JudikaturOLG Graz

1Bs133/25f – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
23. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden, den Richter Mag. Wieland sowie die Richterin Mag a. Schwingenschuh in der Maßnahmenvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme gemäß § 47 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 2. September 2025, GZ **-9, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 11. Dezember 2006, AZ **, zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (A./), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B./) sowie zweier Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C./) schuldig erkannt und nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gleichzeitig wurde er gemäß § 21 Abs 2 StGB aF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Mit Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 21. Dezember 2016, AZ **, wurde die bedingte Entlassung des A* aus der Maßnahme zum 6. Februar 2017 angeordnet; die Probezeit wurde mit fünf Jahren festgesetzt (ON 13 der Akten ** des Landesgerichts Krems a.d. Donau).

A* wurde sodann mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 20. Oktober 2017, AZ **, erneut wegen zweier am 14. Februar 2017 begangener Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB zur Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Aus Anlass dieser Verurteilung wurde die zum AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau gewährte bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme widerrufen.

Ferner wurden über ihn mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 28. Juni 2019, AZ **, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB eine siebenmonatige Freiheitsstrafe und mit Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 12. März 2021, AZ **, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB eine zwölfmonatige Freiheitsstrafe verhängt.

Die vorbeugende Maßnahme wird derzeit in der Justizanstalt Graz-Karlau vollzogen. Die verhängten Freiheitsstrafen sind bereits verbüßt.

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht nach Anhörung des Untergebrachten aus, dass die Unterbringung des A* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB weiterhin notwendig ist (ON 9).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Beschwerde des A* (ON 10) ist nicht berechtigt.

Zum bisherige Verfahrensgang, den Eingaben bzw Stellungnahmen des Untergebrachten (ON 2.5 und ON 8,1), des psychologischen Dienst der Justizanstalt (ON 7), der Anstaltsleitung (ON 2.2) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. B* vom 5. September 2024 aus dem Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz, der Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) vom 7. August 2025 (ON 5.1), sowie zur maßgeblichen Bestimmung des § 47 Abs 2 StGB wird auf deren jeweils zutreffende Darstellung im angefochtenen Beschluss (BS 2 ff) verwiesen (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1]).

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Die freiheitsentziehende Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (idgF) darf nur aufrecht erhalten werden, wenn die einen maßgeblichen Einfluss auf die Anlasstat(en) habende schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung sowie die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Untergebrachte nach seiner Aufführung und Entwicklung in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und psychischen Störung weiterhin Prognosetaten mit schweren Folgen begehen wird, noch bestehen und es keine Möglichkeit gibt, die unterbringungsrelevante Gefährlichkeit extra muros hintanzuhalten (§ 47 Abs 2 StGB; Haslwanter in WK 2StGB § 47 Rz 12 bis 14).

Nach dem unverändert aktuellen Gutachtendes Sachverständigen Univ. Prof. Dr. B* vom 5. September 2024, in Verbindung mit der detaillierten Äußerung nach § 25 Abs 3 StGB des psychologischen Diensts der Justizanstalt Graz-Karlau vom 25. August 2025 (ON 7) und der Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) vom 7. August 2025 (ON 5.1), ist die erstgerichtliche Annahme der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung des A* nicht zu kritisieren. Weiterhin besteht bei A* eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung im Sinne einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F61) mit insbesondere dissozialen, emotional instabilen und schizoiden Anteilen. Nach der Aufführung und Entwicklung des Betroffenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit (RIS-Justiz RS0090401) zu befürchten, dass er sonst innerhalb von wenigen Wochen unter dem maßgeblichen Einfluss dieser Störung neuerlich mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen, und zwar den Anlassdelikten gleichgelagerte Delikte sohin insbesondere Vergewaltigungen nach § 201 Abs 1 StGB und schwere Nötigungen nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB begehen wird.

Umstände, die auf den Entfall oder eine maßgebliche Reduktion der Gefährlichkeit des Untergebrachten hinweisen, liegen derzeit nicht vor. So wird A* zwar seit 11. Januar 2023 freiwillig eine antipsychotische Medikation in Depot-Form verabreicht, was zur Regulation des Antriebs und Reduktion der erhöhten Reizbarkeit führte. Dennoch ist es bei weiterhin fehlender Deliktseinsicht noch zu keiner notwendigen grundlegenden Veränderung der Persönlichkeitsstruktur und Verhaltensdisposition gekommen (vgl dazu ON 5,16).

Es ist daher anzunehmen, dass die Gefährlichkeit des Untergebrachten, gegen die sich die Maßnahme richtet, unverändert fortbesteht und die Begehung von Taten mit schweren Folgen durch eine bedingte Entlassung – auch in Verbindung mit Maßnahmen nach §§ 50 ff StGB – nicht abgewendet werden kann. Die vom Vollzugsgericht ausgesprochene Notwendigkeit der weiteren Unterbringung ist daher gegeben, weshalb die Beschwerde erfolglos bleiben muss.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm §§ 17 Abs 1 Z 3, 163 StVG).