7Ob158/25y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und durch die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* K*, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei G* AG, *, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 30. Juli 2025, GZ 4 R 78/25k 21, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1. Gemäß § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG verjähren die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in drei Jahren. Dabei gilt grundsätzlich die allgemeine Regelung des § 1478 ABGB, wonach für den Versicherungsnehmer die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem das Recht hätte ausgeübt werden können ( 7 Ob 176/17h mwN), seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht ( RS0034343 [T2]; RS0034248 [T8]).
[2] 1.2. Im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit des Rechtsschutzanspruchs zu laufen ( 7 Ob 98/22w ). Daher beginnt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Verjährung des Anspruchs aus der Rechtsschutzversicherung nach § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG zu jenem Zeitpunkt, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will (vgl RS0054251 ).
[3] 1.3. Über diesen Zeitpunkt kann keine generalisierende Aussage getroffen werden, er beurteilt sich ausschließlich nach den Umständen des Einzelfalls ( 7 Ob 98/22w ; 7 Ob 143/24s ).
[4] 2.1. Der Kläger begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die klageweise Geltendmachung seines Auskunftsanspruchs gegenüber der V* AG (Bankinstitut) über sämtliche Sparguthaben und Konten seiner verstorbenen Eltern.
[5] 2.2. Die Vorinstanzen erachteten den Verjährungseinwand der Beklagten als berechtigt. Der Kläger sei bereits in den im Jahr 2016 abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahren nach seinen Eltern von unrichtigen und unvollständigen Auskünften des Bankinstituts und einem ihm zustehenden Auskunftsanspruch ausgegangen. Schon damals hätte er den behaupteten Auskunftsanspruch geltend machen können und habe sich die Notwendigkeit der Interessenwahrung konkret genug abgezeichnet, um mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen zu müssen. Zudem sei das von der Staatsanwaltschaft * aufgrund der Eingaben des Klägers im Jahr 2017 eingeleitete Ermittlungsverfahren im Jahr 2018 eingestellt worden, sodass dem Kläger insoweit klar sein habe müssen, dass auch seine Eingaben nicht geeignet gewesen seien, die begehrten Auskünfte zu erlangen, und er zur Durchsetzung des behaupteten Auskunftsanspruchs mit einer Rechtskosten verursachenden Klage gegen das Bankinstitut werde vorgehen müssen. Das im Jahr 2020 eingeleitete Gerichtsverfahren gegen seinen Neffen sei schon grundsätzlich nicht geeignet, einen Auskunftsanspruch gegen das Bankinstitut durchzusetzen, sodass der Beginn der Verjährungsfrist dadurch nicht verzögert werde. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung und ist daher im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.
[6] 2.3. Die Revision vermag keine gravierende Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Der Argumentation des Klägers, im Fall einer erfolgreichen Klage gegen seinen Neffen oder bei vollständiger und richtiger Auskunft der als Zeugen befragten Bankmitarbeiter wäre ein Vorgehen gegen das Bankinstitut nicht erforderlich gewesen, womit sich die Notwendigkeit der weiteren Geltendmachung seines Auskunftsanspruchs erst mit Abschluss des Gerichtsverfahrens gegen seinen Neffen ergeben hätte, trat bereits das Berufungsgericht damit entgegen, der Beginn der Verjährungsfrist werde nicht dadurch hinausgeschoben, dass der Kläger durch sein alternatives Vorgehen des im Jahr 2020 eingeleiteten Gerichtsverfahrens eine Klagsführung gegen das Bankinstitut zu vermeiden versucht habe. Die Revision übergeht darüber hinaus die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach sich hinsichtlich des behaupteten Auskunftsanspruchs die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Kläger bereits mit Abschluss der Verlassenschaftsverfahren und zusätzlich mit Einstellung des Ermittlungsverfahrens so konkret abgezeichnet habe, dass er mit der Entstehung von diesbezüglichen Rechtskosten zur Durchsetzung seines Auskunftsanspruchs gegenüber dem Bankinstitut rechnen habe müssen.
[7] 2.4. Die von der Revision für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführte Entscheidung 7 O b 40/15f ist nicht einschlägig. In diesem Verfahren wurde die Feststellung der Deckungspflicht zur Durchsetzung eines Schadenersatzanspruchs begehrt und war zu beurteilen, ob der Versicherungsfall außerhalb der Laufzeit des Rechtsschutzversicherungsvertrags eingetreten war. Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger hingegen selbst darauf, das Bankinstitut habe bereits während der laufenden Verlassenschaftsverfahren gegen ihre Auskunftspflichten verstoßen und liege der Versicherungsfall daher innerhalb der Laufzeit des am 16. 4. 2017 beendeten Versicherungsvertrags.
[8] 3. Insgesamt hält sich damit die Beurteilung des Berufungsgerichts im vorliegenden Einzelfall im Rahmen des ihm zukommenden Ermessensspielraums, weshalb die Revision zurückzuweisen ist.