JudikaturOGH

5Ob4/25m – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Mag. U*, 2. DI W*, 3. V*, 4. K*, 5. S*, sämtliche *, sämtliche vertreten durch Mag. Barbara Bauer, LL.M., Rechtsanwältin in Wien, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 7. November 2024, AZ 53 R 258/24h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 4. Juli 2024, TZ 3456/2024, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller sind die Eltern der Drittantragsstellerin, des Viert und des Fünftantragsstellers. Die Eltern sind Mit und Wohnungseigentümer der EZ * (Wohnung W 115) und schlossen am 19. 3. 2024 mit der T* GmbH eine „Nutzungsvereinbarung“ ab, die auszugsweise lautet:

„I. Präambel

[...]

3. In der Vergangenheit haben die Rechtsvorgänger im Wohnungseigentum an W 115 den Garagenplatz 13 benutzt und sich auf ein vertraglich vereinbartes, übertragbares Dauernutzungsrecht berufen, welches von der Eigentümerin des Garagenplatz 13 bestritten wird.

4. Zur einvernehmlichen Klärung dieser Frage schließen die Vertragsteile gegenständliche Nutzungsvereinbarung, worin den Nutzungsberechtigten ein unkündbares Nutzungsrecht am Garagenplatz 13 für sich und ihre Kinder eingeräumt wird […]. Das Nutzungsrecht ist nicht übertragbar (außer auf die drei Kinder der Nutzungsberechtigten) und erlischt, wenn keiner der 5 Berechtigten Miteigentümer an der Wohnung W 115 mehr ist.

II. Nutzungsrecht

1. Die T* Gesellschaft m.b.H. überlässt [der Erstantragsstellerin] und [dem Zweitantragssteller] den Garagenplatz 13 auf der Liegenschaft […] zur ausschließlichen Nutzung. Das Ehepaar […] (die primär Nutzungsberechtigten) (jeder für sich) nimmt dieses Nutzungsrecht an.

[…]

3. Der Garagenplatz darf von den Nutzungsberechtigten, ihren Familienangehörigen und Besuchern zum Abstellen eines auf diese zugelassenen Kraftfahrzeuges verwendet werden.

[…]

III. Begünstigte Dritte

1. Das Nutzungsrecht ist grundsätzlich nicht übertragbar.

2. Sollten die primär Nutzungsberechtigten ihr (Wohnungs ) Eigentumsrecht an den gegenständlichen Liegenschaftsanteilen (auch nur zum Teil) an eines oder zwei ihrer Kinder namentlich […] übertragen, so darf auch das Nutzungsrecht an ebendiese mitübertragen werden. Dasselbe gilt für Übertragungen innerhalb der Familie S* und den genannten Personen. Das Nutzungsrecht erlischt sohin erst dann, wenn keiner der genanten auch nur zu einem Hälfteanteil Miteigentümer […] an den […] Liegenschaftsanteilen […] verbunden mit W 115 ist.

3. Die Nutzungsberechtigten nehmen das Nutzungsrecht für sich und als Vertrag zugunsten Dritter für ihre namentlich genannten Kinder an

[…]

VI. Grundbücherliche Sicherstellung, Aufsandung

1. Die Vertragsteile vereinbaren, dass zur Absicherung der Nutzungsberechtigten im Falle einer Rechtsnachfolge im Eigentum der […] das Nutzungsrecht im Grundbuch sichergestellt wird. Für den Fall der Übertragung an die genannten Kinder der Nutzungsberechtigten wird zur künftigen Vereinfachung und Sicherstellung, die Dienstbarkeit der Nutzung auch für diese eingetragen. Dessen ungeachtet ist die Nutzung des Garagenplatzes verknüpft mit dem Wohnungseigentum an W 115.

2. Das T* Gesellschaft m.b.H. […] räumt sohin [der Erstantragsstellerin] […], [dem Zweitantragsteller] […], der [Drittantragsstellerin] […], dem [Viertantragsteller] und dem [Fünftantragssteller] […] die Dienstbarkeit der Nutzung am Garagenplatz 13 im Haus […] ein und erteilt ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung, dass ohne ihr weiteres Zutun […] für […] einverleibt werde.

