Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer als Vorsitzenden, die Richterin Mag. a Schwingenschuh und den Richter Mag. Koller in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Verurteiltenwegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Beschwerde der Verurteilten A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 5. September 2025, GZ ** - 608, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 23. Juni 2021 (ON 485) wurde A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15, 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und zur Freiheitsstrafe von 33 Monaten verurteilt (die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 14. April 2023, AZ 15 Os 13/22h,14/22f zurück [ON 526], der Berufung des Angeklagten gab das Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 22. August 2023, AZ 10 Bs 134/23s, nicht Folge [ON 535]). Die Aufforderung zum Strafantritt wurde A* am 14. Oktober 2023 zu eigenen Handen zugestellt (ON 537, 5).
Ein Antrag des Verurteilten auf Aufschub des Strafvollzugs wegen Vollzugsuntauglichkeit nach § 5 Abs 1 StVG wurde rechtskräftig abgewiesen (Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. Februar 2025 [ON 574] iVm Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 12. Mai 2025 [ON 582]). Mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 8. April 2025 wurde die Freiheitsstrafe nachträglich gemäß § 31a Abs 1 StGB um zwei Monate gemildert (ON 579).
Infolge Nichtantritts der Freiheitsstrafe erließ das Erstgericht einen Europäischen Haftbefehl zur Strafvollstreckung und veranlasste dessen Ausschreibung im Schengener Informationssystem (ON 592). Daraufhin wurde A* am 24. Juli 2025 um 9.15 Uhr in Kroatien verhaftet und in Auslieferungshaft genommen (ON 596); am 29. August 2025, 14.45 Uhr, wurde er nach Österreich überstellt.
A* beantragte mit der am 4. September 2025 beim Erstgericht eingelangten Eingabe gestützt auf § 156d Abs 4 StVG die Hemmung des Strafantritts und somit seine Enthaftung, da er sich nicht in Strafhaft befinde und er einen nicht offenbar aussichtslosen Antrag auf Vollzug der Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests gestellt habe (ON 604).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 5. September 2025 rechnete dieses zu Punkt 1. (verfehlt; vgl RIS-Justiz RS0087307 [T 2]; OGH 11 Os 19/11w; Pieberin WK² StVG § 1 Rz 18; Lässig in WK-StPO § 400 Rz 4, § 397 Rz 3) die Auslieferungshaft auf die verhängte Freiheitsstrafe an und wies zu Punkt 2. den Antrag des Verurteilten auf Hemmung und Enthaftung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Vollzug im elektronisch überwachten Hausarrest ab (ON 608).
Ausdrücklich nur gegen Punkt 2. dieses Beschlusses richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Erstgerichts und auf Enthaftung des Verurteilten (ON 613). Die Anrechnung der Auslieferungshaft gemäß Punkt 1. des Beschlusses wurde nicht bekämpft, ist insoweit in Teilrechtskraft erwachsen ( Tipold , WK-StPO§ 88 Rz 4f; RIS-Justiz RS0089977 [T5],) und kann somit vom Rechtsmittelgericht nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0041333).
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
Die vom Rechtsmittelwerber ins Treffen geführte Bestimmung des 156d Abs 4 StVG, nach der die Anordnung des Strafvollzugs bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anthaltung im elektronisch überwachten Hausarrest vorläufig zu hemmen ist, wenn über den binnen der Frist des § 3 Abs 2 StVG bei der zuständigen Anstalt eingelangten Antrag eines Verurteilten nicht innerhalb dieser Frist entschieden werden kann, es sei denn, der Antrag ist offenbar aussichtslos, ist nach dem Gesetzeswortlaut und der Teleologie der Bestimmung nur auf Fälle anzuwenden, in denen der Strafvollzug (die Strafhaft iSd § 1 Z 5 zweiter Satz StVG) noch nicht begonnen hat. Erfasst sind demnach nur Anträge auf Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest vor Strafantritt („Frontdoor-Anträge“; 772 BlgNR XXIV. GP, 9; Grundsatzerlass für den elektronisch überwachten Hausarrest, BMJ-2025-0-608.275, 38f; vgl OLG Wien 23 Bs 25/19y).
Die Zeit der im Ausland zum Zweck der Sicherung der Übergabe zur Strafvollstreckung zugebrachten Auslieferungshaft ist gemäß § 1 Z 5 StVG ex lege Strafhaft ( Pieber, WK² StVG § 1 Rz 18; OGH 11 Os 19/11w = SSt 2011/24; vgl. auch OGH 9 Os 3/84; Lässig , WK-StPO § 400 Rz 4); daran vermag auch eine – verfehlte – Vorhaftanrechnung durch das Erstgericht nichts zu ändern. A* befindet sich somit seit 24. Juli 2025 in Strafhaft. Wegen des zu diesem Zeitpunkt begonnenen Strafvollzugs liegt gegenständlich (ON 604, 9: Antrag vom 8. August 2025) kein Antrag auf Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest vor Strafantritt, sondern ein solcher danach (sogenannter „Backdoor-Antrag“ )vor, auf den § 156d Abs 4 StVG nicht anzuwenden ist. Eine Hemmung (und Enthaftung) kommt daher nicht in Betracht (vgl Drexler/Weger, StVG 5 § 156d Rz 81 mwN).
Bleibt anzumerken, dass es, da dem Verurteilten die einmonatige Frist nach § 3 Abs 2 StVG bereits einmal eingeräumt worden ist, der im Rechtsmittel monierten neuerlichen Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt auch (vgl Zustellung an Verteidigerin ON 583; vgl. dazu Pieber in WK 2StVG § 3 Rz 19) an den Verurteilten gegenständlich nach den rechtskräftigen Entscheidungen (ON 574 iVm ON 582 [Abweisung Strafaufschub]; ON 579 [nachträgliche Strafmilderung]) nicht bedurfte; diese wäre nur (im hier nicht vorliegenden Fall) notwendig gewesen, wenn der Verurteilte (etwa wegen offener Anträge oder unklarer Beschlussfassung) zur Auffassung hätte gelangen müssen, dass der Strafantrittsaufforderung vorläufig nicht zu entsprechen ist (OGH 11 Os 148/92; OLG Linz 9 Bs 272/07z).
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht kein Rechtsmittel zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Rückverweise
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