JudikaturOLG Linz

8Bs9/25t – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
11. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG über die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft Salzburg je wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 21. Juni 2024, GZ Hv1*-48, nach der in Anwesenheit des Ersten Staatsanwalts HR Mag. Gutmayer als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts und des Verteidigers Mag. Schweighofer in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung vom 11. März 2025 zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG schuldig erkannt und hierfür unter Anwendung von § 39 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.

Danach hat er sich von 30. November 2023 bis 20. Juni 2024 in ** auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete und in einer solchen Weise, dass die Tat vielen Menschen zugänglich wurde, im nationalsozialistischen Sinn betätigt, „indem er, als Medieninhaber, es trotz der zufolge einer ihn zum besonderen treffenden Verpflichtung durch die Rechtsordnung (vorsätzlich) unterließ, die ihm zudem mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck zu Hv2* gemäß § 33 Abs 1 MendienG angeordnete Löschung seiner öffentlich zugänglichen Internetseite ** – welche er am 2. Juli 2022 erstellte, seit diesem Zeitpunkt alleine betrieb, wegen deren Erstellung und fortlaufenden Betriebs er mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Geschworenengericht vom 12. Juli 2023 zu Hv2* wegen Verbrechens nach § 3g VerbotsG idF BGBl 1992/148 verurteilt wurde, über deren Zugangsdaten nur er verfügte, und deren Löschung/Veranlassung der Löschung ihm möglich gewesen wäre – durchzuführen, sie sohin weiterhin öffentlich zugänglich hielt, und dadurch die Wiederbelebung, Verbreitung und Aktualisierung der nationalsozialistischen Ideologie und des rechtsextremen Gedankenguts sowie den Antisemitismus förderte, indem dort [in mehreren im Urteil detailliert beschriebenen Artikeln] in deutscher sowie englischer Sprache Inhalte veröffentlicht werden, in welchen wiederholt der Nationalsozialismus sowie Adolf Hitler verherrlicht, der Holocaust verharmlost, geleugnet und als Schwindel sowie die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen gegen die Angehörigen des jüdischen Volkes in Form der planmäßigen Vernichtung in Konzentrationslagern unter Verwendung von Giftgas geleugnet und die wissenschaftlich belegte herrschende Geschichtsauffassung in diesem Zusammenhang sowie den Nationalsozialismus betreffend in einer unsachlichen, einseitigen und propagandistisch vorteilhaften Weise dargestellt wird“.

Gegen dieses Urteil richtet sich – nach Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde durch den Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 13. November 2024 (ON 55) – die Berufung des Angeklagten (ON 50) sowie jene der Staatsanwaltschaft Innsbruck (ON 49) jeweils wegen des Ausspruchs über die Strafe.

Der Angeklagte strebt mit seinem Rechtsmittel die Herabsetzung der verhängten Sanktion, die Staatsanwaltschaft deren Erhöhung an.

Beide Berufungen bleiben ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd keinen Umstand, erschwerend hingegen den längeren Tatzeitraum, zwei einschlägige Vorstrafen und den raschen Rückfall während offenen Vollzugs.

Dieser Strafzumessungskatalog bedarf nominell insofern einer Korrektur, als man – entsprechend den Ausführungen des Angeklagten in seinem Rechtsmittel – als längeren Tatzeitraum einen solchen von etwa einem Jahr ansehen können wird (vgl 15 Os 50/09f), gegenständlich sich aus dem Schuldspruch aber lediglich ein solcher von etwa sieben Monaten ableiten lässt, sodass der Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 StGB zu entfallen hat.

Auch tritt durch den Rückfall während des Vollzugs einer Strafhaft eine Erhöhung der Strafbemessungsschuld iSd der Annahme eines besonderen Erschwerungsgrundes nicht ein, sondern ist dieser Umstand aus spezialpräventiver Sicht im Rahmen allgemeiner Überlegungen nach § 32 StGB zu beachten (vgl Riffel in WK 2StGB § 33 Rz 9).

Entgegen den Berufungsausführungen des Angeklagten ist die erschwerende Wertung eines raschen Rückfalls vor dem Hintergrund des nur zehn Tage nach Rechtskraft seiner Verurteilung zu Hv2* des Landesgerichts Innsbruck beginnenden gegenständlichen Tatzeitraums nicht zu beanstanden. Das Rechtsmittel übersieht in diesem Zusammenhang, dass es bei Beurteilung der „Raschheit“ auf den Zeitpunkt der Begehung der gegenständlichen Tat, und nicht etwa auf den Tag ihrer Aburteilung ankommt.

Nicht zu bemängeln ist auch die erschwerende Berücksichtigung der die Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 Abs 1 StGB begründenden Vorstrafen (vgl 14 Os 53/21h; RS0091527).

Schließlich liegt entgegen den Berufungsausführungen des Angeklagten eine ausschließliche „Tatbegehung durch Unterlassung“ und damit der Milderungsgrund nach § 34 Z 5 StGB nicht vor. Dieser Einwand verfehlt die gebotene Bezugnahme auf den im Wahrspruch des hier angefochtenen Urteils festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0101016), nach welchem der Angeklagte durch sein nun inkriminiertes Verhalten den durch eine Straftat geschaffenen rechtswidrigen Zustand auch im nun gegenständlichen Tatzeitraum aufrecht erhalten hat, indem er die genannte Internetseite (aktiv) betrieb und damit die inkriminierten Inhalte öffentlich zugänglich hielt. So schützte der Angeklagte nach dem Akteninhalt etwa seine Homepage vor einem Zugriff durch Beamte des LVT **, indem er diesen im Dezember 2023 ein falsches Passwort nannte (vgl ON 32), obwohl ihm die (richtigen) Zugangsdaten (entsprechend dem Wahrspruch der Geschworenen) bekannt waren. Im Betreiben der Homepage ist ein (zumindest zum Teil auch aktives) Tun zu erblicken, was der Annahme einer Tatbegehung durch Unterlassung entgegensteht (vgl RS0089526), wenn auch nicht übersehen wird, dass der Unwert dieser Tathandlung hinter jenem des ursprünglichen Erstellens der Homepage (vgl ON 26) zurückbleibt.

Ausgehend von einem (unter Anwendung von § 39 Abs 1 zu bildenden) Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe und unter Berücksichtigung der genannten besonderen und allgemeinen Strafzumessungskriterien erweist sich die vom Erstgericht festgesetzte Sanktion, die dem Unwert der Tat und der individuellen Täterschuld gerecht wird, als nicht reduzierbar, aber auch nicht anhebungsbedürftig.

Es werden damit auch general- und spezialpräventive Erwägungen entsprechend berücksichtigt. Zum einem kann mit diesem Strafmaß dem Angeklagten ein hinlängliches Zeichen gesetzt werden, um ihn so hinkünftig von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten, zum anderen wird diese – den zur Verfügung stehenden Strafrahmen immerhin um fast ein Drittel ausschöpfende – Freiheitsstrafe auch generalpräventiven Anforderungen gerecht (vgl Jerabek/Ropper , WK 2StGB § 43 Rz 18).