JudikaturOLG Linz

4R7/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
24. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* B* , geboren am **, Pensionistin, **, vertreten durch Dr. Wolfgang Lamprecht, Rechtsanwalt in Braunau, gegen den Beklagten C* B* , geboren am **, selbständiger Masseur, ** Straße **, vertreten durch die Prof. Haslinger Partner Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 147.000,00 s.A. und Rechnungslegung (Streitwert EUR 3.000,00), über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 20. Dezember 2024, GZ*-51, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der hinsichtlich der Bestimmung der Sachverständigengebühren als unbekämpft unberührt bleibt, wird in seinem Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG dahin abgeändert, dass dieser zu lauten hat:

„Für die aus Amtsgeldern ausbezahlten Gebühren von EUR 12.220,00 haftet der Beklagte nach Maßgabe der Bestimmungen über die Verfahrenshilfe.“

Die Parteien haben ihre Kosten des Rekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob der Beklagte einen der Klägerin zustehenden Betrag von insgesamt EUR 147.000,00 unrechtmäßig einbehalten hat.

In der vorbereitenden Tagsatzung vom 3. Oktober 2023 beantragte der Beklagtenvertreter die Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, „ob“ die Klägerin manipuliert werde. Der Klagevertreter sprach sich gegen diesen Beweisantrag mit der Begründung aus, dass es für eine Manipulation keine Anhaltspunkte gebe (ON 11).

Die bestellte Sachverständige aus dem Bereich Psychologie/Aussagepsychologie erstattete ein schriftliches Gutachten vom 13. August 2024 (ON 37), das sie über Antrag beider Parteien in der Tagsatzung vom 26. November 2024 mündlich erörterte (ON 45).

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren der Sachverständigen für die Erstattung des schriftlichen Gutachtens mit EUR 10.567,00 und für die mündliche Erörterung mit EUR 1.653,00, wies die Buchhaltungsagentur an, den Betrag von EUR 12.220,00 vorschussweise aus Amtsgeldern an die Sachverständige zu überweisen und sprach aus, dass für die aus Amtsgeldern ausbezahlten Gebühren die Parteien je zur Hälfte haften.

Gegen den Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben bzw dahin abzuändern, das der Haftungsanspruch, wonach für die aus Amtsgeldern ausbezahlten Gebühren die Parteien je zur Hälfte haften, zur Gänze entfalle, in eventu den angefochtenen Beschluss aufzuheben bzw dahin abzuändern, dass für die aus Amtsgeldern ausbezahlten Sachverständigengebühren für das schriftliche Gutachten in Höhe von EUR 10.567,00 der Beklagte alleine hafte und nur für die Gebühren der Gutachtensergänzung in Höhe von EUR 1.653,00 die Parteien je zur Hälfte haften.

Der Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Die Revisorin beim Oberlandesgericht Linz erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass Beschlüsse nach § 2 Abs 2 GEG vom Wortlaut des § 8a JN, wonach über Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher der Einzelrichter zu entscheiden hat, nicht erfasst werden, weil diese Beschlüsse eine Entscheidung über Verfahrenskosten betreffen, über die weiterhin der Senat zu entscheiden hat (RW0000721; OLG Linz 3 R 94/23y; OLG Wien 5 R 49/23x uva; Mayr in Rechberger/Klicka 5§ 8a JN Rz 2).

Die Rekurswerberin führt im Wesentlichen aus, dass die Erstellung des aussagepsychologischen Gutachtens ausschließlich vom Beklagten beantragt worden und ausschließlich in dessen Interesse gewesen sei. Das Gutachten habe ausschließlich dazu gedient, im Sinne des Vorbringens des Beklagten zu beweisen, dass die Klägerin beeinflusst worden und folglich ihr Standpunkt hinsichtlich der anspruchsbegründenden Sachverhalte wahrheitswidrig wäre. Dass die Gutachtenserörterung von beiden Parteien beantragt worden sei, ändere nichts daran, dass das ursprüngliche Gutachten ausschließlich vom Beklagten beantragt worden sei, weshalb ausschließlich der Beklagte grundsätzlich die Kosten dafür zu bevorschussen habe. Eine Haftung der Klägerin für diese Gebühren sei mangels gesetzlicher Grundlage daher nicht gegeben.

