JudikaturOLG Linz

11Rs1/25h – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B* , **straße **, vertreten durch ihren Angestellten Mag. C*, wegen Berufsunfähigkeitspension, über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 9. Oktober 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.410,80 (darin enthalten EUR 401,80 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 170,16 (darin enthalten EUR 28,36 an USt) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 19.10.2022 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 2.6.2022 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension ab Stichtag im gesetzlichen Ausmaß.

In der abschließenden Verhandlung legte die Klägerin eine Kostennote über den Gesamtbetrag von EUR 3.613,--. In den dagegen fristgerecht erhobenen Einwendungen gemäß § 54 Abs 1a ZPO wandte sich die Beklagte unter anderem gegen die Honorierung der Urkundenvorlage vom 11.1.2023 (ON 3) sowie der Schriftsätze vom 27.9.2023 (ON 25) und 11.4.2024 (ON 41).

Mit dem nur in der Kostenentscheidung angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht unter gleichzeitiger Abweisung des Pensionsbegehrens die Beklagte dem Grunde nach zur Gewährung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation samt Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung und zur Zahlung der mit EUR 2.207,40 bestimmten Prozesskosten. Zur Kostenentscheidung führte es soweit für das Rekursverfahren von Bedeutungaus, dass der bekämpfte Bescheid bereits mit der Klage vorgelegt hätte werden können, weshalb die über gerichtlichen Auftrag erfolgte Urkundenvorlage vom 11.1.2023 nicht zu honorieren sei. Der Antrag vom 27.9.2023 sei aufgrund seines näher dargelegten Inhalts nur nach TP 2 RATGund nicht wie verzeichnet nach TP 3A RATGzu honorieren. Beim Schriftsatz vom 11.4.2024 handle es sich lediglich um eine kurze Mitteilung, sodass dieser nach TP 1 RATG zu entlohnen sei. Am 10.1.2024 habe keine Verhandlung stattgefunden.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, ihr weitere Kosten in Höhe von EUR 752,80 zuzuerkennen.

Die Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Der Rekurs strebt eine Honorierung der Urkundenvorlage vom 11.1.2023 nach TP 1 RATG, des Schriftsatzes vom 27.9.2023 nach TP 3A RATG und des Schriftsatzes vom 11.4.2024 nach TP 2 RATG sowie eine Zeitversäumnis nach TP 9 RATG im Ausmaß von 10/2 für die frustrierte Anreise zur abberaumten Verhandlung vom 10.1.2024 an.

Dazu ist auszuführen:

1. Zur Urkundenvorlage vom 11.1.2023 (ON 3):

1.1 Nach § 83 ASGG ist jeder Klage eine Ausfertigung des Bescheides des Versicherungsträgers anzuschließen. Diese Verpflichtung dient bei der wie hierBescheidklage dem Nachweis der besonderen Verfahrensvoraussetzungen des sozialgerichtlichen Verfahrens. Ist die Bescheidvorlage unterblieben, ist ein Verbesserungsverfahren nach § 84 ZPO einzuleiten ( Neumayrin Zellkomm³ § 83 ASGG Rz 1).

1.2 Hier war die Erteilung des gerichtlichen Auftrags zur Vorlage des bekämpften Bescheides und die nachfolgende Urkundenvorlage nur deshalb erforderlich, weil die bereits bei Klagseinbringung rechtsfreundlich vertretene Klägerin gegen die gesetzliche Verpflichtung des § 83 ASGG verstoßen hat. Die daraus resultierende Kostenmehrbelastung wäre bei gesetzeskonformer Vorgangsweise nicht entstanden, weshalb diese Kosten die Klägerin selbst zu tragen hat.

2. Zum Schriftsatz vom 27.9.2023 (ON 25):

Dieser Schriftsatz beschränkte sich ohne gerichtlichen Auftrag auf inhaltliche Einwendungen gegen zwei schriftlich erstattete Sachverständigengutachten jeweils verbunden mit dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens mit der Folge, dass die bereits für 8.11.2023 angesetzte Verhandlung abberaumt und ein neuer Verhandlungstermin zur mündlichen Erörterung der beiden Gutachten anberaumt wurde. Dabei handelt es sich um einen Beweisantrag und entgegen den Rekursausführungennicht um einen vorbereitenden Schriftsatz. Dafür war auch kein erheblicher Begründungsaufwand erforderlich; dies wird auch vom Rekurs (zu Recht) nicht behauptet. Demnach unterliegt dieser Schriftsatz keinesfalls einer Honorierung nach TP 3A RATG; vielmehr kommt hier die Generalklausel nach TP 2 I 1 lit e RATG zum Tragen, wonach sonstige Schriftsätze, die nicht in Tarifpost 1 oder 3 genannt sind, nach Tarifpost 2 RATG zu honorieren sind (vgl bloß Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.68 [Pkt 9]).