[…]“

[2] Mit Antrag vom 15. 5. 2024 begehrten die Eltern als Antragsteller ob der Liegenschaft EZ * für sich und ihre drei (volljährigen) Kinder die Einverleibung der mit der T* GmbH vertraglich vereinbarten Dienstbarkeit der Nutzung des Garagenplatzes. Als Urkunden legten sie die Nutzungsvereinbarung vom 19. 3. 2024 sowie eine amtliche Bescheinigung des Bürgermeisters der Gemeinde B* vom 18. 8. 2023 vor.

[3] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 6. 2024 wurde der Antrag mit der Begründung abgewiesen, der vorliegende Vertrag zugunsten der Kinder sei ohne Zusatzurkunde nicht verbücherungsfähig. Die Verbücherung eines Vertrags zugunsten Dritter sei nur unter Vorlage einer mit beglaubigter Unterschrift abgegebenen Erklärung des Dritten zulässig, dass er entweder gegenüber dem Versprechenden keine Zurückweisung des Rechts erklärt habe oder dass er das Recht angenommen habe. Der abweisende Beschluss des Erstgerichts blieb unbekämpft.

[4] Mit dem hier gegenständlichen Antrag vom 24. 6. 2024 begehrten die Eltern und die Kinder als Antragsteller die Einverleibung der Dienstbarkeit der Nutzung des Garagenplatzes und brachten vor, dass die(negative) Tatsache, dass die begünstigten Dritten das zu ihren Gunsten vereinbarte Recht nicht zurückgewiesen hätten, durch Urkunden nicht belegt werden könne. Die begünstigten Dritten würden nun als Antragsteller den Antrag auf Einverleibung des Nutzungsrechts stellen. Dazu hätten sie die Antragstellervertreterin, ihre Tante, ausdrücklich mündlich bevollmächtigt. Es werde auf eine Vollmachtserteilung gem § 30 Abs 2 ZPO und § 77 Abs 1 und Abs 2 GBG verwiesen.

[5] Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil Geburtsurkunden keinen Nachweis über die Existenz von Personen darstellten, sondern nur belegten, dass Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt geboren seien. Eine mündlich erteilte Vollmacht reiche nur zum Einschreiten in Grundbuchsachen, nicht jedoch um im Vollmachtsnamen für andere Parteien schriftliche Erklärungen abzugeben. Ungeachtet dessen sei eine Erklärung, dass das den Dritten eingeräumte Recht nicht zurückgewiesen worden sei, auch nicht abgegeben worden.

[6] Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss von sämtlichen Antragstellern erhobenen Rekurs nicht Folge und bestätigte den Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Einverleibung der Dienstbarkeit zugunsten der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers zurückgewiesen werde. Diesen Anträgen stünde die Rechtskraft der Entscheidung vom 3. 6. 2024 entgegen, weil das nunmehr erhobene Begehren, das Vorbringen und die – hinsichtlich des Antrags der Eltern – vorgelegten Urkunden ident wie im ersten Antrag seien. Die Anträge der Kinder auf Einverleibung der Dienstbarkeit scheiterten daran, dass diesen in der Nutzungsvereinbarung gegenwärtig kein unbedingtes, selbständiges Nutzungsrecht eingeräumt werde.

[7] Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil „keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur auch hier gegebenen Frage des Grundsatzes ne bis idem bzw einer wahrzunehmenden Rechtskraft im Fall einer (nachfolgenden) Antragstellermehrheit“ bestehe.

[8] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragen die Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichts und die Abänderung dahin, dass die beantragten Eintragungen bewilligt werden.

Rechtliche Beurteilung

[9]Die Antragsteller zeigen in ihrem Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG auf. Dieser ist daher – entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) – nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

1. Zu den Anträgen der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers (Eltern):

[10] 1.1.Ein Grundbuchsgesuch muss zur Gänze abgewiesen werden, wenn sich ein unlösbarer Zusammenhang zwischen seinen einzelnen Teilen ergibt und nur ein Teil abzuweisen ist (RS0114310).

[11]Die Zulässigkeit einer Teilstattgebung (§ 95 Abs 2 GBG) hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab (5 Ob 232/17d; 5 Ob 68/20s).

