JudikaturOGH

14Os118/25x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
11. November 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathmayr im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung der Mag. * S* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 14. Juli 2025, GZ 13 Hv 27/25b 67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Linz zu.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung der Mag. * S* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

[2] Danach hat sie in G* und andernorts unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, auf Grund derer sie zur Tatzeit zurechnungsunfähig war,

1/ Ende Juli 2021 ihrem Schwiegersohn Dr. W* G* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zuzufügen versucht, indem sie ihn mit beiden Händen kraftvoll an den Armen erfasste und rücklings eine Stiege hinunterzustoßen suchte, wobei die Tatvollendung unterblieb, weil das Opfer sich am Geländer festhalten konnte und lediglich Kratzer an den Oberarmen erlitt;

2/ von 2017 bis zum 21. Februar 2025, mithin in einem Tatzeitraum von über einem Jahr, ihre Tochter Dr. M* G* widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem sie diese bis zu 50 mal täglich anrief und ihr eine Vielzahl von Textnachrichten (SMS und EMail) schickte, somit im Wege einer Telekommunikation in einer Weise Kontakt herstellte, die geeignet war, das Opfer in seiner Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, somit Taten begangen, die als Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (1/) und als Vergehen der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 3 erster Fall StGB (2/) mit einer jeweils ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen ist nicht im Recht.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Antrag auf (nochmaligen Versuch der) Beischaffung „der Polizeiberichte“ zur von Punkt 1/ erfassten Tat zu Recht abgewiesen (ON 66, 19). Dies hatte schon die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren erfolglos unternommen. Angesichts der Auskunft der Beamten der zuständigen Polizeiinspektion, „sämtliche Aktenteile übermittelt“ zu haben, „die er im PAD“ zur Betroffenen gefunden habe, „Berichte/Aktenvermerke über den Vorfall im Sommer 2021“ seien keine dabei gewesen (ON 21.2, 1; vgl auch ON 21.3), war das Begehren auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RISJustiz RS0118444 [T6]), weil es nicht darlegte, weshalb ein nochmaliger Versuch des Schöffengerichts Erfolg verspreche.

[5]Von der Mängelrüge geltend gemachte Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt nicht vor. Die im Zusammenhang mit Punkt 1/ ins Treffen geführten Aussagen der Zeugen Dr. W* G* und Dr. M* G* hat das Erstgericht ohnehin erörtert (US 9 f). Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details deren Angaben war es mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RISJustiz RS0106642). Davon abgesehen werden unter diesem Aspekt – ebenso wie mit dem Einwand eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) – lediglich Schilderungen zu nicht entscheidenden Begleitumständen der Tat (US 3 f) kritisiert, demnach der gesetzliche Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes verfehlt (RISJustiz RS0117499).

[6] Die bloße Erwähnung eines (trotz Abweichungen in der Sachverhaltsschilderung offenbar Punkt 1/ entsprechenden) – im dortigen Verfahren übrigens nicht gegenständlichen – Vorfalls in der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung (ON 64, 1) stellt kein unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit erörterungsbedürftiges Beweisergebnis dar (vgl RISJustiz RS0132175 [T1]).

[7]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[8]Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).