitive Frakturversorgung mit einem retrograden Marknagel, sowie perkutane Verschraubung der Iliosakralgelenke beidseits. Am 18. August 2021 erfolgte die Abnahme des Fixateur extern am Unterschenkel, die offene Reposition der Innenknöchelfraktur und die Stabilisierung der Syndesmosenverletzung mit zwei Stellschrauben. Der Kläger war anschließend mit Stützkrücken mobilisiert. Wegen dabei auftretender Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks wurde nach Röntgenuntersuchung zudem eine distale Radiusfraktur links entdeckt und die Fraktur am 24. August 2021 mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese operativ versorgt. Der Kläger wurde am 07. September 2021 aus dem Krankenhaus entlassen.
Im weiteren Verlauf wurde die ursprünglich vermutete N. peronäus Parese neurologisch befundet (am 05. Oktober 2021) und dabei eine traumatische Ischiadicusläsion links diagnostiziert. Wegen Nichtheilung der Oberschenkelfraktur links (Pseudarthrose) erfolgte die Revisionsoperation am 31. Mai 2022 mit Marknagelwechsels, Aufbohren des Markraumes, Pseudarthrosenausräumung und Spongiosaanlagerung (entnommen vom gleichseitigen Beckenkamm). Der stationärer Aufenthalt im Unfallkrankenhaus C* dauerte vom 30. Mai bis 04. Juni 2022. Wegen Nichtheilung der Oberschenkelfraktur wurden im Rahmen weiterer stationärer Aufenthalte im Unfallkrankenhaus C* vom 02. September bis 03. September 2022 und vom 12. Juni bis 13. Juni 2023 Stoßwellentherapien durchgeführt. Es folgte ein stationärer Reha-Aufenthalt in ** vom 08. November bis 29. November 2023.
In seiner Freizeit ging der Kläger vor dem Unfall schwimmen und Rad fahren. Nach dem Unfall kann der Kläger das Schwimmen nur noch eingeschränkt ausüben und musste das Rad fahren einstellen. Seit dem Unfall beobachtet die Ehefrau des Klägers öfter unruhigen Schlaf des Klägers, er schreie auf und beginne zu zittern. Der Kläger hat nach dem Aufwachen keine Erinnerung an die Träume. Der Kläger leidet auch subjektiv nach wie vor an Schmerzen bzw Unlustgefühlen und zwar bekommt er nach langem Stehen ein Stechen im Becken und im Oberschenkel. Bei längeren Spaziergängen zwickt es im Wadenbein. Der Kläger spürt Wetteränderungen und hat nach dem Aufstehen ca eine Stunde Schmerzen im Sprunggelenk.
Der Kläger litt (in geraffter Form) bis zum Untersuchungszeitpunkt am 24. Juli 2024 10 Tage an starken, 30 Tage an mittelstarken und 224 Tage an leichten Schmerzen. Betreffend das linke obere Sprunggelenk hat sich inzwischen eine beginnende obere Sprunggelenksarthrose entwickelt. Es ist mit einem Fortschreiten der Arthrose in Zukunft zu rechnen, weshalb auch in Zukunft leichte Schmerzen auftreten werden. Weiters besteht eine anhaltende, inkomplette Schädigung des Nervus ischiadicus, mit Atrophie der Unterschenkelmuskulatur links von 2 cm gegenüber der Vergleichsseite, sowie eine geringe Vorfußschwäche und eine anhaltende Peronäusparese mit der Notwendigkeit des Tragens einer Peronaeusschiene. Es ist aus diesen Gründen mit zukünftigen leichten Schmerzen im Ausmaß von einer Woche jährlich zu rechnen.
Nach dem Unfall benötigte der Kläger Hilfe im Haushalt im Ausmaß von insgesamt 204,5 Stunden sowie Hilfe bei der persönlichen Pflege im Ausmaß von insgesamt 54 Stunden . Der Kläger war nach dem Unfall bis 1. Jänner 2024 arbeitsunfähig.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger neben anderen Ansprüchen ausgehend von einem Schmerzengeld in der Höhe von EUR 60.000,00 und einer Akontozahlung von EUR 10.000,00 unter Anrechnung seines Mitverschuldens die Zahlung eines restlichen Schmerzengeldbetrages von EUR 25.000,00. Von seinen weiteren Ansprüchen sind Pflegeleistung und Haushaltshilfe zu erwähnen, wofür er zuletzt restlich EUR 260,00 und restlich EUR 729,00 begehrte. Weiters stellte er den Urteilsantrag festzustellen, dass die beklagte Partei dem Kläger gegenüber für sämtliche aus dem Unfall vom 3.08.2021 in C* resultierenden materiellen und immateriellen Schäden im Ausmaß von 50% hafte, wobei die Haftung der beklagten Partei mit dem im Haftpflichtversicherungsvertrag des PKW E*, Kennzeichen F*, vereinbarten Höchstbetrags limitiert sei (Hervorhebung durch Verfasser) . Für seine Verletzungen, die Dauer der Heilbehandlung und für seine psychischen Alterationen erachte er ein Schmerzengeld in Höhe von EUR 60.000,00 als angemessen.