[12] Laut Punkt II.1. der Nutzungsvereinbarung nehmen die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller das Nutzungsrecht „(jeder für sich)“ an. Im Gegensatz zu den Kindern werden die Eltern als „primär Nutzungsberechtigte“ bezeichnet (Punkt II.1. und III.2.). Dass auch die Antragsteller selbst von jeweils voneinander getrennten Nutzungsrechten an dem Garagenplatz ausgehen, ergibt sich daraus, dass im ersten Verfahren nur die Eltern als Antragsteller die Einverleibung der Dienstbarkeit beantragten und nunmehr die dem zweiten Antrag – ihrer Ansicht nach – zugrunde liegende geänderte Sachlage mit dem Beitritt der Kinder begründen.

[13] Vor diesem Hintergrund stellt die Annahme des Rekursgerichts, die Begehren der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers seien vom Begehren der Drittantragstellerin und dem Viert und Fünftantragsteller trennbar, keine zu korrigierende Fehlbeurteilung dar.

[14] 1.2. Ein Beschluss, mit dem ein Antrag abgewiesen wird, erwächst auch im Grundbuchsverfahren in materielle Rechtskraft (RS0079245 [T3] ). Im Grundbuchsverfahren ist die materielle Rechtskraft praktisch regelmäßig auf die Einmaligkeitswirkung beschränkt ( 5 Ob 92/23z mwN). Ein solcher Antrag kann daher nur bei geänderter Sachlage neuerlich eingebracht werden. Zur maßgeblichen Sachlage gehören auch Art und Umfang der vorgelegten Urkunden ( RS0041511 [T7]).

[15]Wie das Rekursgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist der Antrag der Eltern ident mit jenem vom 15. 5. 2024. Es werden auch – mit Ausnahme der Geburtsurkunden der Kinder – keine weiteren Urkunden vorgelegt. Die Antragsteller legen im Revisionsrekurs nicht dar, inwiefern sich die Sachlage hinsichtlich der Eltern geändert haben soll. Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG stellen sich insoweit nicht.

2. Zu den Anträgen der Drittantragstellerin und des Viert und des Fünftantragstellers (Kinder):

[16] 2.1. Gemäß § 26 Abs 2 GBG müssen Urkunden als Grundlage für Einverleibungen und Vormerkungen dann, wenn es sich um die Erwerbung oder Umänderung eines dinglichen Rechts handelt, einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Die Bestimmung verlangt also den urkundlichen Nachweis eines gültigen Rechtsgrundes für das einzuverleibende Recht(RS0118527 [T 1]; 5 Ob 101/23y mwN). Rechtsgrund ist jedes den Rechtserwerb rechtfertigende Rechtsverhältnis (RS0011107 [T1]) .

[17] 2.2. Das Grundbuchsgericht hat sich bei der Prüfung des Gesuchs auf die Auslegung des Wortlauts des Vertrags zu beschränken ( RS0060573 [T10]). Komplizierte Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Natur, um den wahren Willen der Vertragsteile zu ergründen, sind nicht anzustellen ( RS0060573[T11]). Es darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der Urkunden begründet ist (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel führen daher zur Abweisung des Gesuchs (5 Ob 157/23h uva).

[18] 2.3. Ob, wie die Antragsteller meinen, nach dem Parteiwillen das Nutzungsrecht hinsichtlich der Kinder bereits jetzt einzutragen sei, ist nach den dargelegten Grundsätzen unerheblich. Ihrer Ansicht, die Kinder hätten mit der Nutzungsvereinbarung bereits das Recht auf Nutzung des Garagenplatzes erworben und daher Anspruch auf Einverleibung der Dienstbarkeit, steht schon der klare Wortlaut der Nutzungsvereinbarung entgegen, aus dem sich in Bezug auf die Kinder nur ableitet, dass die Eltern das – an sich unübertragbare – Nutzungsrecht gemeinsam mit ihren Mit- und Wohnungseigentumsanteilen an der Wohnung W 115 auf die Kinder übertragen dürfen.

[19] 2.4. Die Ansicht des Rekursgerichts, dass den Kindern in der Nutzungsvereinbarung kein unbedingtes, selbständiges Nutzungsrecht eingeräumt worden sei, ist daher nicht zu beanstanden. Erhebliche Rechtsfragen stellen sich auch in diesem Zusammenhang nicht.

[20] 3. Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist daher zurückzuweisen.