Werden Sachverständigengebühren aus Amtsgeldern berichtigt, so sind diese Kosten gemäß § 2 Abs 1 GEG dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Als bestehende Vorschrift iSd § 2 Abs 1 GEG ist im Zivilprozess § 40 Abs 1 ZPO anzusehen. Danach hat jede Partei die durch ihre Prozesshandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. Die Kosten solcher gerichtlicher Handlungen, welche von beiden Parteien gemeinschaftlich veranlasst oder vom Gericht im Interesse beider Parteien auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden, sind von beiden Parteien gemeinschaftlich zu bestreiten. Bei einem nicht von Amts wegen beschlossenen Sachverständigenbeweis ist in diesem Sinn nach ständiger Rechtsprechung im Regelfall der formelle Beweisführer ohne Rücksicht auf die Interessen bzw die Beweislage allein für die Sachverständigengebühren zahlungspflichtig (OLG Linz 3 R 94/23y; OLG Wien 5 R 49/23x; OLG Innsbruck 2 R 209/23m, 10 R 31/24w; EFSlg 159.134, 159.144; SV 2020, 111 und 228; SV 2022, 96; Krammer/Schmidt/Guggenbichler , SDG-GebAG 4Anh zu § 42 GebAG E 76f, 88f, 113; Dokalik/Schuster , Gerichtsgebühren 14§ 2 GEG Anm 2 und E 30).

Beweisführer ist jene Partei, die den Beweisantrag gestellt hat. Die von einer Partei beantragte Erörterung des Sachverständigengutachtens ist dabei nicht als neuer Beweisantrag anzusehen, weil das schriftliche Gutachten und die (auch vom Gegner beantragte) mündliche Erörterung eine Einheit des Sachverständigenbeweises bilden, die es verbietet, die Ersatzpflicht für die entstandenen Sachverständigengebühren nach den einzelnen verrichteten Tätigkeiten auf die Parteien aufzuteilen (OLG Linz 3 R 94/23y mwN; SV 2019, 43; SV 2022, 222; Krammer/Schmidt/Guggenbichler aaO E 80, 98, 130f; Dokalik/Schuster aaO E 35, 37).

Da im vorliegenden Verfahren der Sachverständigenbeweis nicht von Amts wegen, sondern ausschließlich auf Antrag des Beklagten eingeholt wurde, bedeutet dies, dass im Sinne der ständigen Rechtsprechung der Beklagte auch alleine für die vorläufig aus Amtsgeldern entrichteten Gebühren – zu ergänzen nach Maßgabe der Bestimmungen über die Verfahrenshilfe ( Dokalik/Schuster aaO E 102) – ersatzpflichtig ist.

In Stattgebung des Rekurses war der angefochtene Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG daher entsprechend abzuändern. Der Rekursantrag, dass der Haftungsausspruch zur Gänze zu entfallen habe, ist zwar insofern verfehlt, als nach § 2 Abs 2 GEG zwingend auszusprechen ist, welche Partei diese Kosten zu entrichten hat (OLG Innsbruck 2 R 209/23m). Aus den Rekursausführungen geht allerdings mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die Rekurswerberin den Ausspruch der ausschließlichen Haftung der Beklagten für die gesamten Gebühren anstrebt.

Bei der Entscheidung über die vorläufige Tragung von Sachverständigenkosten nach § 2 Abs 2 GEG findet nach ständiger Rechtsprechung kein Kostenersatz statt (OLG Wien 5 R 49/23x; OLG Innsbruck 2 R 209/23m je mwN; Dokalik/Schuster aaO E 103f; Obermaier Kostenhandbuch 4 Rz 1.114 mN), sodass beide Parteien die Kosten ihrer Rechtsmittelschriftsätze selbst zu tragen haben.

Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO (RS0017282 [T6]; RW0000721; OLG Linz 3 R 94/23y).