Die beklagte Partei bestritt die Höhe des geforderten Schmerzengeldes; EUR 60.000,00 seien trotz der erheblichen Verletzungen überhöht. Vorprozessual sei auch nur ein Schmerzengeldbetrag von EUR 45.000,00 eingefordert worden. Sie stelle zur Position Schmerzengeld der Höhe nach einen Betrag von EUR 50.000,00 außer Streit; 50% hievon seien EUR 25.000,00. Vorprozessual sei bereits ein Schmerzengeldakonto in Höhe von EUR 10.000,00 geleistet worden, sie werde daher unter einem an den Klagevertreter den restlichen Betrag von EUR 15.000,00 zur Überweisung bringen. Das erhobene Feststellungsinteresse werde ebenfalls anerkannt, allerdings nicht mit der im Urteil angeführten Formulierung, da diese haftungsmäßig in Bezug auf die Haftung der beklagten Partei überschießend sei. Sie anerkenne ihre Haftung im Ausmaß von 50% der Höhe nach im Rahmen der zum Unfallzeitpunkt in Geltung gestandenen gesetzlichen Mindestdeckungssummen; ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse stehe dem Kläger nicht zu.
In der Folge schränkte der Kläger um die erhaltene Schmerzengeldzahlung ein, dehnte aber zuletzt in der Tagsatzung vom 26.11.2024 sein Schmerzengeldbegehren auf restlich EUR 17.500,00 aus, dabei legte er ein ihm zustehendes Schmerzengeld von EUR 85.000,00 zugrunde, davon würden 50% EUR 42.500,00 betragen abzüglich der Zahlungen durch die beklagte Partei von EUR 25.000,00, verblieben restlich EUR 17.500,00. Er habe bis zur durchschnittlichen Lebenserwartung aufgrund der unfallkausalen Verletzungen Schmerzen und Unlustgefühle und sei daher ein Schmerzengeld in der erwähnten Höhe gerechtfertigt. Das zuletzt formulierte Klagebegehren setzte sich aus folgenden Beträgen zusammen:
Schmerzengeld EUR 17.500,00
Pflegeleistung EUR 260,00
Haushaltshilfe EUR 927,00
Verdienstentgang EUR 4.840,37
Gesamtschadenersatzanspruch EUR 23.527,37
Die beklagte Partei bestritt auch dieses ausgedehnte Klagebegehren. Es sei unzulässig, die vom Sachverständigen festgestellten Schmerztage aufzuaddieren mit den jeweiligen Tagessätzen, da dies zu einem völlig überschießenden Ergebnis führe. Das Schmerzengeld sei nicht zu bemessen durch eine Aufaddierung der Schmerztage laut Sachverständigengutachten, sondern im Rahmen der Globalbemessung.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei zur Zahlung von EUR 4.847,50 samt 4% Zinsen seit 10. Oktober 2023 und stellte die Haftung der beklagten Partei im Ausmaß von 50% fest, wobei die Haftung der beklagten Partei mit der gesetzlichen Mindestversicherungssumme begrenzt wurde. Die Mehrbegehren, die beklagte Partei zur Zahlung eines weiteren Betrags von EUR 18.679,87 samt Zinsen zu verpflichten sowie die begehrte Feststellung einer Haftung im Ausmaß von 50% über die Mindestversicherungssumme hinausgehend wies es ab.
