11Bs154/25x – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Mag. a Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Strafe und privatrechtlichen Ansprüche gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 9.4.2025, GZ **-30, nach der am 12.8.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Egger, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft StA Mag. a Unterguggenberger-Auer, des Privatbeteiligtenvertreters RA Dr. B*, des Verteidigers RA Mag. Simon Pöschl (für RA Mag. Dino Srndic), jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens des „gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall StGB“ (richtig: des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall [iVm Abs 1 erster Fall] StGB) schuldig erkannt.
Danach hat er im Zeitraum 15.09.2024 bis 04.11.2024 in C*, D* und E* den Verfügungsberechtigten nachgenannter Tankstellen gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,-- übersteigenden Wert, nämlich Treibstoff (Diesel, Adblue) im Gesamtwert von mehr als EUR 5.000,-- in wiederholten (zumindest 10) Angriffen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mittels nachgemachtem Schlüssel, indem er unter Einsatz einer kopierten bzw. nachgemachten Tankkarte den Ausgabemechanismus an den Tankstellen (F* GmbH, **, ** D*; G*, ** E*; G*, **, ** C*) öffnete und Treibstoff im genannten Wert entnahm .
Hiefür wurde er nach § 130 Abs 2 StGB in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen à EUR 7,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 120 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß §§ 366 Abs 2 erster Satz iVm 369 (Abs 1) StPO zur Zahlung eines Betrags von EUR 5.000,-- binnen 14 Tagen an die Privatbeteiligte H* UAB sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die Privatbeteiligte wurde mit ihrem Mehrbegehren auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 26) und in weiterer Folge fristgerecht schriftlich ausgeführte Berufung des anwaltlich vertretenen Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche, die in die Anträge mündet, den Strafausspruch als nichtig aufzuheben und die Strafe neu zu bemessen, in eventu die „Freiheitsstrafe“ schuld- und tatangemessen herabzusetzen und den Angeklagten lediglich zur Zahlung von EUR 1.000,-- an die Privatbeteiligte zu verurteilen (ON 32). Die ebenfalls angemeldete, jedoch nicht schriftlich ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zog der Angeklagte mit Schriftsatz vom 15.7.2025 ausdrücklich zurück.
Die Privatbeteiligte beantragt in ihrer Gegenausführung, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 33).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass der Berufung keine Folge zu geben sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Die Subsumtionsrüge(§ 281 Abs 1 Z 10 iVm § 489 Abs 1 StPO) wendet sich mit der Behauptung, der Angeklagte habe keine „schweren Diebstähle gewerbsmäßig ausgeführt“, gegen die Annahme der (unselbständigen) Qualifikation des § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB, übergeht dabei aber prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) die hiezu getroffenen, die genannte Qualifikation tragenden Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts (US 5), die ohnehin nicht von einer Absicht des Angeklagten (auch) auf wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen iSd § 128 Abs 1 Z 5 StGB ausgehen, was ansonsten zusätzlich die Qualifikation nach § 130 Abs 2 erster Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB begründet hätte. Soweit die weitere Rüge (der Sache nach aber Z 8) behauptet, die Staatsanwaltschaft habe in der Hauptverhandlung einen Schuldspruch iSd des schriftlichen Strafantrags (der einen Subsumtionsvorschlag lediglich nach § 130 Abs 1 erster Fall enthält) beantragt und erörtert, dass allfällig mit Blick auf die hervorgekommenen Beweisergebnisse eine Subsumtion unter § 130 Abs 2 zweiter FallStGB vorliegen könnte, zumal von einer gewerbsmäßig schweren Vorgehensweise auszugehen sei (ON 29, 6) und daraufhin der Richter gemäß § 262 StPO erörtert habe, dass allfällig von einer Subsumtion nach § 130 Abs 2 zweiter FallStGB auszugehen sei (erneut ON 29, 6), weshalb der Angeklagte wegen einer ihm nicht mit Strafantrag angelasteten Qualifikation schuldig erkannt worden sei, ist ihr zu erwidern, dass eine Überschreitung der Anklage nicht vorliegt, wenn das Gericht innerhalb desselben Deliktstypus den Angeklagten wegen einer in der Anklage (hier Strafantrag) nicht enthaltenen Qualifikation verurteilt (§ 262 StPO; RIS-Justiz RS0102147, RS0098617, RS0098537). Im Übrigen wurde die Informations- und Warnpflicht des § 262 StPO fallaktuell durch die im Rechtsmittel selbst wiedergegebenen Erörterungen hinreichend erfüllt (vgl Kirchbacher, StPO 15 § 262 Rz 4, 6 und 8 mwN).
