9Bs312/24g – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des A* B*in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über dessen Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 25. Juni 2024, GZ1*-67, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach der in Anwesenheit des Ersten Staatsanwalts Mag. Holzleitner (als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts), des Betroffenen und seines Verteidigers Dr. Hauptmann durchgeführten Berufungsverhandlung am 5. Februar 2025
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II. beschlossen:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geboreneA* B* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (I/A), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (I/B) und (jeweils) eines Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (II) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III) schuldig erkannt.
Er hatte in **
I. am 20. Februar 2024 C* B*
A. durch zahlreiche per SMS übermittelte Nachrichten, in denen er sinngemäß angab, sie und seinen Bruder D* B* zu töten, gefährlich mit einer Verletzung am Körper (US 5) bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;
B. durch die per SMS übermittelte Äußerung, sollte er nicht Alleinerbe ihrer Wohnung werden, werde er seinen Bruder und dessen Sohn töten, sohin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper (US 5) zu einer Handlung, die besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzt, und zwar zur Regelung der Erbfolge in der von ihm geforderten Weise, zu nötigen versucht;
II.von Oktober 2023 bis 21. Februar 2024, wenn auch nur fahrlässig, zwei Pfeffersprays, also Waffen besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten ist;
III. am 20. Februar 2024 eine fremde Sache in einem 5.000 Euro nicht übersteigenden Wert beschädigt, indem er eine Fensterscheibe der Wohnung der C* B* mit einem Stein einwarf.
Hierfür verhängten die Erstrichter über A* B* eine unbedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten; zudem wurde aus Anlass der zu I/B dargestellten Tat seine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet. Mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO wurde unter einem vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Verfahren LG Salzburg GZ2* abgesehen, dort jedoch die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 16. Dezember 2024, 14 Os 102/24t-4, zurückgewiesen (ON 78). Mit seiner Berufung (ON 73) strebt A* B* Strafmaßreduktion und die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht an. Seine (gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO implizite) Beschwerde richtet sich gegen die Probezeitverlängerung. Die Rechtsmittel sind jedoch ohne Erfolg.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das reumütige Geständnis, dass es teilweise (konkret im strafsatzbestimmenden Delikt) beim Versuch blieb, und die eingeschränkte Steuerungsfähigkeit durch den psychischen Zustand des Betroffenen mildernd, erschwerend dagegen die fünf einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von drei Vergehen mit einem Verbrechen und die Tatbegehung im Familienkreis, sowie im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen aggravierend die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit.
Dieser Katalog bedarf keiner Korrektur. Die vom Rechtsmittelwerber zusätzlich relevierte Enthemmung durch Alkohol und gegebenenfalls durch Cannabis ist schon deshalb nicht mildernd in Anschlag zu bringen, weil der Angeklagte insbesondere seit seiner Verurteilung im Verfahren LG Salzburg GZ2* wegen § 107 Abs 1 StGB um seine nach Substanzgebrauch gesteigerte Aggressionsbereitschaft wusste (vgl RIS-Justiz RS0090988; Riffel in WK 2StGB § 35 Rz 4 mwN).
Ausgehend davon und vor dem Hintergrund der allgemeinen Kriterien der Strafbemessung gemäß § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB ist die vom Erstgericht mit einem Viertel des zur Verfügung stehenden Rahmens (von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) ausgemessene 15 monatige Freiheitsstrafsanktion tat- und schuldadäquat, der konkreten Täterpersönlichkeit entsprechend und deshalb nicht reduzierbar. Die sozialprognostisch bedeutsamen Erschwerungsgründe in der Zusammenschau mit dem daraus ableitbaren, (auch) erkrankungsbedingten) Persönlichkeitsdefizit des Berufungswerbers hindern die (nochmalige, vgl Pos 04 in ON 50) Gewährung teilbedingter Strafnachsicht. Aus denselben Erwägungen ist überdies die Anwendung des Widerrufssurrogats einer Probezeitverlängerung zu LG Salzburg GZ2* sachgerecht.
Anzumerken bleibt, dass nach Lage des Falls einem vorläufigen Absehen vom Vollzug der strafrechtlichen Unterbringung schon die zwingende Bestimmung des § 157a Abs 1 letzter Satz StVG entgegensteht. Dass die vom Erstgericht unbedenklich konstatierte spezifische Gefährlichkeit des Betroffenen, gegen die sich die angeordnete Maßnahme richtet, aufgrund von dort für erforderlich erachteten (indes noch nicht stattgefundenen) haftbegleitenden intensiven therapeutischen und sozialpädagogischen Betreuungs- und Begleitmaßnahmen inzwischen bereits soweit gesunken wäre, dass ihr auch ohne Fortsetzung der Unterbringung wirksam begegnet werden könnte, ist nach den gesamten Verfahrensergebnissen, zuletzt den nachvollziehbaren Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung (ON 66, 13 f), zum gegenwärtigen Beurteilungszeitpunkt noch strikt kontraindiziert.