Seiner Entscheidung legte es die auf den Seiten 2 sowie 3 bis 5 seines Urteils ersichtlichen Feststellungen zugrunde, die eingangs zusammengefasst wiedergegeben wurden und auf die im Übrigen gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. In seiner rechtlichen Beurteilung hielt es zur Bemessung des Schmerzengeldes fest, dies solle den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustands abgelten, die durch Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entgangenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen. Berücksichtigungswürdige Umstände bei der Bemessung des Schmerzengeldes seien ua die Auswirkungen der Verletzungen auf die künftige Lebensführung, die Belastung mit Dauerfolgen, die Sorge um Spätfolgen, die Einschränkung bei sportlichen Betätigungen, Verlust sozialer Kontakte, die Sorge um die berufliche Zukunft oder gar ungewolltes Ausscheiden aus dem Berufsleben. Die Bemessung erfolge gemäß § 273 ZPO nach freier richterlicher Überzeugung, wobei zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab in Form von hilfsweise ermittelten Schmerzperioden und Schmerzengeldsätzen anzulegen sei. Unter Anwendung dieser Grundsätze sei ein Schmerzengeld von EUR 58.000,00 als Abgeltung sämtlicher Schmerzempfindungen, auch für die Zukunft, angemessen. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote und der Zahlung der beklagten Partei von EUR 25.000,00 habe der Kläger Anspruch auf restlich EUR 4.000,00.
Was das Feststellungsbegehren betreffe, könne der Geschädigte bei einem internationalen Verkehrsunfall seinen Schadenersatzanspruch gegen den beklagten Verband geltend machen. Dieser hafte jedoch nur im Rahmen der in Österreich geltenden Mindestversicherungssumme, selbst wenn die ausländische Haftpflichtversicherung eine unbeschränkte Haftung treffen würde. Der Geschädigte solle so gestellt werden, als ob ihm der Schaden von einem inländischen, zu den gesetzlichen Mindestversicherungssummen versicherten Kraftfahrer zugefügt worden wäre. Es komme daher eine Haftung der beklagten Partei nur für die gesetzliche Mindestdeckungssumme in Betracht, weshalb dem Feststellungsbegehren nur mit dieser Beschränkung Folge zu geben und das Mehrbegehren abzuweisen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil, soweit ein weiterer Schmerzengeldbetrag von EUR 13.500,00 abgewiesen wurde, richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung dahingehend, dass ihm ein weiterer Schmerzengeldbetrag von EUR 13.500,00, insgesamt also EUR 17.500,00 zugesprochen werde, in eventu stellte er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Ihrerseits erhebt sie einen unbeantwortet gebliebenen Kostenrekurs mit dem Abänderungsantrag, sie möge lediglich zu einem Kostenersatz in Höhe von EUR 1.609,49 verpflichtet werden.
Die Berufung des Klägers, die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln war, ist berechtigt. Der Kostenrekurs der beklagten Partei ist auf die abgeänderte Entscheidung zu verweisen.
Rechtliche Beurteilung
Zwischen den Parteien bildet offenkundig die Frage, wie die zukünftig zu erwartenden Schmerzen des Klägers angesichts seines eher niedrigen Alters zu bewerten sind, den maßgeblichen Streitpunkt. Während der Kläger die Ansicht vertritt, es sei eine restliche Lebenszeit von 53,15 Jahren bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 81,96 Jahren ergänzend festzustellen und sein jüngeres Alter zu berücksichtigen, vertritt die beklagte Partei die Ansicht, es sei unzulässig, die festgestellten zukünftigen Schmerzen mit einer Woche jährlich in Form einer Hochrechnung bis zum hypothetischen Lebensalter von zirka 81 Jahren einfach nach den Tagessätzen zu berücksichtigen. Eine derartige Globalbemessung wäre vollkommen überschießend und stünde weit außerhalb des Bemessungssystems. Auch würden die vom Kläger zur Stützung seiner Ansicht ins Treffen geführten Entscheidungen für den vorliegenden Fall nicht repräsentativ sein. Die vom Kläger zitierten OGH-Entscheidungen seien zum einen mit dem Sachverhalt des Klägers nicht vergleichbar, für die weitere Entscheidung 2 Ob 113/09w fehle der Zusammenhang. Zudem seien die jüngsten der zitierten Entscheidungen mehr als 15 Jahre alt, nicht veröffentlicht und daher für die beklagte Partei nicht zugänglich.