Die Sanktionsrüge(Z 11 [erster Fall]) behauptet, das Erstgericht habe seine Strafbefugnis überschritten, weil es mit Blick auf die als verfehlt bezeichnete Annahme der Qualifikation nach § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB von einem falschen, zu hohen Strafrahmen ausgegangen sei. Dieses Vorbringen erweist sich der Sache nach erneut als Subsumtionsrüge, weil der richtige Strafsatz, also die Subsumtion (bezogen auf die Annahme wie hier einer unselbständigen Qualifikation) Gegenstand der Z 10 des § 281 Abs 1 Z 10 StPO ist. Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass das Erstgericht ausgehend von der rechtsfehlerfreien Annahme der unselbständigen Qualifikation des § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB zutreffend von einer Strafbefugnis von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ausging und daher seine Strafbefugnis nicht überschritt.
Die Strafberufungist ebenfalls nicht im Recht. Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Erstgericht mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und einen „geringfügigen“ Beitrag zur Wahrheitsfindung durch das Zugeständnis der alleinigen faktischen Benützung des inkriminierten LKWs sowie die Zugeständnisse über die Organisation des Unternehmens, in welchem er tätig gewesen sei; erschwerend hingegen die Tatwiederholung sowie die mehrfache Qualifikation des Grundtatbestands des Diebstahls (§ 128 Abs 1 Z 5 und 129 Abs 1 Z 3 StGB).
Der Berufung zuwider kann von einem „umfassenden reumütigen Geständnis“ des Angeklagten mit Blick auf seine Depositionen in der Hauptverhandlung, in der er auch auf seine „Verteidigungsschrift“ vom 10.2.2025 (ON 20) verwies, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft keine Rede sein. Der vom Erstgericht angenommene besondere Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB hatte demgegenüber überhaupt zu entfallen, weil nur ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung mildernd wirkt, wovon aber anlassbezogen mit Blick auf die Verantwortung des Angeklagten ebenfalls nicht gesprochen werden kann.
Im Übrigen treffen die Strafzumessungsgründe des Erstgerichts aber zu, werden vom Berufungswerber nicht kritisiert und sind vollständig. Ausgehend von diesen, lediglich zu Lasten des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründen sowie unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungskriterien nach § 32 StGB sowie des zutreffend angenommenen Strafrahmens von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, erweist sich die über den Angeklagten verhängte Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB, die insgesamt einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten entspricht, als nicht überhöht, sondern vielmehr schuld- und tatangemessen, weshalb sich das Oberlandesgericht zu einer Herabsetzung nicht veranlasst sah.
Soweit das Rechtsmittel offensichtlich verkennt, dass eine Strafenkombination und damit neben der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten auch eine (unbedingte) Geldstrafe von 240 Tagessätzen verhängt wurde und ausgehend davon lediglich die Herabsetzung der Freiheitsstrafe fordert, hat das Oberlandesgericht auch das Verhältnis zwischen Freiheitsstrafe und Geldstrafe innerhalb der Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB überprüft und erachtet dieses für angemessen.
Die - vom Berufungswerber nicht kritisierte - Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde vom Erstgericht mit Blick auf die unbedenklichen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten ohnehin zu niedrig bemessen, weshalb der Berufungswerber hiedurch nicht beschwert ist.
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche erschöpft sich im Vorbringen, die Privatbeteiligte habe eingangs der Hauptverhandlung lediglich EUR 1.000,-- begehrt, welchen Betrag der Angeklagte auch anerkannt habe und erst im Rahmen der weiteren Hauptverhandlung ohne nähere Darlegung der Umstände einen Betrag von EUR 12.824,09 gefordert, weshalb die Privatbeteiligte mit einem EUR 1.000,-- übersteigenden Betrag auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen wäre. Unabhängig davon, dass die Privatbeteiligte den von ihr begehrten Schadenersatzbetrag in Höhe von EUR 12.824,09 bereits in der Strafanzeige unter Vorlage von Unterlagen bezifferte (ON 2), steht der von der Berufung ins Treffen geführte Umstand, dass die Privatbeteiligte in der Hauptverhandlung zunächst lediglich EUR 1.000,-- forderte und im weiteren Verlauf dieses Begehren auf EUR 12.824,09 ausdehnte, dem Zuspruch von EUR 5.000,-- nicht im Wege, weil die unbedenklichen Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts einen Zuspruch in dieser Höhe jedenfalls tragen.
Die Berufung musste daher insgesamt erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.