JudikaturOGH

4Ob20/25g – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
21. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner Helm in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch die Lang Weber Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 350.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Dezember 2024, GZ 13 R 77/24z 30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der beklagte Rechtsanwalt zahlte als Treuhänder den vom Kläger erlegten Kaufpreis für eine in Errichtung befindliche Eigentumswohnung aus, obwohl ua die Ausführung des Dachgeschoßes nicht der Baubewilligung entsprach und keine Fertigstellungsanzeige vorlag.

[2] Der Kläger begehrte die Wiederauffüllung des Treuhandkontos.

[3] Der Beklagte wandte unter anderem ein, dass „Fertigstellung“ laut Treuhandvertrag nur die Herstellung von Räumlichkeiten in natura bedeute, die es einer Person ermöglichen, darin zu wohnen. Eine Fertigstellungsanzeige sei gar nicht erforderlich gewesen.

[4] Die Vorinstanzengaben der Klage statt. Sowohl nach dem objektiven Erklärungswert als auch dem festgestellten Parteienwillen des Klägers habe das Wort „Fertigstellung“ im Kaufvertrag dieselbe Bedeutung wie in § 1 Abs 1 BTVG. Sie liege aber erst mit baubehördlich zulässiger Benutzbarkeit vor. Der Beklagte habe somit den Kaufpreis verfrüht ausgezahlt.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Beklagte strebt in seiner außerordentlichen Revision die Abweisung des Klagebegehrens an. Das Rechtsmittel zeigt aber keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher nicht zulässig .

[6] 1.Der Beklagte vermisst höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu, welche Prüfpflichten ein Treuhänder gegenüber einem nach § 13 Abs 1 BTVG beigezogenen Ziviltechniker habe, sowie dazu, ob die direkte Haftung des Ziviltechnikers gegenüber dem Käufer die Passivlegitimation des Treuhänders ausschließe.

[7] Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass der Kaufvertrag kein Bauträgervertrag sei, weil kein Teil des Kaufpreises vor Fertigstellung auszubezahlen war. Dass diese Auslegung im Einzelfall nicht vertretbar sei, legt die Revision nicht dar. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind damit nicht präjudiziell ( RS0088931 [T2]).

[8] Im Übrigen ergibt sich die Haftung des Beklagten im vorliegenden Fall gerade nicht daraus, dass er auf eine faktisch unrichtige Bestätigung vertraut hätte, sondern daraus, dass er als Treuhänder die Bedingung für die Auszahlung falsch auslegte und sich daher eine nicht relevante Tatsache bestätigen ließ.

[9] 2.Der Beklagte wiederholt seine Rechtsansicht, dass er höchstens jenen Teil des Kaufpreises auf ein Treuhandkonto erlegen müsse, der dem Ratenplan nach BTVG entspreche.

[10]Dabei setzt er sich allerdings nicht mit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen auseinander. Diese führten überzeugend aus, dass die Anwendbarkeit des BTVG nach dessen § 1 Abs 1 von der vertraglichen Gestaltung der Kaufpreisschuld und nicht der tatsächlichen Handhabung der Zahlung abhänge. Selbst eine – hier nicht angebrachte – analoge Anwendung würde nicht zum gewünschten Ergebnis führen, weil der konkrete Kaufvertrag keinen Ratenplan iSd § 10 BTVG vorsehe.

[11] 3. Schließlich argumentiert der Beklagte, dass kein Schaden eingetreten sei, bevor der Kläger den Verkäufer zur Rückzahlung aufs Treuhandkonto aufgefordert habe.

[12]Der vom Beklagten zitierte Rechtssatz RS0022602 darf – wie alle Rechtssätze – nicht isoliert von den ihm zugrunde liegenden Entscheidungen betrachtet werden. Bereits seit der ersten Entscheidung der Rechtssatzkette wird judiziert, dass nur dann kein Schaden entstanden ist, wenn der Kondiktionsschuldner nicht nur bereit, sondern auch imstande ist, seine Rückzahlungsverpflichtung zu erfüllen ( 6 Ob 333/68 ; so auch RS0022602 [T4]). Dabei handelt es sich überdies um einen anspruchsvernichtenden Einwand, für den nach den allgemeinen Beweislastregeln der Beklagte behauptungs- und beweispflichtig ist (so zB 1 Ob 533/92 ; 1 Ob 209/02w ; 5 Ob 247/04s ua).

[13] 4. Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens wurden aufgrund einer entsprechenden Rüge in der Revision geprüft; sie liegen nicht vor.