Dazu wurde erwogen:
Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und die Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzungen und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands abgelten und die durch Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen. Das Schmerzengeld ist nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für alles Ungemach, das der Verletzte bereits erduldet hat und voraussichtlich noch zu erdulden haben wird, grundsätzlich global festzusetzen. Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen. In die Globalbemessung des Schmerzengelds sind neben den bereits erlittenen Schmerzen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einzubeziehen. Unter diesem Gesichtspunkt kann etwa auch das Bewusstsein eines die gewohnte Lebensgestaltung nachhaltig beeinflussenden Dauerschadens und die damit verbundene seelische Belastung [so wie das Gefühl der Todesangst] bei der Bemessung des Schmerzengelds in Betracht zu ziehen sein (2 Ob 175/14w).
Der Einfluss des Lebensalters des Verletzten auf die Schmerzengeldbemessung wurde in der Rechtsprechung grundsätzlich bejaht. Im Ergebnis wird daher das Schmerzengeld etwa für die Lähmung eines Jugendlichen zwar erheblich höher ausfallen müssen als für einen älteren Menschen, aber sicherlich nicht ein Vielfaches erreichen können (2 Ob 105/09v). Die Zuerkennung höherer Beträge im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen ist auch aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung gerechtfertigt (2 Ob 175/14w). Wenngleich bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist, ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen, wobei der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen nicht gesprengt werden darf (2 Ob 105/09v).
Der beklagten Partei ist zunächst zuzugestehen, dass die vom Berufungswerber ins Treffen geführten OGH-Entscheidungen keine Schlüsse auf den vorliegenden Fall zulassen. Ihrer Kritik, die weiteren OLG-Entscheidungen seien ihr nicht zugänglich, ist entgegenzuhalten, dass diese durchaus in dem vom Verlag Manz unter manz.at abrufbaren Werk „das Schmerzengeld ( Danzl ), gezielte Suche nach angemessener Höhe des Schmerzengeldes“ aufzufinden sind. Dabei ist wiederum die Kritik der Beklagten berechtigt, dass es sich bei den in der Berufung angeführten schon um länger zurückliegende Entscheidungen handelt (wobei diesem Umstand durch entsprechende Valorisierung abzuhelfen ist).
In den jüngeren Entscheidungen finden sich durchaus auch solche Entscheidungen, bei denen sich die Verletzungen als auch die Verletzungsfolgen mit jenen des Klägers vergleichen lassen. So wurde etwa in der Entscheidung des OLG Graz vom 13.04.2018, 2 R 206/17g, ein Schmerzengeldbetrag von EUR 60.000,00 zugesprochen; valorisiert entsprechend Verbraucherpreisindex resultiert daraus ein Betrag von EUR 78.420,00. Regelmäßig in der Zukunft wiederkehrende Schmerzperioden wie beim Kläger finden sich in dieser Beschreibung allerdings nicht.
Vergleichbar ist durchaus auch die Entscheidung des OLG Wien vom 01.03.2016, 15 R 10/16z. Darin wurde dem Verletzten ein Schmerzengeld von EUR 63.000,00 zugesprochen, valorisiert auf Jänner 2025 ein Betrag von EUR 85.554,00. Auch hier waren zukünftige erwartbaren Schmerzen nicht zu berücksichtigen.
Einem zum Unfallzeitpunkt 75-jährigen Pensionisten wurde mit Entscheidung des OLG Innsbruck vom 02.04.2013, 3 R 38/13g, ebenfalls ein Schmerzengeldbetrag von EUR 60.000,00, valorisiert EUR 85.140,00, zugesprochen. In diesem Fall waren zwar für die Zukunft etwa zwei Wochen leichte Schmerzen pro Jahr zu berücksichtigen, allerdings unterscheidet sich das Lebensalter des dort Verletzten maßgeblich vom jenen des Klägers.
Durchaus noch in diesen Rahmen fällt die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 22.02.2007, 14 R 6/07s, das einen damaligen Schmerzengeldbetrag von EUR 60.000,00 als angemessen erachtete; valorisiert führt dies zu einem Betrag von EUR 97.200,00. Dabei waren zwar keine zukünftig erwartbaren Schmerzen, aber mehrere Operationen über einen Zeitraum von vier Jahren sowie das Alter des Verletzten zum Unfallzeitpunkt mit 20 Jahren zu berücksichtigen.
