JudikaturOLG Innsbruck

7Bs164/25p – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats im selbstständigen Verfahren über den Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck auf Erlassung einer vermögensrechtlichen Anordnung gemäß § 445 Abs 1 StPO gegen unbekannte Haftungsbeteiligte über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen Punkt 2. des Beschlusses des Landesgerichts Innsbruck vom 28.05.2025, GZ **-10, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe n i c h tFolge gegeben, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck „auf Einleitung eines Verwertungsverfahrens gemäß § 115a ff StPO z u r ü c k g e w i e s e n wird.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

Text

Begründung :

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führte zum AZ ** ein Ermittlungsverfahren gegen UT wegen „§ 165 StGB“. Ausgangspunkt dieses Ermittlungsverfahrens war, dass am 29.1.2025 von einer Reinigungskraft im Gasthof „A*“ in ** im Bereich der Rezeption im – von einer Jogginghose abgedeckten – Mülleimer und in einem unter dem Müllsack befindlichen Handtuch eingewickelte Silbermünzen und -barren im Wert von über EUR 5.000,-- (vgl ON 2.5) aufgefunden und schließlich durch Beamte der Polizeiinspektion ** gemäß § 42 SPG sichergestellt worden sind. Die von der Exekutive durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen ergaben weder Hinweise auf den Eigentümer des Silbers noch zu jener Person, die das Silber auf die beschriebene Art im Hotel deponierte (ON 2).

Über entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck (ON 1.1) beschlagnahmte die zuständige Haft- und Rechtsschutzrichterin mit Beschluss vom 25.4.2025, GZ **, nach Bejahung eines hinreichenden Verdachts auf das Vorliegen aller Verfallsvoraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit die im Beschluss näher angeführten Silbermünzen und -barren gemäß § 115 Abs 1 Z 3 StPO (ON 3).

Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft Innsbruck – gestützt auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 29.7.2021, 12 Os 45/21s – beim Landesgericht Innsbruck 1) den Verfall der beschlagnahmten Vermögenswerte nach § 445 Abs 1 StPO, 2) die Abbrechung des Verfahrens gemäß § 197 Abs 2 StPO und 3) die Einleitung des Verwertungsverfahrens nach §§ 115a ff StPO (ON 5).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss, anlässlich welchem auch das selbstständige Verfahren gemäß § 197 Abs 1 und 2 StPO abgebrochen wurde [zur prozessleitenden Natur (§ 35 Abs 2 zweiter Fall StPO) der gerichtlichen Abbrechung eines Strafverfahrens: RIS-Justiz RS0130014], wies der Einzelrichter des Landesgerichts Innsbruck „den Antrag der StA Innsbruck (ON 5), die hier sichergestellten/beschlagnahmten Vermögenswerte gem §§ 115a ff StPO zu verwerten“ ab, und begründete dies damit, dass ein Konnex zwischen dem Silber und einer Straftat nicht erwiesen sei, die Polizei das Silber nach § 42 SPG sichergestellt habe, die Beschlagnahme nach § 115 Abs 1 Z 3 StPO zu Unrecht erfolgt sei und weil es an den Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach der StPO und einer Beschlagnahme fehle, das Gericht das Silber nicht verwerten dürfe (ON 10).

Gegen diesen Beschluss richtet sich eine fristgerecht schriftlich ausgeführte Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck, die in den Antrag mündet, den angefochtenen Beschluss im Spruchpunkt 2. aufzuheben und dem Landesgericht Innsbruck „die Fortsetzung des Verfahrens durch Einleitung des Verwertungsverfahrens nach § 115a ff StPO aufzutragen“ (ON 12.4).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, dringt mit der im Spruch ersichtlichen Maßnahme nicht durch.

Soweit im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung, sind nach § 115a Abs 1 StPO Vermögenswerte, deren Beschlagnahme gemäß § 115 Abs 1 Z 3 StPO zulässig ist, einzuziehen oder zu veräußern, das heißt zu verwerten, wenn (Z 1) über den Verfall nicht in einem Strafurteil (§§ 443 bis 444a StPO) oder in einem selbstständigen Verfahren (§§ 445 bis 446 StPO) entschieden werden kann, weil der Beschuldigte oder ein Haftungsbeteiligter nicht ausgeforscht oder nicht vor Gericht gestellt werden kann und das Verfahren aus diesem Grund gemäß § 197 StPO abzubrechen ist sowie – kumulativ – (Z 2) seit der Beschlagnahme mindestens zwei Jahre vergangen sindund das Edikt über die bevorstehende Verwertung (§ 115b Abs 1 StPO) mindestens ein Jahr öffentlich bekannt gemacht war (§ 115b Abs 2 StPO).

Das gerichtliche Verwertungsverfahren wird gemäß § 115a Abs 3 StPO, der die Führung des gesamten Verwertungsverfahrens meint, nur über den Antrag der Staatsanwaltschaft eingeleitet. Bei Fehlen einer der Voraussetzungen des § 115a Abs 1 Z 1 und Z 2 erster Halbsatz hat das Gericht bereits diesen verfahrenseinleitenden Antrag beschlussmäßig ab- oder zurückzuweisen, ansonsten die Verwertung durch Edikt anzukündigen (§§ 115b, 115c StPO). Da sämtliche „Voraussetzungen der Verwertung“ bereits bei Verfahrenseinleitung vorliegen müssen (zum Ganzen: Oshidari in Fuchs/Ratz, WK StPO § 115a Rz 13) und fallbezogen die zeitliche Komponente des § 115a Abs 1 Z 2 erster Halbsatz StPO (als materielle Voraussetzung) angesichts der erst am 25.4.2025 erfolgten Beschlagnahme der Silbermünzen und -barren nicht erfüllt ist, war der Beschwerde mit der Maßgabe ein Erfolg zu versagen, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck auf Einleitung eines Verwertungsverfahrens nach §§ 115a ff StPO zurückzuweisen war.