2R5/25f – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin A* , **straße **, wider den Antragsgegner B* , geboren am **, geschäftsführender Gesellschafter der Firma „C* GmbH“, **straße **, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 17. Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag, über das Vermögen des Antragsgegners den Konkurs zu eröffnen, abgewiesen wird.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht EUR 5.000,00.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
begründung:
Die Antragstellerin beantragte mit (ursprünglich beim Bezirksgericht Linz eingebrachten) Antrag vom 03.10.2024, über das Vermögen des Antragsgegners den Konkurs zu eröffnen. Er schulde aus dem Zeitraum 01.07.2023 bis 30.06.2024 EUR 1.565,15 an Versicherungsbeiträgen, EUR 367,74 an Nebengebühren und Verzugszinsen zuzüglich Verzugszinsen von 7,88 % seit 04.10.2024 aus EUR 1.471,61. Laut Bericht des BG Linz zu GZ2* sei der Vollzug mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos gewesen.
Die amtswegigen Erhebungen des Erstgerichtes (an das mittlerweile das Insolvenzantragsverfahren überwiesen worden war) ergaben fünf Exekutionen, betrieben von zwei Gläubigern mit einer insgesamten Summe von EUR 1.919,15. Aus den vom Erstgericht beigeschafften Vermögensverzeichnis (GZ3* des BG Linz) ergibt sich, dass der Antragsgegner aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit bei der C* GmbH kein Einkommen erzielt; er lebt von seinen Ersparnissen. Allerdings verfügt er auf dem Girokonto über einen Kontostand von EUR 3.000,00 im Haben. Zwei vom Schuldner angeführte Kraftfahrzeuge, ein Motorrad und ein PKW, waren nicht auffindbar.
Zu der für den 16.12.2024 anberaumten Einvernahme-Tagsatzung ist niemand erschienen. Die Zustellung der Ladung des Antragsgegners ist durch Hinterlegung zur Abholung ab 14.11.2024 ausgewiesen. Die Sendung wurde nicht behoben und am 03.12.2024 retour gesendet. Eine neuerliche Abfrage im Exekutionsregister ergab vier von der Antragstellerin und eine von der D* betriebene Forderung (letztere in Höhe von EUR 244,00).
Über telefonische Anfrage vom 16.12.2024 gab die Antragstellerin bekannt, dass sich die Rückstände aktuell auf EUR 2.872,38 belaufen würden.
Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Erstgericht den Antragsgegner für zahlungsunfähig und wies den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mangels kostendeckenden Vermögens ab; ein Insolvenzverfahren werde nicht eröffnet. In seiner Begründung verwies es auf die oben wiedergegebene Erhebungsergebnisse. Diese und das zuletzt am 19.06.2024 abgelegte Vermögensverzeichnis ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass tatsächlich Insolvenz gegeben sei und auch der Kostenvorschuss für die Insolvenzeröffnung nicht aufgebracht werden könne. Trotz der eher überschaubaren Rückstände des Schuldners habe die Antragstellerin selbst diese geringen Beträge exekutiv nicht einbringlich machen können. Auch die weitere Exekution betreffe eine Forderung von nur EUR 244,00. Demnach könne der Schuldner auch derartige kleine Rückstände nicht begleichen oder regulieren, weshalb von seiner Zahlungsunfähigkeit auszugehen sei. Die beiden Kraftfahrzeuge seien nicht auffindbar. Es fehle daher an einer Kostendeckung; ein Anfechtungsvolumen sei nicht gegeben und sei die Antragstellerin zum Erlag eines Kostenvorschusses nicht bereit gewesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem erkennbaren Abänderungsantrag auf Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags. Zum einen macht er Zustellprobleme geltend, andererseits weist er auf eine zwischenzeitig erfolgte Begleichung sämtlicher Rückstände, also sowohl jener bei der Antragstellerin als auch jener bei der D* hin. Er vertritt die Ansicht, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der offenen Forderungen. Er sei zahlungsfähig und habe derzeit keine laufenden Kredite oder sonstige Zahlungsverpflichtungen. Seine finanzielle Lage sei stabil und gesichert. Um sicherzustellen, dass es nicht mehr zu Zahlungsausfällen komme, werde er künftig Vorauszahlungen für eine längere Periode leisten. Dem sind Einzahlungsbelege betreffend die offenen Forderungen angeschlossen.
Die Antragstellerin erstattete keine Rekursbeantwortung; vielmehr zieht sie ihren Antrag auf Insolvenzeröffnung zurück, weil am 19.12.2024 Vollzahlung geleistet worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.
Zwar ist gemäß § 70 Abs 4 IO bei der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht zu berücksichtigen, dass der Gläubiger den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zurückgezogen hat oder dass die Forderung des Gläubigers nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befriedigt worden ist. Wenn der Schuldner eine solche Befriedigung mit dem Gläubiger bescheinigt, so reicht dies allein nicht aus, um das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zu entkräften.
Zudem kommt, dass der Antragsgegner die Einvernahme-Tagsatzung unbesucht gelassen hat. Daher ist davon auszugehen, dass die Frage der Zahlungs(un)fähigkeit vom Rekursgericht grundsätzlich nur auf Basis der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage geprüft werden kann, weil der Schuldner die Vernehmungstagsatzung unbesucht ließ. Nach § 259 Abs 2 IO können nämlich Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt ist, von den nicht erschienenen, gehörig geladenen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden. Somit ist es dem Schuldner verwehrt, im Rekurs gegen die Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag Neuerungen – insbesondere solche betreffend die Tatfrage seiner Zahlungs-(un)fähigkeit – vorzubringen, wenn er der Ladung zur Tagsatzung über den Konkursantrag bzw zu seiner Vernehmung keine Folge geleistet hat ( Mohr, IO11 [2012], § 70 E 212 und § 71c E 14; OLG Linz 8.10.2013, 2 R 158/13p; 21.8.2014, 2 R 133/14p uva; OLG Graz 3 R 154/14p, ZIK 2015/37; RIS-Justiz RS0110967 T6 und RS0115313).
Allerdings lagen zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung doch mehr Hinweise auf eine Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsstockung als weniger auf eine Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners vor. Immerhin ist im Vermögensverzeichnis ein Kontoguthaben von EUR 3.000,00 ersichtlich, das annähernd sämtliche betriebenen Forderungen hätte decken können. Ohne näher auf die vom Antragsgegner illustrierte Zustellproblematik eingehen zu müssen, ist trotz § 70 Abs 4 und § 259 Abs 2 IO das Vorliegen der Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit zu verneinen. Der angefochtene Beschluss war daher im Sinne einer Abweisung des ohnehin mittlerweile zurückgezogenen Insolvenzantrags abzuändern.
Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes beruht auf der Höhe der Forderungen der Antragsstellerin.
Gemäß §§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO iVm 252 IO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.