Angesichts der vom Kläger erlittenen Verletzungen, der Unfallfolgen und der noch erwartbaren Beeinträchtigungen erweist sich das vom Erstgericht zugesprochene Schmerzengeld vor dem Hintergrund des von der Rechtsprechung gezogenen Rahmens als zu niedrig. Es wird den beim Kläger vorliegenden Umständen, insbesondere seinem doch noch jungen Alter und seinem insofern langen Bewusstsein um die von ihm erlittenen Dauerfolgen und der Unmöglichkeit, seine Freizeit wie zuvor zu verbringen, nicht gerecht. Angesichts aller zu berücksichtigenden Umstände hält der Senat im Rahmen der Globalbemessung einen Schmerzengeldbetrag in Höhe von EUR 85.000,00 für angemessen; unter Berücksichtigung der Verschuldensteilung und der bereits geleisteten Teilzahlungen bleibt ein restlich zuzusprechender Schmergeldbetrag in Höhe von EUR 13.500,00. Insofern war der Berufung daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil in diesem Sinne abzuändern.
Die Kostenentscheidung des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf die §§ 43 Abs 1 und 2 ZPO. Die Abänderung des angefochtenen Urteils hat eine Neuschöpfung der Kostenentscheidung zur Folge, sodass der Kostenrekurs der beklagten Partei formell nicht zu behandeln ist. Allerdings war die darin aufgegriffene Kritik an der unterbliebenen Berücksichtigung ihres teilweisen Anerkenntnisses des Feststellungsbegehrens unter Abweisung des nicht anerkannten Teils des Feststellungsbegehrens zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht folgt weiters der vom Erstgericht vorgenommenen und unbeanstandet gebliebenen Teilung in vier Verfahrensschritte sowie dem unbeanstandet gebliebenen Ergebnis betreffend die Einwendungen der beklagten Partei gegen das Kostenverzeichnis des Klägers. So werden die vom Erstgericht berücksichtigten Kostenposten mitübernommen, jene vom Erstgericht nicht als notwendig beurteilten Kosten demgemäß nicht berücksichtigt.
Bei allen Teilerledigungen ist strikt zu differenzieren, ob sie privilegierte Forderungen iSd § 43 Abs 2 (Schmerzengeld etc) oder nicht privilegierte Forderungen betreffen. Der Unterschied liegt – mit wesentlichen Konsequenzen für die Kostenersatzpflicht – darin, dass bei privilegierten Forderungen nur zu prüfen ist, ob insgesamt (Vergleich des ursprünglich erhobenen Begehrens mit dem letztlich insgesamt erzielten Erfolg) eine kostenschädliche Überklagung stattgefunden hat; nur für die Lösung dieser Frage haben Teilerledigungen keinen Einfluss. Bei nicht privilegierten Forderungen führt eine Teilerledigung hingegen zur Bildung eines neuen Verfahrensabschnitts, für den nach dem darin erzielten Erfolg die Quotenkompensation vorzunehmen ist. Bei den prozessualen Teilanerkenntnissen ist es allgemein anerkannt, dass in dem ihm nachfolgenden Verfahrensabschnitt nur auf das Schicksal des dort noch streitverfangenen Restbetrags abzustellen ist. Teilanerkenntnisse haben die Wirkung, dass in dem der Teilerledigung nachfolgenden Abschnitt die Erfolgsquoten neu auf Basis des strittig gebliebenen Begehrens zu beurteilen sind. Das Teilanerkenntnis wirkt mit seiner Erklärung; die Bemessungsgrundlage verringert sich – wie in einer Klagseinschränkung auf das restlich strittige Begehren – bereits mit dem Schriftsatz, in dem die Verfügung über den Streitgegenstand vorgenommen wird. Der Kläger hat es nicht in der Hand, seine Position im Hinblick auf den Kostenersatz zum Nachteil des Beklagten dahin zu verbessern, dass er einen Antrag auf Fällung eines Teilanerkenntnisurteils unterlässt; zudem verringert sich gemäß § 12 Abs 3 RATG auch die Bemessungsgrundlage auf das restlich strittige Begehren (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.144 f, 1.147).
Angesichts des rechtskräftig abgewiesenen Mehrbegehrens betreffend die Haftungsbegrenzung im Feststellungsbegehren ist zunächst das Verhältnis zwischen anerkanntem und zugesprochenem Teil einerseits und abgewiesenem Teil andererseits zu bestimmen. Mangels weiterer Anhaltspunkte ist dabei mit der Hälfte des mit EUR 5.000,00 bewerteten Feststellungsbegehrens auszugehen. Durch das Teilanerkenntnis verringerte sich daher der dem Feststellungsbegehren zuzuordnende Streitwert um EUR 2.500,00; beim verbliebenen Feststellungsbegehren ist der Kläger aufgrund der rechtskräftigen Abweisung zur Gänze mit EUR 2.500,00 unterlegen.