3. Zum Schriftsatz vom 11.4.2024 (ON 41):

In diesem Schriftsatz wurde von der Klägerin mit einer kurzen Begründung dargelegt, warum sie dem gerichtlichen Auftrag vom 28.3.2024 (ON 40), Urkunden betreffend im Detail dargelegte Behandlungen seit 23.6.2020 vorzulegen, nicht entsprechen kann. Demnach handelt es sich um eine einfache Mitteilung an das Gericht, die unter TP 1 Z 1 lit a RATG fällt. Argumente für eine darüber hinausgehende Entlohnung sind dem Rekurs nicht zu entnehmen. Daher ist der Rekurs auch insofern nicht berechtigt.

4. Zur Anreise zur abberaumten Verhandlung vom 10.1.2024:

4.1 Das Erstgericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass am 10.1.2024 keine Verhandlung stattfand. Kosten für die Verrichtung der Verhandlung wurden von der Klägerin aber ohnedies nicht verzeichnet.

4.2 Die Klägerin hat für den 10.1.2024 an Kosten unter anderem eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach TP 9 RATG im Ausmaß von fünf Stunden geltend gemacht, wogegen die Beklagte keine Einwendungen erhoben hat. Aus dem Akteninhalt geht nicht hervor, dass der Klagevertreter von der Abberaumung zu einem Zeitpunkt verständigt worden wäre, dass eine Anreise zum Termin unterbleiben hätte können. Die Abberaumung durch die Erstrichterin erfolgte nämlich erst aufgrund eines Schriftsatzes der Beklagten vom 9.1.2024, und zwar soweit ersichtlich um 17.35 Uhr; die Durchführung der Abberaumung durch die Kanzlei erfolgte erst am Verhandlungstag, ohne dass im Akt eine telefonische Verständigung des Klagevertreters wie von der Erstrichterin angeordnet in einem Aktenvermerk festgehalten wurde. Damit kann nicht einmal davon ausgegangen werden, dass der Klagevertreter vor Beginn der für 11.30 Uhr angesetzten Verhandlung von deren Abberaumung Kenntnis erlangte.

4.3 Daraus folgt, dass die Klägerin grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz für die frustrierte Anreise ihrer rechtsanwaltlichen Vertretung hat. Die Klägerin wohnt nicht am Gerichtsort, weshalb ihr Mehrkosten, welche durch die Bestellung eines nicht am Sitz des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwaltes entstehen, zu ersetzen sind (vgl RS0036203). Da sich § 23 Abs 2 RATG nicht auf den doppelten Einheitssatz des § 23 Abs 5 RATG bezieht, steht dem Anwalt auch gegenüber dem Verfahrensgegner ein Wahlrecht zu, ob er den doppelten Einheitssatz oder den einfachen zuzüglich Reisespesen und Zeitversäumnis nach TP 9 RATG verrechnet (1 Ob 43/17f; ObermaieraaO Rz 3.16). Demnach steht der Klägerin für die frustrierte Anreise ihres Rechtsvertreters zum abberaumten Termin vom 10.1.2024 eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach TP 9 Z 4 RATG zu, der im verzeichneten Ausmaß von fünf Stunden bei einer Reisebewegung vom Kanzleisitz in Innsbruck zum Gerichtsort nach Salzburg und zurück völlig unbedenklich ist. Daher hat die Klägerin insofern einen weiteren Kostenersatzanspruch von EUR 169,50 netto (EUR 33,90 x 5) bzw (zuzüglich 20 % USt) EUR 203,40 brutto.

5. In teilweiser Stattgebung des Rekurses war daher die Beklagte zu einem weiteren Kostenersatz von EUR 203,40 brutto zu verpflichten.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Die Klägerin hat wegen der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Kostenrekurses auf Basis des erzielten Erfolgs, demnach auf Basis eines Betrags von EUR 203,40 ( Sonntag in Köck/SonntagASGG § 77 Rz 10), dies allerdings nur nach TP 3A RATG (vgl TP 3A I 5 lit a RATG).

7. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.