9Bs220/25h – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Scherr, LL.M. BA, und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 1. August 2025, GZ **-50, und seine Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach der am 30. September 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., des Privatbeteiligtenvertreters Rechtsanwalt Mag. Wohleser, des Angeklagten und des Verteidigers Richteramtsanwärter Mag. Unterrichter durchgeführten Berufungsverhandlung
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.
Der weiteren Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
2. den Beschluss gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (1.), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (2.) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (3.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 Abs 1 und 1a StGB nach § 107 Abs 2 StGB zur Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Gemäß § 369 Abs 1 StPO wurde er schuldig erkannt, der Privatbeteiligten B* binnen 14 Tagen 1.000 Euro zu zahlen. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde er ferner zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss widerrief das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Entlassung zum Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit einem Strafrest von vier Monaten.
Dem Schuldspruch nach hat der Angeklagte in ** B*
1. vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr eine Ohrfeige auf die rechte Wange versetzte, sie mit beiden Händen an den Oberarmen ergriff, ins Schlafzimmer schob und aufs Bett warf, sie mit einer Hand fest am Hals ergriff, sie erneut aufs Bett warf und sich auf ihren Bauch setzte und ihr sodann Schläge gegen das Gesicht und den linken Rippenbogen versetzte (blutende Wunde und Hämatom am linken Auge, weitere Hämatome im Gesicht, am Hals, der linken Brust, dem linken Rippenbogen, beiden Armen und Beinen);
2. mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zum Entsperren ihres Mobiltelefons zu nötigen versucht, indem er trotz ihrer körperlichen Gegenwehr ihren Daumen ergriff und sie derart zur Duldung des Entsperrens ihres Telefons zu zwingen versuchte;
3. gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr im Anschluss an die zu Punkt 1. und 2. geschilderten Taten sagte: „Ich muss dich umbringen. Du hast mich ehrlos gemacht. Du musst deswegen sterben,“ wobei er zur Verdeutlichung seiner Drohung ein Ladekabel um ihren Hals legte und der Bedeutungsgehalt der Äußerung darin lag, er werde ihr lebensbedrohliche Verletzungen durch Strangulation zufügen.
Der Angeklagte meldete „volle“ Berufung an (ON 49, 13) und führte die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe aus (ON 52). Seine Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist auch als Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf der bedingten Entlassung zu betrachten (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO).
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittel sind nicht berechtigt.
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit ist gemäß §§ 489 Abs 1, 467 Abs 2 StPO keine Rücksicht zu nehmen, weil der Angeklagte weder bei der Anmeldung der Berufung noch in seiner Berufungsschrift erklärt hat, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen wolle. Amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeit haftet dem Urteil nicht an.
Die Schuldberufung, die nur zum Schuldspruchpunkt 3. explizit ausgeführt wurde, bleibt erfolglos. Der Erstrichter stützte die getroffenen Feststellungen auf die für glaubhaft erachteten Angaben der Zeugin B*, die Lichtbilder von ihren Verletzungen und auf seinen persönlichen Eindruck von der Zeugin. Die Angaben des Angeklagten hingegen wertete er als Schutzbehauptung. Diese Beweiswürdigung ist plausibel und nachvollziehbar. Auch die Urteilsannahmen zur Bedeutung der zu Punkt 3. getätigten Äußerung sind nicht zu kritisieren, weil in Anbetracht der vorangegangenen Tätlichkeiten und des Wortlauts sowie insbesondere wegen des Umstands, dass der Angeklagte dem Opfer nach den Feststellungen dabei ein Kabel um den Hals legte, die Annahme des Erstgerichts, der Angeklagte habe B* damit angedroht, sie zu strangulieren, absolut schlüssig ist. Da überdies auch der vom Erstgericht gezogene Schluss vom objektiven Geschehen auf die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall sachgerecht erscheint, bestehen insgesamt keine Bedenken gegen die beweiswürdigenden Erwägungen und die darauf basierenden Feststellungen. Wenn die Berufung argumentiert, dass der Angeklagte zur Tatzeit alkoholisiert gewesen sei, so steht dies dem festgestellten Tatvorsatz ebensowenig entgegen wie die Ausführungen der Zeugin in der Hauptverhandlung, wonach sie selbst nicht glaube, dass der Angeklagte seine Drohung zu Punkt 3. ernst gemeint habe, zumal die persönliche Einschätzung des Opfers für die Erfüllung des Tatbestands irrelevant ist.
Bei der Strafzumessung ging das Erstgericht zutreffend davon aus, dass beim Angeklagten die Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 und 1a StGB vorliegen. Daraus ergibt sich ein erweiterter Strafrahmen von bis zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe.
Als erschwerend sind das Zusammentreffen von drei Vergehen und fünf frühere Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten zu werten, wobei auch die rückfallsbegründenden Vorstrafen als erschwerend heranzuziehen sind (RS0091527 [T3]). Schuldsteigernd sind ferner die Tatbegehung in einer Probezeit und während des Strafvollzugs im Rahmen eines Ausgangs sowie der Umstand, dass die Rückfallsvoraussetzungen nach beiden in § 39 StGB normierten Varianten erfüllt sind. Als mildernd steht dem lediglich gegenüber, dass die Tat zu Punkt 2. beim Versuch geblieben ist.
Bei einer Gesamtbewertung dieses Strafzumessungssachverhalts erweist sich die vom Erstgericht ausgemessene Strafe insbesondere mit Blick auf das massiv einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten als schuld- und tatangemessen und damit nicht korrekturbedürftig. Im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit früherer Vollzüge ist die bedingte Nachsicht der gesamten Freiheitsstrafe oder auch nur eines Teils davon (§§ 43, 43a StGB) aus spezialpräventiven Gründen ausgeschlossen. Damit kommt auch der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe keine Berechtigung zu.
Die angemeldete, jedoch nicht ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche bleibt infolge der Bestätigung des Schuldspruchs und des in der Hauptverhandlung abgegebenen Anerkenntnisses (ON 49, 9) ebenfalls ohne Erfolg.
Der Kostenausspruch ist eine Folge der Sachentscheidung und stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Zum Beschluss:
Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, ist wegen der Wirkungslosigkeit früherer Vollzüge und der wiederholten einschlägigen Rückfälligkeit innerhalb der bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeit anzunehmen, dass es zusätzlich zur verhängten Freiheitsstrafe auch des Widerrufs der bedingten Entlassung und des Vollzugs des viermonatigen Strafrests bedarf um den Angeklagten in Zukunft von strafbaren Handlungen abzuhalten. Damit bleibt auch die (implizierte) Beschwerde erfolglos. Die in der Hauptverhandlung unterbliebene Anhörung des Angeklagten zum Widerruf (§ 494a Abs 3 erster Satz StPO) wurde in der Berufungsverhandlung nachgeholt.