Es war aber nicht nur dieser Umstand zu berücksichtigen, sondern auch die Wirkung von Teilzahlungen von privilegierten Forderungen, die selbst bei vorprozessualer Zahlung die Obsiegensquote nicht verschieben können. Soweit nicht auch in manchen Klagspositionen eine Überklagung von privilegierten Forderungen in Teilabschnitten festzustellen war, was zur Quotenkompensation nach § 43 Abs 1 ZPO führte, war gemäß § 43 Abs 2 ZPO die Bemessungsgrundlage aufgrund des erzielten Erfolgs der einzelnen privilegierten Forderungen zu beachten und gemeinsam mit den nicht privilegierten Forderungen eine insgesamte Obsiegensquote zu bilden. Die privilegierten Forderungen trugen maßgeblich zur Verringerung der Bemessungsgrundlage bei, die - teilweise auch vorprozessual - geleisteten Zahlungen der beklagten Partei vermochten die Obsiegensquote ausgehend von den letztlich zustehenden Beträgen nicht zu verschieben, sodass sich insgesamt ein folgendes zusammengefasstes Bild ergibt:
Im ersten Abschnitt beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 35.439,38, das Obsiegen beträgt 5/6. Die Beklagte hat daher dem Kläger 2/3 der Kosten der Klage sowie 5/6 der Pauschalgebühr zu ersetzen.
Im zweiten Verfahrensabschnitt beträgt die Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung des restlichen Feststellungsbegehrens mit EUR 2.500,00 unter Reduzierung privilegierter Forderung auf das tatsächlich zugesprochene Ausmaß EUR 15.154,65. Wenn man die vorprozessualen Zahlungen bei der Obsiegensquote außer Betracht lässt, kommt es zu einem Obsiegen des Klägers im Ausmaß von 3/4. Die Beklagte hat daher die dem Kläger auf Basis der genannten Bemessungsgrundlage zu honorierenden Kosten von EUR 1.463,60 mit der Hälfte, das sind EUR 731,80, zu ersetzen.
Im dritten Abschnitt, in dem auch das medizinische Sachverständigengutachten erstattet und die Kosten dafür verzeichnet wurden, errechnet sich nach den genannten Kriterien eine Bemessungsgrundlage von EUR 10.885,91. In diesem Verfahrensabschnitt obsiegte der Kläger mit 6/7. Er erhält daher 5/7 seiner tarifmäßigen Kosten von EUR 575,15, das sind EUR 410,82 sowie 6/7 der von ihm bezahlten Sachverständigengebühren von EUR 5.820,70, das sind EUR 4.989,17.
Im vierten Abschnitt gelangt man zu einer Bemessungsgrundlage von EUR 25.687,87. Die Obsiegensquote beträgt hier 6/7, sodass der Kläger 5/7 der tarifmäßigen Kosten für die Tagsatzung vom 26.11.2024 in Höhe von EUR 1.465,40, das sind dann EUR 1.046,71, ersetzt erhält.
Bei den vorprozessualen Kosten, deren Umfang wie vom Erstgericht unbeanstandet ermittelt gleich bleibt, errechnet sich eine in etwa ähnliche Obsiegensquote wie im ersten Verfahrensabschnitt. Der Kläger hat daher Anspruch auf 2/3 seiner tarifmäßigen vorprozessualen Kosten sowie auf 5/6 seiner in diesem Verfahrensabschnitt verzeichneten Barauslagen. 2/3 der vorprozessualen Kosten von EUR 1.096,08 ergeben den Betrag von EUR 730,72, 5/6 der Barauslagen von EUR 28,70 EUR 23,92.
Zusammengefasst errechnet sich der Kostenersatzanspruch des Klägers erster Instanz wie folgt:
Tarif Barauslagen
I. 661,33 1.296,66
II. 731,80
III. 410,82 4.989,17
IV. 1.046,71
VP 730,72 23,92
ZS 3.581,38 6.309,75
20% 716,28
ZS 4.297,66
bar 6.309,75
gesamt 10.607,41
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO war aufgrund der hier zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls nicht zuzulassen. Die Bewertung des Schmerzengeldanspruchs des Klägers bewegt sich im Rahmen der dargestellten Grenzen der Judikatur. Und stellt einen Einzelfall dar.