14Os86/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Ebner in der Strafsache gegen * N* wegen desVerbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 23 Hv 72/24g des Landesgerichts Feldkirch, über den Antrag des Genannten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
[1] Soweit im Verfahren über den Erneuerungsantrag von Relevanz wurde mit dem im dritten Rechtsgang ergangenen Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 26. November 2024, GZ 23 Hv 72/24g211, über * N* aufgrund des bereits zuvor in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren verhängt.
[2]Die dagegen gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Genannten wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2025, AZ 13 Os 8/25p, zurück. Zum Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe dem Angeklagten den Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB zu Unrecht nicht zugute gehalten, hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass die Frage, ob sich die durch eine unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer bewirkte Mehrbelastung zu einer Verletzung des Art 6 Abs 1 erster Satz MRK verdichtet hat, als solche nach der Gewichtung des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 2 StGB nicht Gegenstand der Sanktionsrüge, sondern Gegenstand der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe (§ 283 Abs 1 StPO) ist (RISJustiz RS0135337).
[3]Mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 20. Mai 2025, AZ 11 Bs 85/25z, wurde der Berufung des N* Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 11 Jahre herabgesetzt. Das Berufungsgericht erachtete eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren als angemessen und anerkannte in der Verfahrensdauer von knapp vier Jahren einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 erster Satz MRK, den es durch eine Reduktion der Strafe um ein Jahr ausglich (RISJustiz RS0114926 [T3]).
Rechtliche Beurteilung
[4]Dagegen richtet sich der am 9. Juli 2025 beim Obersten Gerichtshof eingebrachte, nicht auf ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützte Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO.
[5] Darin behauptet er eine Verletzung in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 MRK, weil eine Strafminderung um ein Jahr angesichts der außergewöhnlich langen, drei Rechtsgänge beinhaltenden Verfahrensdauer und der Belastungen des Erneuerungswerbers während dieser Zeit, welche er darüber hinaus in Untersuchungshaft zugebracht habe, eine zu geringe Wiedergutmachung darstelle.
[6] Der Antrag ist unzulässig, weildie Sanktionsfrage betreffende Umstände, die nicht Gegenstand einer Sanktionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) sind, sondern ausschließlich in den Bereich der Berufung fallen – wie hier das Ausmaß der infolge (ausdrücklich anerkannter) unverhältnismäßig langer Verfahrensdauer vorgenommenen Strafreduktion (vgl dazu RISJustiz RS0114926 [T6] und Ratz , WKStPO § 281 Rz 724) – mit dem innerstaatlich subsidiären Rechtsbehelf eines Erneuerungsantrags ohne vorherige Anrufung des EGMR nicht geltend gemacht werden können (RISJustiz RS0125371).
[7] Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war daher bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 1 und 2 StPO).